Parlamentswahl in Kroatien: Pest oder Cholera

Es ist egal, ob der konservative oder der sozialdemokratische Präsidentschaftskandidat die Wahl gewinnt. Beide sind für Europa problematisch.

Ein Mann hebt die Hände hoch zum Jubel

Der amtierende Ministerpräsident Andrej Plenković erklärt sich schon mal zum Sieger der Wahl, dabei ist alles noch unklar Foto: Darko Vojinovic/AP

Noch ist nicht ausgemacht, wer Kroatien in Zukunft regieren wird. Auch wenn der bisherige Ministerpräsident Andrej Plenković von der konservativen HDZ-Partei mit rund 60 von 151 Sitzen im Sabor, dem Parlament, seine Position behielt, so rechnet sich sein sozialdemokratischer Herausforderer Zoran Milanović mit seinen 42 Sitzen diesmal doch noch Chancen aus, durch Koalitionen mit den kleineren Parteien eine Mehrheit für einen Regierungswechsel zustande zu bringen.

Und das ist nicht völlig unmöglich. Die Sozialdemokratische Partei SDP will die nationalistisch-rechte Heimatbewegung (DP), die ultrakonservative Most und die links-grüne Partei Možemo („Wir können“) auf die eigene Seite ziehen, zusammen mit einem Konglomerat aus Minderheiten und Kleinparteien ist ein Sturz der Regierung noch möglich. Zoran Milanović hat in den vergangenen Monaten versucht, sich durch seine Sympathien für Putin und Orbán im rechtsnationalistischen Lager einzuschmeicheln. Er überholte Plenković sogar mit seiner Bosnienpolitik rechts und tritt knallhart ganz im Sinne der extremen Rechten für die weitere territoriale Aufspaltung des Nachbarlandes ein.

So kann sich Plenković als Chef einer die Ukraine unterstützenden Regierung als prowestlich profilieren, obwohl seine Partei als korruptes System gilt und sein Regierungsstil immer autokratischer wird. Spötter aus dem Nachbarland Slowenien sprechen sogar von einer Balkanisierung Kroatiens.

Seit Jahrzehnten gehört es zum Selbstverständnis der Zagreber „Bürger“, Kroatien als Teil Mitteleuropas zu definieren. Und nicht als Teil des Balkans. Den hatte man ja 2013 mit dem Eintritt in die EU „endgültig“ hinter sich gelassen.

Betrachtet man angesichts dieser schönen Vorstellung der gebildeten Mittelschicht die wahrhafte Szenerie, dann haben sich Plenković und Milanović keineswegs als kultivierte Kontrahenten erwiesen. Die Bürger Zagrebs können sich aber immerhin damit trösten, dass die Možemo in ihrer Stadt vorne liegt.

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Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.

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