Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Theresa May nimmt die EU auf den Arm, RWE baggert sich einen Plan B nach China und wird Söder nach der Wahl Seehofer opfern?

Am Hambacher Forst steht ein riesiger Ballon mit der Aufschrift "Es gibt keinen Planet B."

Hambivalent: Die Rodung im Hambacher Forst ist vorläufig gestoppt Foto: dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: US-Talkgenie Bill Maher empfängt seinen natürlichen Fressfeind Steve Bannon. Der empfiehlt, die Demokraten sollten Talkgöttin Oprah Winfrey gegen Trump aufstellen.

Und was wird besser in dieser?

Michelle Obama.

Das Oberverwaltungsgericht Münster hat die Rodung des Hambacher Forsts vorläufig gestoppt. Grund ist ein Antrag des BUND, der auf ein seltenes Bechsteinfledermaus-Vorkommen im Wald hinweist. Hätte man da nicht früher drauf kommen können?

Hambivalent. Alle Drohungen mit Milliardenverlusten werden nun Beweise für Managementversagen: RWE hat keinen Plan B. Naja, nicht ganz: Im August verkündeten die lustigen Stromer stolz, man habe nun eine eigene Niederlassung in China eröffnet, um dorthin zu exportieren. Humorig: Der größte Braunkohleförderer der Welt, Deutschland, exportiert in den zweitgrößten Braunkohleförderer der Welt, China. Während also die Irren der Welt sich gegenseitig anbaggern, rettet die „Mausohrige aus der Familie der Glattnasen“ erst einmal den Hambacher Forst. Der BUND hatte die Bechsteinfledermaus schon gegen eine Autobahn bei Bielefeld und 2009 gegen Hambach in den Luftkampf geschickt, diesmal hat’s geklappt. Das setzt erstmal folkloristische Schwurbelkreise auf EU-Ebene ins Recht – ohne Vorarbeit dort hätte das Gericht keinen Hebel gehabt. Und erzählt zweitens eine Geschichte von funktionierender Demokratie. Womit Politik und Industrie schlauer wuchern sollten. RWE hat schon mal die Wiese für die Kundgebung zur Verfügung gestellt, auf Bitten der Polizei. Noch langsamer löst sich nur die Landesregierung aus dem Gestern.

Anstatt sich kurz vor der Landtagswahl auf irdische Probleme zu konzentrieren, postete der bayerische Ministerpräsident Markus Söder in dieser Woche ein Bild von sich vor einem riesigen Logo mit seinem eigenen Konterfei darauf. „Bavaria One – Mission Zukunft“ prangte rundherum, eine Anspielung auf das gerade beschlossene Raumfahrtprogramm Bayerns. Hat Söder endgültig die Bodenhaftung verloren?

Söder wirft völlig schwerelos nun mit dem Begriff „Fake News“ um sich. Der Post sei keine offiziöse Mitteilung der bayerischen Landesregierung. Und wenn doch, dann nicht mehr lange.

Für die schlechten Umfrageergebnisse macht Söder übrigens die Streitereien auf Bundesebene verantwortlich. Er wolle keine „Berliner Verhältnisse“, und: „Ego First“ dürfe sich nicht weiter durchsetzen. Wen kann der Söder damit bloß gemeint haben?

Erinnert an diese teuflischen Derivatwetten an der Börse: Putscht Seehofer nach der Wahl, weil’s Söder vergeigt hat – oder bietet Verlierer Söder seinen Ahn Seehofer als Opfer an? Spricht stark für Witwenverbrennung, weg mit beiden, denn beider Kalkül zielt darauf, aus dem Kursverlust der CSU wenigstens Egogewinn zu schlagen. Was Söder hier aus Versehen zugibt.

Auf dem Tory-Parteitag am Mittwoch tänzelte Premierministerin Theresa May zu „Dancing Queen“ auf die Bühne. Welcher Abba-Hit würde sich denn am besten als Hintergrundmusik für die nächsten Brexit-Verhandlungen eignen?

Manche finden Mays visuell mitteilsame Schuhe originell. Doch wenn die Kamera pietätvoll auf diese Schuhe herabschwenkt, weil’s darüber noch montypythonmäßiger abgeht, findet britischer Humor zu sich selbst. May war wegen ihres Tanzstils, der nicht unwesentlich aus an die Rippen getackerten Ellbögen besteht, gelegentlich als „Maybot“ gekost worden. Wer die ganze EU auf dem Arm nehmen will, mag damit bei sich selbst anfangen, das hat schon mal geklappt.

Was halten Sie eigentlich vom Diesel-Kompromiss?

Umtausch oder Reparatur bundesweit hätte bedeutet: Die Autos sind marode, nicht eine Handvoll deutscher Städte. Nur so kann die Autoindustrie gegenüber Kunden in anderen Ländern behaupten, es läge an der schlimmen Lage in deutschen Ballungsräumen. Was diese Bechsteinfledermäuse für Abgase machen! Kurz: der Kompromiss deckt die Interessen der Hersteller, nicht der Kunden.

Wäre das Komitee nicht gerade mit der Aufarbeitung ihrer Missbrauchsskandale beschäftigt, hätte es am Donnerstag den Literaturnobelpreis vergeben. Vorschläge, wer in diesem Jahr hätte ausgezeichnet werden sollen?

Diese Frage hat der Friedensnobelpreis als Urlaubsvertretung beantwortet.

Anfang der Woche nahm die Polizei acht Mitglieder der rechten Terrorgruppe „Revolution Chemnitz“ fest. Rechtsterrorismus ist hierzulande in der Vergangenheit oft unterschätzt worden. Ist das jetzt vorbei?

Es mag einem frösteln, wenn Hitlergrüßer in freilaufender Hodenhaltung unbehelligt bleiben, während dieser Fahndungserfolg auf „Chatprotokollen“ und allerhand Methoden basiert, die man nicht gern gegen sich selbst gerichtet sähe. Jubel über Polizeizugriff heißt auch: Toll, dass der Rechtsstaat Mittel einsetzt, die wir gestern noch bedenklich fanden. So ernst isses dann schon.

Und was machen die Borussen?

Bayerns Hoeneß brüstete sich, 2003 den BVB mit einem Kredit vor der Insolvenz gerettet zu haben. Uli, das ist nicht vergessen. Was braucht Ihr?

Fragen: Leonie Gubela

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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