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Nominierte 2020

Nominierte 2020: Black Earth Kollektiv Klimagerechtigkeit intersektional denken

Das Black Earth Kollektiv vertritt die Rechte von Schwarzen, Indigenen und Personen of Colour in der Klimabewegung

Das Team von Black Earth will Klimagerechtigkeit intersektional denken Bild: taz

von Stefan Hunglinger

Ziemlich genau ein Jahr ist vergangen, seit Rebecca Abena Kennedy-Asante beim ersten globalen Klimastreik in Berlin mit ihren Mitstreiter:innen auf die Bühne vor dem Brandenburger Tor trat und verkündete: „Für uns heißt diese Veranstaltung nicht Fridays for Future, sondern Fridays for Past, Present and Future.“ Es war damals der erste große Auftritt des Black-Earth-Kollektivs, einer Gruppe von Schwarzen Menschen, Indigenen und Personen of Color (BIPoC), die sich 2018 auf dem Leipziger Klimacamp und bei „Ende Gelände“ kennengelernt hatten. In bester kritisch-selbstkritischer Manier versucht das Kollektiv seitdem BIPoC-Perspektiven in der von Weißen dominierten Klimabewegung sichtbarer zu machen.

„In der Bewegung wird zu wenig über historische Ungerechtigkeiten gesprochen“, sagt Samie Blasingame der taz am Telefon. Wie Kennedy-Asante ist auch sie Teil des Kollektivs, das für sich beschlossen hat, stets zu mindestens drei Vierteln aus BIPoC und zu mehr als der Hälfte aus FLINT* (Frauen, Lesben, inter, nicht-binären und trans Personen) zu bestehen. 17 Menschen sind bei Black Earth derzeit aktiv. Die 30-jährige Blasingame hat an der Freien Universität in Berlin Environmental Policy and Planning studiert und danach in einer NGO gearbeitet. Sie führt aus, dass Versklavung und Kolonialismus im Globalen Süden mit der Zerstörung der Umwelt und dem Raubbau an Ressourcen einhergegangen seien. Und, so sagt sie: „Heute sind es vor allem BIPoC, die zuerst und direkt von der Erderhitzung betroffen sind.“

In- und außerhalb der Bewegung will Black Earth Bewusstsein für diese postkolonialen Zusammenhänge schaffen und stellt entsprechende Workshops auf die Beine. Grundlage und Inspiration sind dabei die von Schwarzen und Indigenen geführten Umweltbewegungen. Die Bewegung für das Überleben des Ogoni-Volkes im Nigerdelta ist ein Beispiel oder die von Wangari Maathai geführte Green Belt-Bewegung in Kenia.

Klimawandel ist ein Fluchtgrund

Doch Black Earth plant auch ganz konkrete Protestaktionen, pflanzt Bäume und sorgt dafür, dass es bei den großen Anti-Kohle-Protesten in Deutschland geschützte Räume für BIPoCs gibt. Ebenso sei die praktische Unterstützung von „frontline groups“ dem Black-Earth-Kollektiv ein Anliegen, erzählt Blasingame, die Expertin für das Thema Ernährungssicherheit ist. „Frontline groups“, das sind jene Gruppen die im Globalen Süden bereits Resilienz gegen die Folgen der Erderhitzung beweisen müssen. Das Kollektiv Mama Cactus, das für nomadisch lebende Frauen in Kenia eintritt, ist ein Partner für Black Earth, wie auch das MAWVN-Kollektiv der indigenen Mapuche aus Chile. Besonders nah steht Black Earth den Women in Exile, einer Geflüchtetenorganisation aus Potsdam. Die Aufnahme von Geflüchteten ist denn auch eine zentrale Forderung von Black Earth, sagt Blasingame: „Wir möchten die Klimadebatte um die Rechte von Geflüchteten erweitern. Auch der Klimawandel ist ein Fluchtgrund.“

Für die zweiwöchentlichen Treffen und die Vorbereitung von Workshops und Aktionen steht dem Black-Earth-Kollektiv kein eigener Raum zur Verfügung. Anfangs traf die Gruppe sich schlicht im Freien, auf dem Tempelhofer Feld inmitten Berlins. „Wir nutzen auch die Co-Working-Plätze von Freund*innen des Kollektivs“, sagt Blasingame. „und wenn wir etwas anmieten müssen, dann achten wir darauf, von BIPoC geführte Orte zu unterstützen.“

Ohnehin hat die Corona-Pandemie dafür gesorgt, dass die meisten Treffen der Aktivist*innen online stattfinden mussten. Eine Protest-Kanufahrt auf der Spree musste ausfallen. Auch das Vorhaben der noch jungen Initiative, sich festere Strukturen und ein schriftlich fixiertes Selbstverständnis zu geben, hat die Pandemie verzögert. Bei einem mehrtägigen Strategietreffen Mitte Oktober soll dies jetzt nachgeholt werden. Der Entwurf für ein Grundsatzpapier steht, und Blasingame hat große Pläne: „Wir wollen nicht bloß in Berlin und Leipzig präsent sein. In Bremen gibt es bereits Aktivitäten von BIPoC aus der Klimabewegung und auch andernorts in Deutschland. Gerne möchten wir diese Verbindungen stärken.“ Damit aus dem kolonialen Unrecht der Vergangenheit, das bis in die Gegenwart reicht, eine wirklich klimagerechte Zukunft erwachsen kann.