Zustand des Waldes: Einfach mal in Ruhe lassen

Der Wald ist überfordert – von Umwelt und Mensch. Wir sollten ihn weniger als Freizeitpark betrachten.

Ein Mountainbiker macht Pause und schaut über den Pfälzerwald.

Mountainbiker macht Pause am Gipfel vom Nollenkopf bei Neustadt im Pfälzerwald Foto: U. J. Alexander/imago

Wie soll man das in Bilder fassen, was da gerade passiert? Jahr für Jahr meldet die Bundesregierung neue dramatische Zahlen, und es passiert: kaum etwas. Als besitze jemand einen Garten, stelle in regelmäßigen Abständen fest, dass die Pflanzen darin eingehen, baue aber trotzdem immer wieder dieselben Sorten an. Und planiere mal hier ein Plätzchen für einen Fahrradständer und dort eins für einen Sitzplatz. Und betrachte von dort den Niedergang.

Dabei lieben die Deutschen ihren Wald. Sie durchwandern ihn, flitzen mit Mountainbikes hindurch, sammeln Pilze oder Heidelbeeren. Diese „Erholungsfunktion“ halten Gesetzgeber und Förster hoch und begreifen sie unter anderem als wichtige Möglichkeit der Umweltbildung, um bei der Stadtbevölkerung Verständnis für die Bedürfnisse der Natur zu wecken. Kei­n:e Wald­be­sit­ze­r:in darf ohne gute Grund einen Wald umzäunen und Besucher aussperren. Neben seiner Erholungsfunktion werden an Forste weitere Ansprüche gestellt: Sie sollen die Luft filtern, die Temperatur regulieren, Wasser und Kohlendioxid speichern. Sie sollen Bauholz liefern, Brennmaterial, Wildbret.

Man muss kein Wald­experte sein, um in all diesen Ansprüchen in Zeiten des Klimawandels eine Überforderung zu vermuten. Die nehmen zwar die meisten Waldbesucher wahr: Wer in den vergangenen Jahren durch den Harz gewandert ist, die Uckermark, das Sauer- oder Siegerland, der hat den dramatischen Verlust an Wald und die durchscheinenden Baumkronen schon selbst gesehen; für den oder die ist der auch dieses Jahr wieder alarmierende Waldzustandsbericht der Bundesregierung keine Neuigkeit.

Umso erstaunlicher ist die Reaktion fast aller Wald­nut­ze­r:in­nen auf das Drama: Besitzstandswahrung, wohin man blickt. Vom Wanderer (der sichere, bequeme Wege fordert) und Mountainbikefahrer (wilde Rennstrecke) über Jä­ge­r:in­nen und Wald­be­sit­ze­r:in­nen wollen alle so weitermachen wie bisher. Den Wald zu schützen, das hieße: Zugeständnisse an die Nutzung machen, im Zweifel draußen bleiben – so weit geht die Liebe aber offensichtlich nicht.

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Jahrgang 72, schreibt über Rohstoffthemen, Chemie und gerne auch den Wald. (Mit-)Autorin verschiedener Bücher, zuletzt eine Stoffgeschichte über Seltene Erden.

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