Proteste von Bauern und Klimaaktivisten: Doppelmoral der Polizei

Gegen Klimaschützer geht die Polizei hart vor. Bauern aber können stundenlang illegal eine Bundesstraße blockieren und Unfälle verursachen.

Nachts: Polizei mit Blaulicht im Vordergrund und eine Ampel steht auf Rot, dahinter ein Traktor

Polizei, Traktor, Ampel – es ist kompliziert (Symbolfoto) Foto: Patrick Pleul/dpa

Die Polizei hat schon wieder im Umgang mit eskalierenden Bauernprotesten versagt. Auch 12 Stunden nach Beginn einer illegalen Traktorblockade der Bundesstraße 5 bei Berlin versperrten Trecker am Montag alle Spuren Richtung Hauptstadt. Zuvor waren laut Polizei fünf Autoinsassen verletzt worden, als ihre Wagen im Dunkeln in Misthaufen auf der Straße krachten. Dabei wäre es technisch kein Problem, blockierende Traktoren zu entfernen – mit einem Abschleppwagen, wie er etwa für Busse benutzt wird. Stattdessen ließ die Polizei sich stundenlang von einigen Treckerfahrern auf der Nase herumtanzen.

Und das nicht zum ersten Mal. Im schleswig-holsteinischen Hafen Schlüttsiel stellte die Polizei nicht sicher, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck trotz einer Blockade auf der Rückreise aus seinem Urlaub eine Fähre verlassen konnte. Im baden-württembergischen Biberach sagten die Grünen ihren Politischen Aschermittwoch ab, weil die Polizei eine teils gewalttätige Demonstration im Zusammenhang mit Bauernprotesten nicht unter Kontrolle hielt.

Die Behörden in Brandenburg hätten also wissen können, dass sich manche Wutbauern sowie mit ihnen verbündete „Querdenker“ und Rechtsradikale nicht an Regeln halten. Viel früher hätte die Polizei die Traktoren entfernen und die Blockade auf der Bundesstraße auflösen müssen. Wie gefährlich solche Aktionen sein können, hat sich vor Kurzem in Frankreich gezeigt, wo bei einer Blockade aus Strohballen ein Mensch ums Leben gekommen ist.

Klimaaktivisten dagegen fasst die Polizei hart an, obwohl sie niemanden gefährden. Wenn sie wie vergangene Woche eine Parole auf eine Wand des Kanzleramts schreiben, werden sie brutal auf dem Boden fixiert. Als die Letzte Generation noch auf illegale Straßenblockaden setzte, wurden Schmerzgriffe angewandt und Aktivisten auch schon mal in Präventionshaft genommen. Mittlerweile hat die Gruppe diese aus vielen Gründen fragwürdigen Aktionen aufgegeben, aber die Polizei geht weiter unerbittlich gegen die Aktivisten vor.

Bauern und andere Ampelgegner hingegen heißt die Polizei auf Demonstrationen auch schon mal per Lautsprecher willkommen – und wenn sie illegal handeln, bleibt sie zu lange untätig. Es ist höchste Zeit, dass die Polizei das Gesetz nicht nur gegen Gruppen konsequent durchsetzt, die Sicherheitskräfte als links verorten. Sie muss auch gegen Regelverletzungen durch Demonstranten von rechts angemessen vorgehen. Alles andere ist Doppelmoral.

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Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.

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