Streit um Freibad in Husum: Stadtteil verklagt Stadt

2007 wurde der Ort Schobüll in die Stadt Husum eingemeindet. Nun wollen die Husumer das Schobüller Freibad abreißen und die Schobüller ziehen vor Gericht.

Ein Holzsteg führt ins braune Wattenmeer, am Ende stehen ein paar Menschen

Die Badestelle Schobüll eignet sich nicht immer zum Schwimmen. Da war das Freibad hinterm Ufer schon praktisch Foto: Horst Pfeiffer/dpa

HAMBURG taz | Für das Örtchen Schobüll an der Nordsee kam es letzten Sommer gleich doppelt dick. Im Bericht zur Badewasserqualität wurde die dortige Meerbadestelle wegen Verschlickung als „mangelhaft“ bewertet. So eine Meldung machte früher nichts, denn es gab ja noch das Freibad direkt am Ufer aus den 1970er-Jahren. Doch das will die Stadt Husum jetzt abreißen lassen. Die Fläche soll zusammen mit dem Gelände des früheren Campingplatzes an den Investor „Destinature“ verpachtet werden. Der plant ein Naturressort mit urigen Holzhütten, wie es eines schon in Hitz­acker im Wendland gibt.

Dass Husum über Schobüll bestimmen kann, liegt daran, dass sich das Dorf 2007 eingemeinden ließ. In dem Vertrag dazu steht aber schwarz auf weiß, dass neben Kindergarten, Grundschule, freiwilliger Feuerwehr und Dorfhaus auch das Freibad bleiben soll. Wörtlich: „Die Stadt Husum garantiert den Erhalt.“

Und es wurde geregelt, dass, um die „Mitbestimmung“ zu gewährleisten, eine „Schobüller Vertretung“ gewählt wird, die bei allen den Ort betreffenden Angelegenheiten zeitig informiert und gehört werden muss. Die Vertretung gibt es, sie wird regelmäßig gewählt und hat zehn Mitglieder.

Sie und ihr Vorsitzender Stefan Henningsen waren nun gar nicht einverstanden mit dem Freibad-Abriss. Zumal das neue Naturressort lediglich eine kleine Badegelegenheit – eingebettet in den dortigen „Wellnessbereich“ – versprach. Als im Oktober die Bagger anrollen sollten, erwirkte die „Schobüller Vertretung“ im Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht den Abriss-Stopp. Das Gremium sei befugt, die ehemalige Gemeinde zu vertreten und auf Einhaltung des Vertrags zu pochen, befanden die Richter. Und demnach wäre der Freibadrückbau „rechtswidrig“.

Husum will ein neues Hallenbad bauen

Doch nun entschied das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holsteins im Hauptverfahren, dass die „Schobüller Vertretung“ gar nicht „im eigenen Namen“ den Erhalt des Freibads fordern könne. Hätte sie doch nur „Informations- und Anhörungsrecht“. Über die Wahrung der Interessen der früheren Gemeinde habe die „Kommunalaufsicht“ zu wachen.

Stefan Henningsen ist konsterniert. „Wenn dieses Urteil Bestand hat, dann sind zwangsläufig alle Eingemeindungsverträge ‚null und nichtig‘“, sagt er. „Somit wäre es das Papier nicht wert, auf dem es geschrieben wurde.“ Die Schobüller erwarteten weiter, dass sich Husum an den Vertrag hält. Das gelte auch für die Eingaben für den Bebauungsplan. Das Konzept des Hüttendorfs passe „eher in den Wald, aber nicht an die stürmische Küste“.

Husum argumentiert, das Freibad wäre marode, die Reparatur zu teuer. Zugleich plant die 23.000-Einwohner-Stadt den Neubau seines Hallenbades, setzt also Prioritäten.

Im Kieler Innenministerium, zuständig für die Kommunalaufsicht, musste man sich erst mal kundig machen. Beim Gemeindetag hieß es, der Fall sei sehr ungewöhnlich. Dass ein kleiner Ort von einem großen eingemeindet wird, sei in den letzten 20 Jahren nur dort passiert. Wenn es Fusionen gab, dann von eher gleich großen Gemeinden „auf Augenhöhe“. Ist wohl auch besser so.

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