Enteignung großer Wohnungskonzerne: Ein milderes Mittel gibt es nicht

Vergesellschaftung von Wohnraum ist nicht nur machbar, sondern auch geboten – will man leistbare Mieten für Einkommensschwächere garantieren.

verkleidete Menschen recken lila-gelbe und eine rote Fahne aus den Fenstern eines Hauses

„Karneval der Enteignung“ für die Umsetzung des Volksentscheids Foto: Christian Mang

Was haben die Geg­ne­r:in­nen einer Vergesellschaftung der großen privaten Immobilienkonzerne, allen voran aus SPD und CDU, nicht alles an Argumenten gegen die Umsetzung des Berliner Volksentscheids „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ ins Feld geführt: Eine Vergesellschaftung verstoße gegen das Grundgesetz und würde Berlin finanziell ruinieren. Die Enteignungsgrenze, wonach nur Unternehmen mit mehr als 3.000 Wohnungen in der Stadt betroffen sein sollen, sei nicht haltbar, auch gemeinwohlorientierte Akteure wie Genossenschaften wären betroffen. Oder, grundsätzlicher: Nur Neubau könne den angespannten Wohnungsmarkt der Stadt entlasten.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

All diese Scheinargumente hat die vor einem Jahr vom rot-rot-grünen Vorgängersenat eingesetzte Ex­per­t:in­nen­kom­mis­si­on nun vom Tisch gefegt. In ihrem Abschlussbericht, der am Mittwoch dem CDU/SPD-Senat übergeben werden soll, stellen die Ex­per­t:in­nen in beeindruckender Klarheit fest: Das Grundgesetz, also der Vergesellschaftungsartikel 15, gilt – auch in Berlin. Mit einem einfachen Vergesellschaftungsgesetz kann Berlin die Überführung der Bestände von mehr als einem Dutzend privater Konzerne – insgesamt etwa 240.000 Wohnungen – in Gemeineigentum regeln, selbstverständlich gegen Entschädigung.

Die allerdings würde die Stadt nicht ruinieren, denn gezahlt werden müsste nicht der aktuelle Marktpreis. Die Maßnahme käme die Stadt also deutlich günstiger als die aktuelle Ankaufpolitik. Die Kommission sagt gar: Es gibt kein milderes Mittel, wenn man dauerhaft leistbare Mieten für einkommensschwächere Schichten garantieren will. Auch mehr Neubau stelle keine Alternative dar, um eine dauerhafte Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum zu erreichen.

Der Senat ist damit also in seiner letztlich rein ideologischen Ablehnung der Vergesellschaftung entlarvt – und steht nackt dar. „Wer enteignet, kündigt den Grundkonsens der sozialen Marktwirtschaft auf“, hatte Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) einst gewarnt. Doch das Gegenteil ist richtig: Eine Vergesellschaftung dient dem Erhalt des gesellschaftlichen Friedens in einer Stadt, die Würde und Rechte auch aller einkommensschwächerer Mie­te­r:in­nen verteidigen muss. Nur durch sie kann der absehbaren Entwicklung hin zu einer Spaltung in eine Innenstadt der Reichen und Armutssiedlungen am Stadtrand entgegengewirkt werden. Und, nicht zu vergessen: Sie ist ein Gebot der Demokratie: Eine deutliche Mehrheit der Ber­li­ne­r:in­nen hat sich für die Vergesellschaftung ausgesprochen. Das gegen alle Argumente zu negieren, darf sich eine Regierung nicht erlauben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Redakteur für parlamentarische und außerparlamentarische Politik in Berlin, für Krawall und Remmidemmi. Schreibt über soziale Bewegungen, Innenpolitik, Stadtentwicklung und alles, was sonst polarisiert. War zu hören im Podcast "Lokalrunde".

Ein Kopfhörer - das Symbol der Podcasts der taz

Entdecke die Podcasts der taz. Unabhängige Stimmen, Themen und Meinungen – nicht nur fürs linke Ohr.

Feedback willkommen! Wir freuen uns auf deine Gedanken, Eindrücke und Anregungen.

Schreib uns: podcast@taz.de

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.