Jour­na­lis­t:in­nen im Gazakrieg brauchen mehr Schutz

Die Ankläger in Den Haag untersuchen Vorwürfe von Reporter ohne Grenzen (RSF)

Von Christopher Resch

Weltweit bleiben acht von zehn Verbrechen an Medienschaffenden vollkommen straffrei. Deshalb war Karim Khans Nachricht ein erster Erfolg auf dem Weg zu mehr Gerechtigkeit. Die gute Nachricht kam am 5. Januar: Khan, der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag (IStGH), erklärte gegenüber Reporter ohne Grenzen (RSF), sein Team ermittle auch zu Verbrechen an Jour­na­lis­t:in­nen in Gaza und Israel. Nötig dafür war die unablässige Dokumentation der Gräueltaten der Hamas gegen israelische Journalist:innen, aber in weitaus größerem Umfang auch mutmaßlich gezielte Angriffe der israelischen Armee auf Medienschaffende in Gaza.

Am 31. Oktober und am 22. Dezember 2023 hatte RSF Strafanzeigen vor dem IStGH eingereicht, damit dieser mögliche Kriegsverbrechen gegen Medienschaffende im Gazastreifen und in Israel untersucht. Nach dem Völkerrecht gelten Jour­na­lis­t:in­nen als Zivilist:innen. Sie sind aber wegen der Nähe zum Geschehen – und weil manchmal ganz gezielt ihre Arbeit verhindert werden soll – besonders gefährdet.

Die Nachricht von Chefankläger Khan bedeutet deshalb einen ersten Schritt hin zu einem auch rechtlich besseren Schutz von Medienschaffenden in bewaffneten Konflikten – in Gaza und weltweit.

Kein Zugang zum Gazastreifen

Seit Beginn des Gazakriegs am 7. Oktober ist der Gazastreifen nahezu vollständig abgeriegelt. Seither berichten vor allem palästinensische Re­por­te­r:in­nen über das Geschehen.

Israelische Luftangriffe, blockierte Telefon- und Internetverbindungen, fehlender Treibstoff, die Angst um sich selbst und Angehörige sowie gezielte Kampagnen, die sie und ihre Arbeit diskreditieren sollen, machen die Berichterstattung jedoch extrem herausfordernd.

Zudem erschweren die Terrororganisationen Hamas und Islamischer Dschihad immer wieder die Arbeit unabhängiger und kritischer Medien. Internationale Re­por­te­r:in­nen kommen nur „eingebettet“ mit der israelischen Armee in den Gazastreifen und müssen den Streitkräften ihr Material vorlegen, bevor sie es veröffentlichen dürfen.

Der Grenzübergang Rafah nach Ägypten ist derzeit die einzige Verbindung Gazas mit der Außenwelt. Die israelischen Streitkräfte überwachen dort alle Aktivitäten.

Reporter ohne Grenzen fordert ägyptische und israelische Behörden auf, den Grenzübergang in Rafah zu öffnen, um den palästinensischen Medienschaffenden und auch anderen Zi­vi­lis­t:in­nen bessere Möglichkeiten zu geben, sich zu schützen und Gaza zu verlassen.

Der Autor arbeitet als Pressereferent ­Naher Osten bei Reporter ohne Grenzen, ist Journalist und Arabist