Panter Preis 2008: Was danach geschah

Michael Grolm, Gewinner des LeserInnenpreises 2008 Bild: Anja Weber

Michael Grolm

“Die 5.000 Euro Preisgeld waren im Nullkommanix weg”, sagt Michael Grolm zum Einstieg ins Gespräch. Kein Wunder, denn er hat den Betrag vollständig an die Rechtshilfe seines Feldbefreier-Vereins “Gendreck-weg” gespendet, der noch eine Reihe von Prozessen am Hals hat. Doch die Justiz im Nacken schreckt Grolm und seine Mitstreiter nicht: Sie bereiten sich bereits auf die nächsten Feldbefreiungen vor, sobald wieder angebaut wird. Das Einzige, was ihre Pläne ins Wanken bringen könnte, wäre ein bundesweites Genmaisverbot von Agrarministerin Aigner – das angesichts des wachsenden Drucks aus Teilen der Bauernschaft auch gar nicht einmal so unwahrscheinlich wäre. “Dann könnte ich mich im Sommer auf meine Bienen konzentrieren”, sagt Grolm fröhlich. “Oder wir weichen auf Freisetzungsversuche aus.” Grolm hat 2008 nicht nur den Panter Preis bekommen, er ist auch als “Thüringer des Jahres” ausgezeichnet worden. “Und das, obwohl ich erst seit zwei Jahren hier lebe.” Der “Spiegel” veröffentlichte eine größere Geschichte über ihn, er war zu Gast in der einstündigen Talkshow SWR Nachtcafé.

Zumindest seinen Honigverkauf habe der Preis aber überhaupt nicht angekurbelt: Nur eine Bestellung kurz vor Weihnachten hat den Kontakt zu ihm über die Taz gefunden, sagt er.

Im Sommer oder Herbst 2009 wird Grolm seine Bienen für ein paar Tage allein lassen. Dann nämlich wird er eine Gefängnisstrafe antreten müssen, zu der er wegen einer Feldbefreiungsaktion verurteilt wurde. Und will sich nach drei Tagen Haft, die draußen von Demonstrationen seines Vereins begleitet werden, freikaufen lassen – vom Berufsimkerverband und von Prominenten. Mit dabei: die Band “Wir sind Helden”, die Grolm auf der Panter-Preisverleihung kennengelernt hat.

Mariam Notten, Gewinnerin des Jurypreises 1, 2008 Bild: Anja Weber

Mariam Notten

Mit dem Panter-Preisgeld hat Mariam Notten neue Dachfenster ins Schulgebäude einbauen lassen – Fenster, denen Sandstürme nichts anhaben können. Und so endlich ihre zweite Schule im afghanischen Nimroz eröffnen können, sagt sie stolz. Ebenso enthusiastisch wird Notten, wenn sie von ihren bereits bestehenden Projekten erzählt: der ersten Schule, für deren Absolventinnen sie schon jetzt fleißig eine Abschlussparty organisiert, obwohl es noch zweieinhalb Jahre dauern wird.

Der Panter Preis habe sie sehr gefreut und ihr erst einmal die Augen geöffnet für all das, was sie in Nimroz geschaffen hat. Außerdem habe ihr der Wirbel um den Panter Preis fünf bis sechs neue Spender beschert – wichtige Förderer, die bis zu 600 Euro gespendet haben.

Die Projekte, die sie in Nimroz ans Laufen gebracht hat, sind so selbstständig, dass sie auch ohne Hilfe aus Deutschland weiter bestehen könnten, sagt Notten. Die erste Schule etwa. Oder einen Frauenbäckerei. Doch Notten will noch mehr. Sie möchte Schulbibliotheken aufbauen und selbst dafür Sorge tragen, dass “Mullahregimebücher” draußen bleiben. Und sie möchte mehr Mikrokredite an Frauen auszahlen. Doch gerade das wird immer schwieriger in einer Region, in der schon allein der Besuch bei Kreditnehmerinnen zu einem immer größeren Risiko wird, sagt Notten. Und lacht ein bisschen bei der Erinnerung an die zehn Bodyguards, die sie bei ihrer letzten Reise zu ihrer abgelegenen zweiten Schule begleiteten. Dabei ist es furchtbar, wie abhängig Nottens weiteres Engagement in der Region davon abhängt, wie sich die Sicherheitslage entwickelt. “Das hängt von den Amerikanern und der Nato ab”, sagt Notten und ihre Stimme wird plötzlich hart. Die Taliban im Land müssen entwaffnet werden und Pakistan stärker unter Druck gesetzt werden, damit nicht immer neue Gotteskrieger aus dem Nachbarland nachkommen. So weit wie möglich will Notten weiterarbeiten, sich nicht einschüchtern lassen. Warum? “Ich bin Afghanin”, sagt sie. “Wenn ich nichts tun würde, wäre das ein Armutszeugnis.”

Julius Deutsch, Gewinner des Jurypreises 2, 2008 Bild: Anja Weber

 Julius Deutsch

Viele Menschen haben sich bei Julius Deutsch gemeldet, seit er im September 2008 den Panter Preis verliehen bekommen hat: Hilfesuchende Behinderte, Ärzte, sogar zwei Softwareprogrammierer, die ihre Arbeit zur Verfügung stellten. “Das alles lässt langsam die Idee aufkommen, Ableger unseres Vereins in Westdeutschland aufzubauen”, sagt Deutsch.

Deutschs Verein funktioniert seit seinem Bestehen mit minimalen Finanzmitteln und maximalem Einsatz der Spender. Sein Verein, der früher mit gerade einmal 2.000 Euro Spenden im Jahr über die Runden kam, erhielt zu Weihnachten plötzlich zwei größere Spenden von Unternehmen. Und überraschenderweise widmete auch die “Bild der Frau” seinem Verein einen kleinen Artikel – der eine frühere Schulkollegin von Deutsch wiederum auch zu einer kleinen Spende bewegte.

“Überrascht hat mich, dass sich keiner bei uns gemeldet hatte, um Mitglied zu werden”, sagt Deutsch, der jede Woche 30 Stunden oder mehr in das Projekt investiert. “Die Leute wirklich zu betreuen, da sind schon viele zurückhaltend”, sagt er – und mutmaßt, dass es wohl auch die Technik ist, die viele abschreckt. Gerade in der Anfangsphase, wenn ein Patient an ein neues Gerät gewöhnt wird, ist seine Betreuung aufwändig: ein, besser zwei Trainingsphasen sind sinnvoll, und auch später muss immer wieder kontrolliert werden, ob alles rund läuft.

Mehr als acht Menschen hat Deutschs Verein seit September helfen können, von Menschen mit Muskelkrankheiten bis zu Patienten mit Locked-in-Syndrom. Damit es künftig noch mehr werden, träumt Julius Deutsch von einer Million, die er in eine Stiftung stecken kann, um mit jungen Forschern an Unis zusammenzuarbeiten, Dependancen in ganz Deutschland aufzubauen und noch mehr behinderten Menschen zu helfen. Die ersten 5.000 Euro dafür hätte er schon: das Panter-Preisgeld, das er aus diesem Grund beiseite gelegt hat.