Motive der Hamas: An die Kritiker Israels

Der Anschlag der Hamas hat nichts mit den jüdischen Siedlungen im Westjordanland oder der Freiheit der Palästinenser zu tun. Sie verfolgt ein anderes Ziel.

Ein von der Hamas rekrutierter Junge mit schwarzer Gesichtsmaske

Ein von der Hamas rekrutierter Junge in Gaza, 2005 Foto: Suhaib Salem/reuters

Der Anschlag der Hamas hat mit der israelischen Siedlungspolitik, so furchtbar man diese auch finden mag, nichts zu tun. Die Hamas ist eine terroristische Organisation mit ähnlichem Profil wie der IS und mit ähnlichen Zielen.

Der Gazastreifen ist im Jahr 2005 von Israel komplett geräumt worden. Die in Gaza befindlichen israelischen Siedlungen wurden dabei mit teils brutaler Gewalt der israelischen Armee geräumt. Damals schrieb die internationale Presse euphorisch, dass nun Gaza zum Singapur des Nahen Ostens werden könne. Das wäre auch tatsächlich möglich gewesen, wenn nicht die Bevölkerung von Gaza schon 2006 mehrheitlich die Terror­organisation Hamas als ihre Vertretung gewählt hätte.

Nach teils militärischer Auseinandersetzung der Hamas mit der offiziell dort wie in ganz Palästina regierenden Fatah übernahm 2007 die Hamas endgültig die Herrschaft über Gaza, als eine vom übrigen Palästina unabhängige Entität. Um sich vor Hamas-Angriffen zu schützen, schloss Israel, aber auch das arabische Ägypten, die Grenze zu Gaza, worauf von nun an Gaza von manchen als ein Freiluftgefängnis bezeichnet wurde. Dabei wurde immer verschwiegen, dass sich am Boykott von Gaza neben Israel, nicht ohne Grund, auch Ägypten beteiligte.

Was danach passierte, sollte allgemein bekannt sein. Die Hamas verwandelte Gaza in eine Militärbasis für Überfälle auf Israel. Sie rüstete sich außer mit Handfeuerwaffen mit zunächst selbstgebastelten, später auch iranischen Raketen aus und griff immer wieder Israel mit Raketen an.

Kampf für die Freiheit Palästinas?

Darauf folgten jedes Mal israelische Antworten mit Flugzeugen, um die Raketenbasen zu zerstören, manchmal setzte Israel auch Bodentruppen ein, um der Lage Herr zu werden. Die Angriffe der Hamas wurden immer heftiger, die Anzahl der verschossenen Raketen steigerte sich, wie auch deren Reichweite und Zielgenauigkeit, wobei die Ziele der Hamas in Israel fast ausschließlich zivil gewesen sind. Kein Land der Welt würde sich eine solche permanente Bedrohungslage bieten lassen. Die vorläufig letzte Steigerung dieser Angriffe war der Terroranschlag vom 7. Oktober 2023.

Nun könnte man die Angriffe der Hamas auf die zivile Bevölkerung Israels als gerechten Kampf für die Freiheit Palästinas interpretieren. Man muss aber hierfür ihre Ziele genau unter die Lupe nehmen. Die Ausgangslage, das seit 2005 freie Territorium von Gaza, wo die Hamas ab 2007, wie sie wollte, schalten und walten konnte, nutzte sie nicht für die Verbesserung der Lage des Volkes, sondern für die totale Aufrüstung zum Kampf gegen­ Israel und zum Bau von hunderten Kilometern von Tunneln, um vor Gegenangriffen Israels geschützt und im Kampf beweglicher zu sein.

Die Aufrüstung der Hamas hat viel Geld und Mittel verschlungen, das den Menschen in Gaza hätte zugutekommen müssen. Stattdessen verharren diese im Elend, während die Führungs­clique der Hamas ein Luxusleben führt. Die EU und darunter insbesondere Deutschland sind die größten Geldgeber der Palästinenser, auch in Gaza.

Von diesem Geld werden auch Schulbücher finanziert, in denen teils zur Vernichtung Israels und zur Ermordung aller Juden aufgerufen wird. Ziel der Hamas ist nicht die Verbesserung der Lage der palästinensischen Bevölkerung, sondern, wie es auch in der Hamas-Charta geschrieben steht, ausschließlich die Vernichtung Israels. Eine egal wie geartete Zweistaatenlösung ist für die Hamas überhaupt kein Diskussionsgegenstand.

Die Logik der Hamas

In kriegerischen Auseinandersetzungen mit Israel benutzt die Hamas Zivilisten als Schutzschil­de. Nicht die toten Israelis, sondern die toten Palästinenser sind die Trumpfkarte der Hamas. Denn je mehr tote palästinensische Zivilisten zu beklagen sind, umso lauter werden weltweit die Proteste gegen Israel, umso wackliger auch die Unterstützung Israels im Westen. Nach der Logik der Hamas muss es möglichst viele tote Palästinenser geben.

Ein Sachverhalt wird deshalb auch in der westlichen Öffentlichkeit nicht hinreichend bedacht. Die Hamas hat einen von ihrer Warte betrachtet außerordentlich erfolgreichen Terrorangriff auf Israel verübt, 1.400 Israelis ermordet und insbesondere als Handelsobjekt viele Geiseln verschleppt. Niemand ist so naiv, schon gar nicht die Hamas, um nicht zu wissen, dass auf diesen präzedenzlosen terroristischen Angriff eine furchtbare Gegenreaktion Israels folgen wird. Man muss also davon ausgehen, dass die Hamas die Gegenreaktion Israels, so wie sie derzeit erfolgt, nicht nur erwartet, sondern einkalkuliert hat. Denn für die Hamas zählen die Menschen nichts.

Es ist ein aus einem islamistischen Weltbild erwachsenes Handeln, das mit dem Kampf um die Freiheit der Palästinenser, gegen jüdische Siedlungen und für eine egal wie geartete Zweistaatenregelung nichts zu tun hat. Die einzige Logik dieses Terrorismus ist, auf den Zusammenbruch Israels hinzuarbeiten. Das ist die erklärte Absicht der Hamas, wie auch des Iran.

Es ist ein falscher Zungenschlag, wenn derzeit weltweit in den Medien von einer Rache Israels gesprochen wird. Es geht wohl in erster Linie nicht um Rache, sondern darum, dass die durch die Hamas immer wieder provozierte Spirale der Gewalt endgültig beendet wird.

Friedliche Zukunft sabotiert

Ja, die Politik Israels ist in den letzten Jahren tatsächlich nicht besonders klug gewesen. Und ja, die Israelis müssen, ob sie es wollen oder nicht, mit ihren palästinensischen Nachbarn leben. Aber: Es war die Hamas, die durch den Anschlag vom 7. Oktober mit großem Erfolg nicht nur die Annäherung Israels an die arabischen Staaten, sondern auch eine friedliche Zukunft für Palästina sabotiert hat.

Hamas-Terroristen sind eben keine palästinensischen Patrioten, weil ihnen, entgegen ihren lautstarken Beschwörungen, das Leben ihrer eigenen Bevölkerung völlig gleichgültig ist.

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wurde 1944 als Sohn kommunistisch orientierter Eltern geboren, die sich mit falschen Papieren unter deutscher Besatzung in Südfrankreich verbargen. Nach einer Zwischenstation in Belgien verbrachte er seine Kindheit in Polen. Eine Welle des Antisemitismus zwang seinen Vater, 1957 Polen zu verlassen. Die Familie übersiedelte in die DDR. Er studierte in Dresden Physik und arbeitete danach in der Kernforschung. Wegen seiner offenen Kritik am politischen System der DDR wurde er 1976 unter dem Vorwurf der „Staatsverleumdung“ zu einem Jahr Haft verurteilt und 1977 von der Bundesregierung freigekauft. In der Bundesrepublik arbeitete er zunächst als Physiker, später als Informatiker. Er studierte Philosophie und veröffentlichte politische Beiträge in Zeitungen und Zeitschriften.

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