: Die Besitzverhältnisse sind nicht geklärt
Wie Günther Oettinger eine mittelalterliche Handschriftensammlung bewahren und das Schloss und Münster Salem sanieren will
Was ist wichtiger? Die Sanierung eines Schlosses, das sich im Privatbesitz Prinz Bernhards von Baden befindet, oder der Erhalt einer rund 3.600 Stücke umfassenden mittelalterlichen Handschriftensammlung? Der Prinz und seine Familie haben sich für das Schloss entschieden. In Absprache mit dem Land Baden-Württemberg sollte die in Karlsruhe untergebrachte Handschriftensammlung verkauft werden, obwohl nicht klar ist, ob sie sich im Besitz der Adelsfamilie oder des Landes befindet. Der mögliche Erlös hätte etwa 70 Millionen Euro betragen. Das Land befürwortete den Deal zunächst, um zu vermeiden, selbst für die Instandsetzung von einem weiteren Schloss aufkommen zu müssen. Das hätte den Haushalt mit etwa 1,58 Millionen Euro jährlich belastet. Immerhin sind bereits 60 Schlösser zu unterhalten. Insofern wird Ministerpräsident Oettinger (CDU) gehofft haben, die Angelegenheit leise über die Bühne zu bringen.
Für den Kulturstaatsminister Bernd Neumann hingegen war es nicht akzeptabel, dass deutsches Kulturgut ins Ausland verkauft würde. Es wäre damit für eine hiesige Öffentlichkeit unwiederbringlich verloren, so sein Statement vor wenigen Tagen. Gestern nun meldete sich erneut Günther Oettinger zu Wort – mit einem Vorschlag zur Güte: Man wolle sich außergerichtlich einigen. Dreißig Millionen Euro, so sein Angebot, solle für das Schloss und Münster Salem zur Verfügung gestellt werden. Der Betrag entspreche etwa den Aufwendungen, die Bernhard von Baden und seine Familie für die Instandhaltung des Schlosses bisher aufgebracht hätten, erklärte er. Zuguterletzt solle das Schloss selbst in eine Stiftung überführt werden. Von Kritikern war dies als ein längst überfälliger Akt erachtet worden; die Familie allerdings hatte die Umwandlung bislang nicht forciert.
Finanziert werden soll der zweistellige Millionenbetrag unter anderem durch die Landesstiftung, der das Aufbringen von zehn Millionen überantwortet wurde. Private Sponsoren sind zusätzlich nötig; außerdem ist eine Spendengala in Planung. Den umstrittenen Verkauf von Handschriften aus der Badischen Landesbibliothek schloss Oettinger dennoch nicht grundsätzlich aus, es solle aber der Ausnahmefall bleiben.
Auf heftige Ablehnung stieß dieser Vorschlag bei der SPD-Fraktionschefin Ute Vogt: Sie forderte, die Verhandlungen mit der Markgrafenfamilie müssten umgehend gestoppt werden. In „vorauseilendem Gehorsam“, sagte Vogt, sei das Land „auf einen Deal mit der Adelsfamilie eingegangen“.
Dass Kulturhäuser ihren Fortbestand durch den Verkauf von Kunstwerken sichern möchten, ist ein Problem, das offenbar den Status des Einzelfalls verloren hat. So beabsichtigte jüngst die Stadt Krefeld die Sanierung ihres Museums für Kunst durch die Veräußerung eines Gemäldes von Claude Monet zu finanzieren. Ein Aufschrei ging durchs Feuilleton. Der Verkauf wurde schließlich abgewendet.
INES KAPPERT