Konzertempfehlungen für Berlin: Musik und die Straße

Diese Woche zu hören: Plattenspielerfragmente vom Fahrrad, neue Sound Art in Lichtenberg, selbstgebaute Töne und punksozialisierte Klänge.

Vier Menschen stehen an einer mit bunten Glühbirnen beleuchtete Säule, an der sich Music Switch Boards befinden. Zwei Frauen in der Mitte sind dabei, Kontaktstecker auszutauschen

Alles selbst machen beim Festival für Selbstgebaute Musik im Holzmarkt Foto: Promo

Musik und die Straße – das Verhältnis hat sich in den letzten Jahren gedreht. Ging es Subkulturen einst um die Aneignung des öffentlichen Raums durch Klang – Straßenmusiker und Soundsystems und dergleichen – trägt heute je­de:r zweite Kopfhörer und schafft sich seinen privaten Soundtrack. Zum Auftakt des Monats der zeitgenössischen Musik geht es bei dem Konzert LA STRADA um verschiedene Phänomene der Straße. Für ihre Zusammenarbeit mit dem Ensemble KNM Berlin haben etwa die Künstlerinnen Camilla Sørensen und Greta Christensen (alias Vinyl -terror & -horror) einen Plattenspieler auf ihr Fahrrad geschnallt und aufgenommen, was sich zusammenschepperte. Die Transkription der Klangfragmente verwandelten sie in Notenmaterial.

Und auch die kopf­hö­r­er­tra­gen­de:n Mit­bür­ge­r:in­nen sollen Thema sein, im Stück „complex personality“ des ukrainischen Komponisten Anton Koshelev. Das alles gibt es am Freitag auf dem Areal der FAHRBEREITSCHAFT in Lichtenberg (2. 9., 19.30 Uhr, 12, ermäßigt 8 Euro), wo am selben Tag zudem auch die 15. Lange Nacht der Bilder eröffnet wird. Und zudem eine neue Veranstaltungsreihe in die Welt tritt: „Something in the Air“ der haubrok foundation – mit Soundarbeiten. Ab 22 Uhr gibt es dann noch ein kleines Get-together auf dem Gelände. Über den Rest des Monats treten 50 Ensembles aus der Neuen Musik im Rahmen von 150 Veranstaltungen auf, das ganze Programm findet sich hier: www.field-notes.berlin.

Interaktion im und mit dem öffentlichen Raum war auch beim Festival für Selbstgebaute Musik stets Thema, am Sonntag findet die diesjährige Ausgabe statt (4. 9., 13–24 Uhr, Eintritt 5 Euro, Kinder frei, weitere Infos: www.selbstgebautemusik.de). Wie schon im vergangenen Jahr trifft man sich auf dem Holzmarkt-Gelände, mit Workshops für alle Altersgruppen (teils mit Anmeldung), aber eben auch für Konzerte – falls man das Basteln lieber anderen überlassen und sich doch am Ergebnis erfreuen will. Unter anderem dabei: die Münchener Combo JOASIHNO mit Cico Beck (Aloa Input, the Notwist) und Nico Sierig. Die Kölnerinnen von 120 DEN werden mit modifizierten Schaufensterpuppen-Beinen musizieren und F.S.BLUMM lässt dort Kompliziertes ganz einfach klingen.

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Letzterer feiert dann ein paar Tage später, am Freitag (9. 9., 20 Uhr, www.widerstandsmuseum.de, auf Spendenbasis) auch noch sein Record Release mit einem Konzert – und zwar zusammen mit einem anderen im besten Sinne eigenwilligen Gitarristen: Marc Marcovic. Das ist nur eines von zwei Konzerten in der Friedrichshainer Galiläakirche, bei dem jeweils ein Instrument im Fokus steht. Am anderen Abend dieser Art, dem Dienstag (6. 9., 20 Uhr) locken zwei tolle Solo-Schlagzeuger:innen: Katharina Ernst und Rudi Fischerlehner.

Bratsche meets Underground

Am Mittwoch (7. 9.) lädt der Kiezsalon auf die Dachterrasse des HKW. Gleich drei Mu­si­ke­r:in­nen stellen dort einigermaßen neue Alben vor. Die Britin Alison Cotton führt in ihrem Kammer-Folk Naturbeobachtung und dronige Sounds mit ihrer Bratsche zusammen.

Auch für Whitney Johnson alias Matchess – mit klassischer Ausbildung und Punksozialisation eine zentrale Figur des Chicagoer Undergrounds – und ihr gefeiertes Album „Sacrocorpa“ gab es schon reichlich Lorbeeren, nun stellt sie es dem Berliner Publikum vor. Die dritte Performance des Abends übernimmt die Gitarristin und Folkmusikerin Ichiko Aoba (19.30, Eintritt 11,30 Euro, Link: www.digitalinberlin.de).

Am Donnerstag (8. 9.) lädt die noch relativ neue Reihe Jazzexzess zu einem sicher erlebenswerten Doppelkonzert ins Maschinenhaus der Kulturbrauerei: Oliwood, ein Projekt des Schlagzeugers Oli Steidle – zusammen mit dem New Yorker Trompeter Peter Evans, dem Bassklarinettisten Rudi Mahall und dem Band-Neuzugang Robert Landfermann am Bass – trifft auf die New Yorker Combo Future Drone (20 Uhr, Tickets 25, ermäßigt 20, AK: 28 Euro, Ticketlink: www.eventbrite.de).

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