Subventionen für Unternehmen: Alles über den Industriestrompreis

Was tun gegen hohe Energiekosten für Unternehmen? Noch ein Ampelstreit. Aber auch Wissenschaft und Wirtschaft sind uneins.

Robert Habeck mit Schutzhelm und Schutzbrille

Wirtschaftsminister Habeck im Juli zu Besuch bei ThyssenKrupp in Duisburg Foto: Wolfgang Rattay/reuters

Auch wenn Olaf Scholz bei der Kabinettsklausur in Meseberg beim Nein zum Industriestrompreis blieb – die Diskussion darüber ist längst nicht beendet. Denn Konsens in der Ampel ist, dass die Regierung der Wirtschaft bei den Kosten für Elektrizität unter die Arme greifen will. Um das Wie wird gestritten.

1 Was ist der Industriestrompreis überhaupt?

Wirtschaftsminister Robert Habeck fordert den Industriestrompreis bereits seit Mai. Der Grünen-Politiker schlägt einen subventionierten Strompreis von 6 Cent pro Kilowattstunde für energieintensive Unternehmen vor, die im internationalen Wettbewerb stehen. Andere fordern 4 bis 6 Cent. Da die Subventionen laut Habeck nur bis 2030 gelten sollen, ist in seinem Vorschlag von einem „Brückenstrompreis“ die Rede. Denn ab 2030, so die Hoffnung, hat der Ausbau der Erneuerbaren die Strompreise so weit gedrückt, dass eine Förderung nicht mehr notwendig ist.

2 Wie hoch wären die Kosten für einen Industriestrompreis?

Habeck geht davon aus, dass die Höhe der Subventionen bis 2030 insgesamt 25 bis 35 Milliarden Euro betragen wird. Ausschlaggebend für die tatsächlichen Kosten ist die Entwicklung der Strompreise, da der Wirtschaftsminister den Unternehmen die Differenz zwischen dem garantierten Strompreis und dem Börsenstrompreis zahlen will. Je schneller die Strompreise sinken, desto günstiger wird also die Maßnahme.

3 Was sind die Alternativen?

Während Grüne und SPD für einen Industriestrompreis sind, sind Kanzler Scholz und die FDP dagegen. Die Liberalen wollen lieber die Stromsteuer senken. „Wir müssen insgesamt mit den Energiekosten runter“, betonte Finanzminister Christian Lindner (FDP) am Rande der Kabinettsklausur. Dies würde den energieintensiven Firmen allerdings nur bedingt helfen, da sie teilweise bereits Rabatte auf die Steuer bekommen. Eine weitere Alternative, die im Gespräch ist: die Reaktivierung der Atomkraft. Allerdings hat die Kernkraft zuletzt nur noch 6 Prozent der Stromerzeugung ausgemacht. Der preisdämpfende Effekt wäre wohl also nur gering, die Kosten für die Reaktivierung dagegen hoch.

4 Was sagen Exper­t*in­nen?

Ähnlich zerstritten wie die Bundesregierung sind die Ökonom*innen. Zum einen würden viele Unternehmen schon jetzt ein Kostenproblem haben, zum anderen brauche man günstigen Strom für die Transformation der Industrie, führen Be­für­wor­te­r*in­nen an. Kri­ti­ke­r*in­nen der Maßnahme sagen, dass sie nur alte Strukturen zementiere. Zudem verteuere sie den Strom für private Ver­brau­che­r*in­nen und andere Unternehmen, weil energieintensive subventionierte Betriebe dann mehr Strom nachfragen und so die Preise in die Höhe treiben würden.

5 Die Wirtschaft ist aber dafür?

Nein. Nicht alle Wirtschaftsverbände sprechen sich für den Industriestrompreis aus. Vor allem Industrieverbände sind dafür. Befürworter unter ihnen haben sich mit Gewerkschaften in der „Allianz pro Brückenstrompreis“ zusammengeschlossen. Sie steht eigenen Angaben zufolge für 1,1 Millionen Arbeitsplätze in über 8.000 Firmen. Auf der anderen Seite warnt etwa der Verband der Familien­unternehmen vor Wettbewerbsverzerrungen. „Wir müssen den Strom für alle günstiger machen“, spricht sich auch Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger gegen einen Industriestrompreis aus.

6 Was heißt eigentlich „energieintensiv“?

Chemie, Pharma, Glas, Metall und Papier gelten als Industrien mit hohem Energiebedarf. In diesen Branchen liegt der Anteil der Energiekosten an der Produktion zwischen 3,3 und 4,9 Prozent.

7 Wandern die Firmen ab, wenn es keine Lösung gibt?

Derzeit hört man viel von Firmen, die unter hohen Energiekosten leiden. So warnte der Ökonom Sebastian Dullien jüngst in der taz vor einem „Verlust industrieller Substanz“. Doch Energiekosten sind nicht der einzige Standortfaktor. Der Chemiekonzern BASF begründet seine China-Investitionen nicht mit den hohen Energiekosten, sondern mit der Bedeutung des chinesischen Markts. Gleichzeitig führen Gegner des Industriestrompreises an, dass Strom im internationalen Vergleich hierzulande schon immer teuer war. Wie groß der Schaden ist, wenn die Politik nicht handelt, ist also nicht ausgemacht.

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