FDP-Nein zur EU-Lieferkettenrichtlinie: Wirtschaft first, Menschen second

Bürokratie ist schlecht? Nicht immer. Das von der FDP jetzt gebashte Lieferkettengesetz schützt Menschen vor der Wirtschaft und muss deshalb kommen.

Ein kleiner Junge arbeitet in einer Textilfabrik auf dem Boden und zerschneidet Stoff

Das Lieferkettengesetzt trägt zur Abschaffung der Kinderabeit bei: Arbeiter in Bangladesh in einer Textilfabrik Foto: Ziaul Haque Oisharijh/Sopa/imago

Die FDP dreht wieder zur Höchstform auf. Nicht nur, dass die Liberalen seit Wochen gegen eine Reform oder zumindest einen pragmatischen Umgang mit der Schuldenbremse arbeiten. Sie stemmen sich nun auch gegen die Einigung auf eine EU-weite Lieferkettenrichtlinie. Nach dem Motto „Wirtschaft first, Menschen second“.

FDP-Chef Christian Lindner begründet das Nein zum eigentlich schon fertig ausgehandelten Kompromiss, dass damit der Wirtschaft eine „unverhältnismäßige Bürokratie“ drohe. So redet er der deutschen Industrie nach dem Mund. Der mächtige Industrieverband BDI forderte am Montag die Bundesregierung auf, sich in Brüssel gegen das Gesetz zu stemmen. Als ob man Unternehmen einfach mal Erfolg haben lassen müsste, ohne sie mit Bürokratie zu belästigen, damit es wieder laufe mit der Konjunktur.

Das Bürokratieargument ist schlau. Als Nor­mal­sterb­li­che*r denkt man dabei an überfüllte Bürgerämter und komplizierte Formulare, die man in doppelter Ausführung an irgendwelche Behörden faxen soll – E-Mail natürlich ausgeschlossen. Da ist man schnell verführt, auch den Unternehmen etwas weniger von diesen lästigen Regeln zu wünschen. Zumal der so oft und vehement geforderte Bürokratieabbau angeblich Wirtschaftsförderung ist, die keine Steuermittel kostet.

Doch mit der Bürokratie ist es so eine Sache. Häufig gibt es sie aus gutem Grund. Sie besteht nämlich durchaus auch aus Regeln, die dazu da sind, die Menschen vor der Profitgier der Unternehmen zu schützen. Wie beim Arbeits- und Verbraucherschutz.

So schützen etwa Lenkzeiten für Lkw-Fahrer*innen vor Unfällen. Und beim EU-Lieferkettengesetz geht es zufällig um Rechenschaftspflichten, die verhindern sollen, dass große Unternehmen etwa von Kinder- oder Zwangsarbeit profitieren.

Insofern muss man hoffen, dass sich die FDP mit ihrem Nein nicht durchsetzt und es bei der EU-Lieferkettenrichtlinie zu keinen Änderungen kommt. Denn zumindest in diesem Fall ist mehr Bürokratie besser für die Menschen.

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