Ostermärsche am Freitag gestartet: Mit Tauben gegen Atomwaffen

Die Ostermarsch-Veranstalter*innen erwarten am Wochenende zehntausende Menschen. Den Auftakt gab es am Freitag vor einer Atomanlage.

Zwei blaue Luftballons mit aufgedruckten weißen Tauben

Ein Großteil der etwa 100 Protestzüge startet aber erst am Samstag (Archivbild, 2018) Foto: dpa

GRONAU taz | Weiß-blaue Friedenstauben, Banner mit der Anti-Atom-Sonne – und Forderungen nach Klimagerechtigkeit: Mehr als 300 Menschen haben am Freitag in Gronau im Münsterland gegen Aufrüstung und für einen vollständigen Atomausstieg Deutschlands protestiert. Unter dem Motto „Atomwaffen ächten, Rüstungsexporte stoppen“ zogen sie vor die einzige Urananreicherungsanlage (UAA) Deutschlands.

Denn diese verfügt nicht nur über eine unbefristete Betriebsgenehmigung – sie ist nach Ansicht der Demons­tran­t*innen auch ein friedenspolitisches Risiko: „Mit der Zentrifugentechnik der UAA kann militärisch nutzbares Material für Atomwaffen hergestellt werden“, sagte Felix Werdermann, Vorstand der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN), bei seiner Rede in Gronau.

Die 2017 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Organisation warnt, die UAA-Betreiberfirma Urenco könne schon heute „indirekt an der Herstellung von neuen Atomwaffen“ beteiligt sein: In Gronau angereichertes Uran wird auch an US-amerikanische AKWs geliefert, die nicht nur Strom herstellen, sondern auch Tritium für das Atomwaffenprogramm des US-Militärs.

Für die Internationalen Ärzte zur Verhinderung des Atomkriegs (IPPNW) kritisierte die Medizinerin Angelika Claußen die Produktion von angereichertem Uran, die Urenco in den USA plant: „Das ist allein für Militärs, etwa für U-Boot-Reaktoren, interessant.“ Das dazu nötige Know-how in der Zentrifugentechnik solle die Urenco-Tochter Enrichment Technology Company (ETC) liefern.

„Kein neues Tschernobyl“

Nach Gronau gekommen waren auch De­mons­trant*innen aus Belgien: Die dortigen „Bröckel-Reaktoren“ Tihange und Doel, in deren Druckbehältern Tausende Haarrisse entdeckt wurden, werden ebenfalls von der UAA beliefert. „Wir wollen kein neues Tschernobyl, kein neues Fukushima mitten in Europa“, sagte der belgische Atomkraftgegner Marc Alexander. Die Bundesregierung fordert zwar ebenfalls die Stilllegung von Doel und Tihange, doch ob und wann die im Koalitionsvertrag von Union und SPD in Berlin vereinbarte Prüfung eines Exportverbots Ergebnisse zeitigt, ist völlig unklar.

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Außerhalb Gronaus demonstrierten Ostermarschierer*innen am Freitag auch in Chemnitz und am Luftwaffenflugplatz Jagel in Schleswig-Holstein. Ein Großteil der etwa 100 Protestzüge startet aber erst am Samstag. Demonstrationen sind etwa in Berlin, Leipzig, Hamburg, Bremen, Hannover und Stuttgart geplant. Aktionen wird es auch in Büchel in der Eifel geben, wo US-amerikanische B61-Atombomben lagern, deren Modernisierung Washington beschlossen hat und die im Ernstfall von Flugzeugen der deutschen Luftwaffe abgeworfen werden sollen.

Insgesamt hoffen die Organisator*innen der Ostermärsche auf mehrere Zehntausend Teilnehmer*innen. Denn mit Kündigung des INF-Vertrags zum Verbot atomarer Mittelstreckenraketen durch die US-Präsident Trump im Februar, warnte in Gronau ICAN-Vorstand Werdermann, sei „die Gefahr eines Atomkriegs so groß wie lange nicht mehr“.

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