Gipfel der Autokraten in Usbekistan: Diktatorenreigen in Samarkand

In Samarkand treffen sich Kooperationspartner zum Gipfel. Der türkische Präsident Erdogan ist unter den Dialogpartnern.

Erdogan und Putin schütteln sie die Hand vor den Landesflaggen der Türkei und Russlands

picture alliance/dpa/Pool Sputnik Kremlin/AP Foto: Erdogan und Putin einträchtig beim Diktatorengipfel

ISTANBUL taz | Es sind die bekanntesten und einflussreichsten Diktatoren und Autokraten der Welt, die sich am Donnerstag und Freitag zu dem Gipfel der Shanghai Kooperation Organisation (SCO) in der historischen Metropole Samarkand in Usbekistan trafen. Neben Chinas Staatschef Xi Jinping waren das Russlands Wladimir Putin, die Diktatoren der zentralasiatischen Länder Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan und Usbekistan als Gastgeber und als Vertreter der sogenannten größten Demokratie der Welt, Indiens Staatschef Narendra Modi. Auch sein Erzfeind aus Pakistan saß mit am Tisch.

Mitten drin in der illustren Runde, die sich selbst sozusagen als Gegenentwurf zum Westen und dessen Institutionen verstehen, der Wanderer zwischen den Welten, Recep Tayyip Erdogan. Die Türkei ist zwar nicht Mitglied der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, aber Erdogan fühlte sich in der Runde sichtlich wohl. Als weitere Dialogpartner war noch sein enger Verbündeter, Ilham Aliyew, der Diktator von Aserbaidschan vor Ort – beide demonstrierten in Samarkand angesichts der heftigen Feuergefechte zwischen Aserbaidschan und Armenien in dieser Woche noch einmal ihren engen Schulterschluss, indem Erdogan die Schuld an dem neuerlichen Bruch des Waffenstillstandes kategorisch Armenien in die Schuhe schob.

Erdogan hob in seiner Ansprache in Samarkand hervor, dass sein Land die Zusammenarbeit mit den asiatischen Staaten in allen Bereichen verstärken möchte. Er hob darauf ab, dass die Türkei als geografische Brücke zwischen Europa und Asien auch politisch als Vermittler wirken möchte. Obwohl nicht stimmberechtigtes Mitglied der Runde erhielt Erdogan dennoch sowohl mit dem chinesischen Staatschef Xin Jinping als auch mit Wladimir Putin jeweils eine extra Gesprächsrunde am Rande der Konferenz. Das Treffen mit Xi Jinping war nicht ohne Brisanz, ist die Türkei doch historisch und politisch der natürliche Verbündete des in China in den letzten Jahren so massiv unterdrückten Turk-Volkes der Uiguren. Viele Uiguren leben in der Türkei, für viele ist das Land der natürliche Fluchtort vor der Repression in China.

Doch Erdogan braucht dringend frisches Kapital und will sich deshalb eine engere Zusammenarbeit mit China trotz der Uiguren nicht länger verschließen.

Xi warb in dem Gespräch für eine engere Entwicklungszusammenarbeit und für mehr politisches Vertrauen. Über den Krieg in der Ukraine wurde offiziell nicht geredet, obwohl sich China und die Türkei da weitgehend darin einig sind, dass es möglichst schnell zu Friedensverhandlungen kommen sollte.

Gegenüber Modi sagte Putin, er würde den Krieg ja gerne schnell beenden, aber die Ukraine lehnte Verhandlungen ab und wolle lieber eine Entscheidung auf dem Schlachtfeld.

Chinas Präsident Xi völlig einig mit Putin

Wie Russland sieht China die Ursache für den Krieg in der Ukraine in dem Maidan Aufstand von 2014. Eindringlich warnte Xi in seiner Rede vor sogenannten „Farbenrevolutionen“, die in den Ländern der Shanghai Kooperationsgruppe vom Westen angezettelt werden könnten.

In der Hinsicht ist sich Xi völlig einig mit Putin, der wiederum in Shanghai den Westen scharf attackierte. Konkret ging es Putin um die Umsetzung des Getreideabkommens, durch das seit Anfang August wieder Weizen und andere Lebensmittel aus ukrainischen Häfen auf den Weltmarkt befördert werden kann.

Putin sieht den Teil des Abkommens, das die Wiederaufnahme russischer Getreide – und Düngemittellieferungen vorsieht, als nicht erfüllt an. Die EU würden solche Lieferungen aus Russland verhindern.

Über diesen Punkt wollte Putin auch mit Erdogan reden, da die Türkei neben den UN der zweite Vertragspartner ist, die das Abkommen zwischen Russland und der Ukraine ausgehandelt hatten und nun die praktische Durchführung überwachen. Am Freitagabend, zum Ende der Konferenz, trafen sich Putin und Erdogan zum vertraulichen Plausch. Laut Putin ging es vor allem um Energielieferungen und die Möglichkeit, dass russische Firmen über die Türkei internationale Geschäfte machen können.

Putin war anschließend voll des Lobes für Erdogan, dem er offenbar seinen Wunsch nach verbilligtem Gas erfüllen will. Erdogan hofft, mit billigem Gas die schwindelerregende Inflation von über 100 Prozent in der Türkei rechtzeitig vor den Wahlen im kommenden Frühjahr noch reduzieren zu können. Seinen Landsleuten hat er bereits versprochen, dass sie im Gegensatz zu den Menschen in Europa keinen kalten Winter zu befürchten haben. Viele Freunde in Europa macht Erdogan sich damit nicht.

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