CDU-Grundsatzprogramm zu Mus­li­m*in­nen: Begründete Wut

Die CDU beschäftigt sich in ihrem Grundsatzprogramm mit dem Islam – und grenzt die Religion damit explizit aus. Dabei war die Partei schon einmal weiter.

Die Politiker:innen Carsten Linnemann, Serap Güler und Mario Voigt bei einer Pressekonferenz.

Negativer Blick auf den Islam? CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann, Serap Güler und Mario Voigt stellen das Grundsatzprogramm vor Foto: Michael Kappeler/dpa

Aiman Mazyek ist wütend. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime wirft der CDU vor, „in trüben Gewässern zu fischen, um Muslime zu stigmatisieren“. Die Union mache sich den Ton der extrem rechten AfD zu eigen.

Und da ist was dran: Erst hatte die CDU in den Entwurf für ihr neues Grundsatzprogramm geschrieben: „Muslime, die unsere Werte teilen, gehören zu Deutschland.“ Nachdem es heftige Kritik an der Formulierung gegeben hatte, versprach die Parteispitze, die Stelle noch mal zu überarbeiten. Nun heißt es zwar, der Islam sei „Teil der religiösen Vielfalt Deutschlands und unserer Gesellschaft“. Wenig später folgt dann aber: „Ein Islam, der unsere Werte nicht teilt und unsere freiheitliche Gesellschaft ablehnt, gehört nicht zu Deutschland.“

Mazyek kritisiert, in der neuen Formulierung ginge es – wie auch in der alten – darum, Mus­li­m*in­nen „herauszugreifen und negativ zu markieren“. Damit hat er recht: Wer über Zugehörigkeit von Mus­li­m*in­nen nicht sprechen kann, ohne gleich wieder Einschränkungen zu machen und vor Is­la­mis­t*in­nen zu warnen, dem geht es um Ausschluss.

Das soll nicht heißen, dass Islamismus keine Gefahr sei. Aber mit ihren Formulierungen markiert die Union alle Mus­li­m*in­nen in Deutschland als potenziell bedrohliche Andere. Dieser angstvolle und gleichzeitig rassistisch-abwertende Blick auf Mus­li­m:in­nen hat eine lange Tradition in Europa und unterfütterte schon den Kolonialismus des 19. Jahrhunderts. Ganz verschwunden war er nie. Indem die CDU diese Perspektive wieder aufgreift, hoffen die Par­tei­stra­te­g*in­nen wohl, Wählerstimmen von ganz rechts zu gewinnen.

Dabei war die CDU schon einmal weiter, zumindest teilweise. Der ehemalige Finanz- und Innenminister Wolfgang Schäuble prägte gar den Satz „Der Islam gehört zu Deutschland“, der damalige Bundespräsident Christian Wulff wiederholte ihn 2010 zum Tag der Deutschen Einheit. Nun will die Union die Zeit offenbar zurückdrehen. Aiman Mazyek vom Zentralrat der Muslime hat jeden Grund, wütend zu sein. Genauso wie die restlichen rund 5 Mil­lio­nen Mus­li­m*in­nen, die in Deutschland leben.

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