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Hallo!
Ich finde es sehr wichtig, dass wir über das Thema Leichte Sprache reden. Denn die Autorin hat Recht: Informationen in leichter Sprache sind viel wichtiger als die Alternative - nämlich KEINE Informationen zu bekommen.
Einen komplexen Text in Leichte Sprache zu übersetzen, ohne die wichtigen Informationen zu vergessen und die Botschaft zu verändern, ist außerdem gar nicht so einfach. Ich finde es großartig, dass es immer mehr Texte in dieser besonderen Sprachform gibt. Das ist ein wichtiger Beitrag zur Inklusion.
Heute kann sich dank der Digitalisierung jeder die Informaionen in dem Schwierigkeitsgrad suchen, den er/sie bevorzugt oder braucht. Der Blick in die "leichte" Version kann aber auch sehr spannend sein - weil dort Botschaften oft besser auf den Punkt gebracht werden.
Und gerade die Behörden-Post könnte eine ordentliche Portion Leichtigkeit vertragen - gerade auch für Menschen "die mit der deutschen Sprache aufgewachsen ist und bis heute keine Rechtschreibkorrektur benötig(en)", sehr geehrte/r Herr/Frau KDITD :)
Ich kann nicht beurteilen, wie gut Leichte Sprache für ihre eigentliche Zielgruppe funktioniert - das müssen andere machen. Ich bin studierte Geisteswissenschaftlerin und gehöre damit so wenig zur Zielgruppe wie die kritisierenden Journalisten.
Aber ich würde bei dieser Gelegenheit trotzdem gern eine Art Liebeserklärung an die Leichte Sprache abgeben. Es ist eine andere, aber keine schlechtere Sprache als Standard-Schriftdeutsch. Ich finde, man sollte nicht die Defizite verteidigen müssen, die irgendwer kritisiert, sondern man kann auch mal aufzählen, was alles toll ist an der Leichten Sprache.
Disclaimer nochmal: Mir ist klar, dass das alles Nebeneffekte sind und es letztlich wurscht ist, ob mir die Leichte Sprache gefällt oder nicht.
Aber sie gefällt mir. Aus mehreren Gründen.
Erstens: Leichte Sprache orientiert sich an den Leser*innen und deren Informationsbedürfnis. Im Vordergrund steht nicht die Eitelkeit des Autors oder der Autorin.
(Fun fact: In der Ausstellung zur Deutschen Kolonialgeschichte, die es letzten Winter im Deutschen Historischen Museum gab, waren die Tafeln in Leichter Sprache für Besucher*innen ohne Vorkenntnisse die einzig brauchbaren. Die anderen waren von Historiker*innen für Historiker*innen.)
Zweitens: Leichte Sprache ist eine Übersetzungsleistung, und eine beachtliche. Ich habe sehr großen Respekt vor Leuten, die so klar und in so kurzen Sätzen schreiben können - denn das ist bockschwer!
Drittens: Leichte Sprache ist schön. Alle Texte in Leichter Sprache, die ich bisher gesehen habe, haben einen ganz eigenen, sehr angenehmen Sprachrhytmus. Ja, ich weiß, es gibt gewöhnungsbedürftige Bindestriche. Aber lest das mal laut - das hat Musik!
Heißt: Leichte Sprache ist eine Bereicherung für die Sprache, keine Vearmung. Und wenigstens das Prinzip, dass man die eigene Eitelkeit hinter dem Informationsbedürfnis der jeweils angepeilten Zielgruppe zurückzustellen hat, könnte man gut mal auch anderswo anwenden.
Es nervt mich, wenn ich eine Wahlbenachrichtigung bekomme, die ausschließlich in "leichter Sprache" verfaßt ist. Als jemand, der mit der deutschen Sprache aufgewachsen ist und bis heute keine Rechtschreibkorrektur benötigt, komme ich mir dann nämlich veralbert vor.
Wenn wir uns alle auf das Niveau von jemandem begeben, der schwere Lernprobleme hat, sprechen wir bald alle nur noch wie die Teletubbies. Das kann's doch wohl auch nicht sein.
Vorschlag zur Güte: Wahlinformationen in Standardsprache verschicken und Version in Leichter Sprache deutlich markiert im Internet anbieten. Die Mehrheit der Wähler zeigt Ihnen sonst den Vogel.
Gibt es Wahlbenachrichtigungen in Leichter Sprache?
Eine Wahlbenachrichtigung ist ein Brief von der Verwaltung in deiner Stadt.
Der Brief sagt:
Es gibt eine Wahl.
Du darfst wählen gehen.
Der Brief beantwortet diese Fragen:
Wann ist die Wahl?
Wo muss ich zum Wählen hingehen?
Was muss ich mitbringen?
Der Brief erklärt dir auch:
Du kannst auch von zuhause mit einem Brief wählen.
Dafür brauchst du einen Wahlschein.
Den Wahlschein muss man beantragen.
es gäbe eine menge behördenpost, die eine portion "leichte sprache" sprich eindeutigkeit vertragen könnten.
es geht doch um allgemein relevante informationen, die sollte jeder verstehen können. als gymnasiast hat man auch die grundschule durchstanden.
und so manch intelektuelle diskussion hätte nicht stattgefunden, wenn etwas mehr eindeutig, eben leicht formuliert worden wäre, ohne doppeldeutigkeiten.
es gibt für beides eine berechtigung, aber offizielle post muß für jeden verständlich sein.
Nur weil Sie eine Wahlbenachrichtigung in Leichter Sprache bekommen, werden Sie zum Teletubbie oder kommen sich veralbert vor? Das ist doch kein persönlicher Angriff oder eine Aufforderung, nur noch Texte in Leichter Sprache zu konsumieren.
Meiner Meinung nach macht es viel mehr Sinn, den Text in Leichter Sprache zu verschicken. Wer den "normalen" Brief bekommt und überfordert/frustriert ist, wird sich vermutlich eher nicht weiter damit beschäftigen. Sie werden jedoch bei einem Text in Leichter Sprache keine Probleme haben und könnten genau so - wie Sie es vorschlagen - die Wahlinformationen in Standardsprache im Internet ansehen.
Die "leichte Sprache" Version ist schwer zu lesen, wenn man normale Texte mit all dem vorausgesetztem Hintergrundwissen kennt. Ich habe eine leichte Ungeduld verspürt. Andererseits ist sie angenehm eindeutig.
@nutzer Prima erklärt, die Wahlbenachrichtigung. Gut, dass alle Empfänger auch sofort wissen, was dieser Wahlschein ist, den man beantragen muss (Warum ist er eigentlich kein Wahl-Schein?). Und selbstverständlich ahnen sie auch, wie und wo man das erledigen kann. Nein, frei von "vorausgesetztem Hintergrundwissen", wie "Nutzer" meint, ist Leichte Sprache nicht, denn sie macht nicht die Sachverhalte einfacher, sondern vereinfacht lediglich die sprachliche Darstellung. In der Regel zu Lasten der Präzision und/oder des Informationsgehaltes. So fehlt dann etwa bei den Lohn-Neben-Kosten in der Aufzählung der Arbeitgeberanteil an der Pflegeversicherung.
@Sisalbaum Das war ich, nicht Nutzer. Es sollte auch nur ein Späßchen sein, ich habe mir nicht viel Mühe gegeben. Es birgt halt eine gewisse Ironie, dass auch ein gebildeter Mensch hier das lange Wort Wahlbenachrichtigung mit Wahlwerbung (war vermutlich gemeint) verwechselt.
@th60 Entschuldigung. Mein Text sollte keine "Antwort" auf "Nutzers" Einlassung sondern ein neuer Kommentar werden.
Soll der Ukraine erlaubt werden, Ziele tief in Russland mit westlichen Raketen und Marschflugkörpern anzugreifen? Ein Pro und Contra.
Reaktion auf Artikel in „FAZ“ und in „B.Z.“: Leichte Sprache braucht Kritik
Zur Bundestags-Wahl erscheinen viele Texte in Leichter Sprache. Das ist ungewohnt und führt zu Kritik. Wer kritisiert, sollte sich aber richtig informieren.
Puh … Foto: imago/Steinach
Hier können Sie den Text in Leichter Sprache lesen.
Leichte Sprache irritiert. Die vielen kurzen Sätze. Es gibt kaum Fremdwörter. Und wo ist der Genitiv? Gerade Menschen, die mit Sprache arbeiten, beschäftigt das. Journalisten zum Beispiel. In den vergangenen Wochen gab es gleich zweimal Kritik an Leichter Sprache. Adrian Lobe bemängelt auf faz.net den Einsatz von Leichter Sprache in Nachrichten: „Dem Leser werden wesentliche Informationen vorenthalten.“ Gunnar Schupelius schreibt in seiner B.Z.-Kolumne über das leichte Wahlprogramm der CDU/CSU: „Jeder Lehrer müsste für dieses Gestammel eine glatte Fünf in Ausdruck und Grammatik erteilen.“
Jetzt, im Wahljahr 2017, ist Leichte Sprache in Deutschland präsenter denn je. Bundesbehörden sind nach dem Bundesgleichstellungsgesetz dazu angehalten, ab 2018 sogar verpflichtet, auch in Leichter Sprache zu schreiben. Träger von Behindertenhilfen bieten zahlreiche Infos zur Bundestagswahl in Leichter Sprache an. Einige wenige Medien berichten in Leichter Sprache. Und seit letzter Woche sind mit dem der CDU/CSU fast alle Wahlprogramme der großen Parteien auch in Leichter Sprache verfügbar. Lediglich das Programm der AfD fehlt noch.
Zwar ist „Barrierefreiheit“ den meisten Menschen ein Begriff: Der „Tatort“ läuft mit Audiodeskriptionen für Blinde. Die „Tagesschau“ gibt es in Gebärdensprache für Gehörlose. Auch hier muss es noch mehr Angebote geben, trotzdem haben viele schon mal von diesen Formen der Barrierefreiheit gehört. Leichte Sprache hingegen ist bisher kaum sichtbar. Sie soll sprachliche Barrieren abbauen, damit Menschen, die sogenannte kognitive Einschränkungen haben oder kaum Deutsch verstehen, besser am öffentlichen Leben teilnehmen können.
Bundesweit sind 7,5 Millionen Erwachsene im Alter von 18 bis 64 Jahren nicht in der Lage, Texte richtig zu verstehen und richtig zu schreiben. Darunter gibt es verschiedene Lese- und Lernniveaus – manchmal ist sogar Leichte Sprache für ihre Leser zu komplex. Schon aus diesem Grund ist es unangemessen, wenn Adrian Lobe auf faz.net schreibt, Leichte Sprache in Nachrichten biete „nicht ausreichend Informationen“ und könne „Erklärungen komplexer Phänomene verzerren“.
Es stimmt zwar, Leichte Sprache reduziert oftmals Informationen. Sie ist jedoch der Versuch, überhaupt Informationen zu vermitteln. Dafür werden Inhalte auf den Punkt gebracht, um Beispiele und Erklärungen ergänzt. Hier ist Sensibilität für die Zielgruppe wichtiger als ein Festhalten an Standards. Denn Journalisten sind schließlich nicht die Zielgruppe.
In Schweden längst selbstverständlich
Die Idee der Leichten Sprache entstand Ende der 1960er-Jahre in Schweden. Dort nannten sich geistig behinderte Menschen erstmals Menschen mit Lernschwierigkeiten und forderten: Wir wollen unser Leben selbst gestalten – nicht nur Empfänger gut gemeinter Fürsorge sein. Zu dieser Bewegung gehörte auch die Feststellung, dass alltägliche Texte, wie Formulare, Packungsbeilagen oder Nachrichten, oft nicht für alle verständlich sind. „Lättläst“ („Leicht zu lesen“) heißt die schwedische Version der Leichten Sprache und ist dort längst selbstverständlich. Nach 2009 entstanden auch in Deutschland Regelwerke für Leichte Sprache etwa vom „Netzwerk Leichte Sprache“.
taz.am wochenende
Krieg spielen. Die US-Armee probt im fränkischen Truppeneinsatzlager den Ernstfall. Wie es ist, als Statist im inszenierten Kriegsgebiet zu leben, lesen Sie in der taz.am wochenende vom 19./20. August. Außerdem: Der Terror ist in Spanien angekommen: Wie die Menschen in Barcelona die Anschläge erlebt haben und was diese für die Unabhängigkeitsbewegung der Katalanen bedeuten. Und eine Abrechnung: Die Wirtschaftsnobelpreisträger treffen sich in Landau. Haben sie die Ehrung verdient? Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.
B.Z.-Autor Gunnar Schupelius bezeichnet Leichte Sprache als schlechtes Deutsch. Als Beweis dafür zitiert er aus dem Wahlprogramm der CDU/CSU – verwechselt dabei aber das von 2013 mit dem von 2017. Das Zitat lautet: „Wenn die Leute mehr Lohn kriegen, sollen nicht auch die Preise steigen.“ Auch wenn Schupelius aus dem 38-seitigem Programm wohl bewusst die schlechtesten Stellen auswählt, hat er recht: Das ist keine gute Leichte Sprache.
Allerdings gibt es dutzende Übersetzungsbüros für Leichte Sprache in Deutschland. Jeder Text wird von eine Prüfgruppe, bestehend aus Menschen mit Lernschwierigkeiten, auf Verständlichkeit gelesen. Jedes Büro verfolgt eine andere Strategie bei der Übersetzung und Prüfung. Nicht jede davon ist gut. Außerdem ist es nicht leicht, in Leichte Sprache zu übersetzen. Ebenso wie es miese Synchronisationen gibt oder schreckliche Buchübersetzungen, gibt es auch schlechte Übersetzungen in Leichte Sprache.
Kritik bedeutet, ein Thema ernst zu nehmen
Dass es auch anders geht, zeigt das CDU/CSU-Wahlprogramm 2017. Es erschien nach dem B.Z.-Artikel. Von einem anderen Übersetzungsbüro übersetzt, finden sich in einer Passage über „Lohn“ grammatikalisch richtige Sätze, erklärende Beispiele und die Definitionen schwieriger Begriffe:
Ein Chef soll für die Arbeit guten Lohn bezahlen.
Das ist wichtig und richtig.
Aber:
Ein Chef bezahlt für die Arbeit noch mehr:
• für die Kranken-Kasse
• für die Renten-Kasse
• für die Arbeitslosen-Versicherung.
Das alles nennt man Lohn-Neben-Kosten.
Die Lohn-Neben-Kosten sind wichtig.
Aber sie sollen nicht zu hoch sein.
Darauf achten wir.
Normalerweise findet das Thema Inklusion in den Medien vor allem dann Aufmerksamkeit, wenn es gesetzliche Neuerungen gibt oder außergewöhnliche Menschen vorgestellt werden. Menschen, die etwas „trotz“ ihrer Behinderung geschafft haben. Die Berichterstattung ist oft heroisierend. Teil von Inklusion ist aber auch, Kritik äußern zu dürfen.
Kritik bedeutet, ein Thema ernst zu nehmen und es sichtbar zu machen. Leichte Sprache steht gerade erst am Anfang, sie braucht diese Öffentlichkeit. „Doch nur zu behaupten, Leichte Sprache ist dumm, hilft keinem weiter“, sagt Josef Ströbl von „Mensch zuerst“, der selbst eine Lernschwierigkeit hat. Wenn FAZ und B.Z. kritisch über Leichte Sprache schreiben, ist das also erstmal gut. Wer aber der Leichten Sprache Ungenauigkeiten und Vereinfachung vorwirft, sollte nicht selbst ungenau und vereinfachend sein.
Anmerkung: Christine Stöckel arbeitet beim Projekt „taz leicht“ mit.
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Schwerpunkt Bundestagswahl 2021
Kommentar von
Christine Stöckel
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