Entschädigung von SED-Opfern: Arm nach Zwangsarbeit im DDR-Knast

Politische Gefangene in der DDR leisteten oft Zwangsarbeit. Aber sie werden kaum entschädigt, kritisiert die SED-Opferbeauftragte Evelyn Zupke.

Portrait von Evelyn Zupke

SED-Opferbeauftragte Evelyn Zupke in Berlin bei der Vorstellung ihres zweiten Jahresberichts Foto: Political Moments/imago

Die Filmemacherin Freya Klier, die Liedermacher Stephan Krawczyk und Gerulf Pannach, der Schriftsteller Jürgen Fuchs: Die Liste von DDR-Dissident:innen, die wegen „staatsfeindlicher Hetze“ im Stasi-Gefängnis saßen, lässt sich problemlos verlängern. In den Akten des Frauengefängnisses Hoheneck im Erzgebirge ist als einer der häufigsten Haftgründe „Republikflucht“ genannt. Die meisten politischen Gefangenen wurden psychisch und physisch gefoltert, nicht wenige starben früher oder später daran. Andere mussten in der Haft Zwangsarbeit leisten – in der Regel unter unhygienischen, menschenunwürdigen Zuständen.

Nicht wenige der durch Zwangsarbeit entstandenen Produkte wurden für den Westen produziert, um damit Valuta einzunehmen. So wurden im Cottbuser Gefängnis Kameras hergestellt, die zu rund 80 Prozent in den Westen verkauft wurden. Als die DDR-Zwangsarbeit im Westen bekannt wurde, stellten einige Firmen Import und Handel mit den Kameras ein.

Wer das Martyrium DDR-Haft überstanden hat, leidet nicht selten noch heute unter den Folgen: Albträume, Angstzustände, Atemwegs- und Knochenerkrankungen. Nicht wenige können nicht arbeiten und haben einen Anspruch auf eine Opferentschädigung. Doch diesem wird vielfach nicht entsprochen. „Weiterhin scheitert die breite Mehrheit der Betroffenen mit ihren Anträgen“, sagte die SED-Opferbeauftragte Evelyn Zupke am Donnerstag in Berlin, als sie ihren zweiten Jahresbericht vorstellte. Zupke sprach von 80 bis 90 Prozent der Anträge, die keinen Erfolg hätten – und nannte das dramatisch.

Betroffen seien laut Zupke auch Opfer des Volksaufstandes am 17. Juni 1953. Um den Tag herum kam es überall in der DDR zu Massendemonstrationen, Streiks und Protesten, die jedoch von der sowjetischen Besatzungsmacht und der DDR-Polizei zum Teil mit Panzern brutal beendet wurden. Zupke sagte, der 70. Jahrestag des Aufstands fordere dazu auf, „etwas für diese Menschen zu tun, die für Freiheit und Selbstbestimmung in der DDR gekämpft haben“. Nicht wenige der damaligen Aufständischen lebten heute zum Teil in „prekären sozialen Verhältnissen“, auch aufgrund ihrer gebrochenen Biografien.

Bundesweiter Härtefallfonds gefordert

Die SED-Opferbeauftragte drängte auch auf eine „Dynamisierung der Opferrente und einen besseren Schutz vor Altersarmut“. Sie verwies darauf, dass durch Inflation und Krieg Kosten für Strom, Heizung und Mieten in der Vergangenheit stark gestiegen seien, die Opferrenten seit Jahren aber auf „demselben Niveau verharrten“.

Das bisherige Anerkennungssystem sei gescheitert, kritisierte Zupke. Ähnlich wie bei Soldat:innen, die nach Auslandseinsätzen nicht selten unter posttraumatischen Störungen leiden und diese eindeutig als Schäden anerkannt werden, sollte auch bei Opfern des DDR-Regimes von physischen und psychischen Schäden ausgegangen werden. Das halte sie für „DDR-Opfer klar für nötig“.

Sie forderte einen bundesweiten Härtefallfonds. Der sei zwar geplant, doch noch immer sei nicht geklärt, wer für den Fonds zuständig sei. Sie forderte zudem mehr Forschung zu DDR-Unrecht und eine grundsätzlich bessere Aus- und Fortbildung zu SED-Unrecht von Mitarbeitenden jeglicher Behörden.

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