Haushaltswoche im Bundestag: Die Bremse ist gedrückt

Die Ampelregierung präsentiert ihren Haushaltsentwurf für 2024: Ausgaben sinken, die Schuldenbremse funktioniert. Selbst die Union ist fast zufrieden.

Bundeskanzler Olaf Scholz schaut von der Regierungsbank im Bundestag Christian Lindner an, der eine Rede am Pult hält. Scholz trägt eine Augenklappe, die er auf dem Bild mit seiner Hand bedeckt

Mit dem Zweiten: Kanzler Scholz musste den Start der Haushaltswoche mit Augenklappe verfolgen Foto: Clemens Bilan/epa

BERLIN taz | Zu den heiklen Aufgaben der Opposition gehört es, eine Regierungspolitik zu kritisieren, die man gar nicht schlecht findet. In der Debatte über den Bundeshaushalt 2024 wählte Mathias Middelberg, Vizechef der CDU-CSU-Fraktion, diesen Weg: Er lobte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) für seine Finanzpolitik, erklärte aber gleichzeitig, SPD und Grüne trügen sie nicht mit. „Christian allein zu Haus“, fasste Middelberg am Dienstagvormittag im Bundestag zusammen.

Tatsächlich entspricht der Entwurf des Etats der Ampelregierung aus SPD, Grünen und FDP für das kommende Jahr über weite Strecken dem, was die Union selbst traditionell fordert. Die Schuldenbremse wird eingehalten, die Ausgaben werden verringert, selbst einige Sozialausgaben gekürzt. Und Steuererhöhungen soll es nicht geben.

446 Milliarden Euro soll der Bundeshaushalt 2024 umfassen, den der Bundestag nun in den nächsten Monaten beraten wird. Das sind 30 Milliarden Euro weniger als dieses Jahr. Die Neuverschuldung soll von 46 Milliarden Euro (2023) auf 16 Milliarden Euro (2024) zurückgehen. Damit würde zum zweiten Mal nach der Corona-pandemie und trotz des russischen Angriffs auf die Ukraine die Schuldengrenze im Grundgesetz eingehalten. Laut Finanzplan der Regierung könnte es bis 2027 auch so weitergehen.

Alles in Ordnung also? Nein, Middelberg bemängelte, die Angeordneten der SPD und der Grünen hätten zum Vortrag des Bundesfinanzministers nicht genug geklatscht. Sozialdemokraten und Grüne wollten immer nur mehr Schulden machen, sagte der CDU-Politiker – und die FDP habe Mühe, ihren Sparkurs durchzusetzen.

Von aufgestapelten StaatssekretärInnen und Bonsais

Einige konkrete Kritikpunkte formulierte Middelberg aber auch. Die Ampel baue die Bürokratie nicht ab, sondern aus. 1.700 neue Ministeriumsstellen seien eingerichtet worden. Wollten alle 37 Parlamentarischen StaatssekretärInnen der Koalition auf der Regierungsbank im Bundestag Platz nehmen, müsse man sie stapeln, weil die Sitze nicht ausreichten, polemisierte der Christdemokrat. Außerdem komme die Digitalisierung nicht voran, und die Steuererleichterungen für Unternehmen in Lindners Wachstumsgesetz seien nur eine „Bonsai-Variante“.

An der Kritik stimmt, dass die Ampel heftig gestritten hatte, bevor sie ihren Haushaltsentwurf beschloss. So plädierte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) für neue Subventionen zugunsten von Industrieunternehmen, um deren Stromkosten zu verringern. Weil Habeck dafür zusätzliche Kredite einplanen wollte, bremste Lindner ihn aus. Viele Ressorts protestierten gegen Kürzungen bei ihnen, etwa das Auswärtige Amt und das Entwicklungsministerium.

Grundsätzlich unterstützte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) seinen Finanzminister jedoch – sowohl beim Nein zu den Stromsubventionen als auch bei den Kürzungen und der Schuldenbremse. So handelt es sich nun um den gemeinsamen Haushaltsentwurf der Koalition.

Ungefähr 100 Milliarden Investionen

Die haushaltspolitischen Sprecher von SPD und Grünen, Dennis Rohde und Sven-Christian Kindler, stimmten dem Finanzplan in der Bundestagsdebatte brav zu und „freuten“ sich auf die folgenden Diskussionen in den Ausschüssen. An den Grundlinien werden diese aber nichts ändern. Meistens schieben die Abgeordneten nur ein paar Milliarden Euro hin oder her.

Lindner betonte, Sparsamkeit sei jetzt angesagt, unter anderem, weil sich die Kosten der Verschuldung im Haushalt im Vergleich zu 2021 verzehnfacht hätten. In der Tat lagen diese vor zwei Jahren bei knapp 4 Milliarden Euro, jetzt bei 39 Milliarden Euro. Die Inflation und die Zinserhöhungen der Europäische Zentralbank lassen grüßen. Je mehr Geld der Bund für Zinsen und Tilgung ausgeben muss, desto weniger Mittel stehen aktuell zur Verfügung.

Auf die Kritik, die Ampel spare nun zu viel und investiere zu wenig in die Zukunft, entgegnete der Bundesfinanzminister, die Investitionsquote liege 2024 selbst im Kernhaushalt über dem Vor-Corona-Niveau von 2019. Das stimmt, wenngleich sie im Vergleich zu 2023 deutlich sinkt.

Zu den Investitionen im Kernhaushalt kommen allerdings noch die Ausgaben des Klima- und Transformationsfonds hinzu. Das ist ein zweckgebundenes Sondervermögen, mit dem unter anderem Investitionen in Klimaneutralität und Industrieansiedlungen finanziert werden. Sowohl Lindner als auch Rohde und Kindler argumentierten deshalb, die Investitionen 2024 beliefen sich insgesamt auf ungefähr 100 Milliarden Euro.

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