Bombendrohungen nach Hamas-Angriff: Ermittlungen gegen zwei Verdächtige

Internettrolle sollen mehr als 250 Bombendrohungen verschickt haben. Es gibt bereits zwei Verdächtige, die Polizei hofft noch mehr zu finden.

Polizeifahrzeuge bei einem Einsatz.

Bombendrohhung im baden-württembergischen Mannheim am 27. Oktober Foto: Rene Priebe/dpa

BERLIN taz | Mehr als 250 Bombendrohungen gingen zuletzt an Schulen, Behörden, Medienhäuser oder religiöse Einrichtungen ein. Mal hieß es, man werde den Terror der Hamas auch nach Deutschland führen. Dann wieder, dass man den Hamas-Terror hierzulande mit Anschlägen beantworten werde. Einen Monat lief diese Serie – nun ermittelten die Landeskriminalämter in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen zwei verdächtige Männer.

Die Ermittlungen hatten sich zügig gegen eine Gruppe von Onlinetrollen gerichtet, die zuvor bereits mit falschen Notrufen auffielen, dem sogenannten „Swatting“. Bereits am Freitag wurden nun die Wohnobjekte eines 30-Jährigen aus dem Landkreis Minden-Lübbecke (Nordrhein-Westfalen) und eines 19-Jährigen aus dem Hohenlohekreis (Baden-Württemberg) durchsucht. Dem Älteren wird vorgeworfen, für 29 der Drohschreiben verantwortlich zu sein, der 19-Jährige soll vier verfasst haben. Beide sollen der Onlinegruppe angehört haben. Festgenommen wurden sie nicht.

Die Hackerin Ornella Al-Lami alias „Nella“ sagte der taz, sie habe der Polizei Baden-Württemberg entscheidende Hinweise zu der Gruppe gegeben. Diese habe etwa ein dutzend Mitglieder, denen es mit ihren Drohaktionen darum gehe, Chaos zu stiften und möglichst große öffentliche Aufmerksamkeit zu bekommen. Antrieb seien Geltungsbedürfnis und Verachtung für den Staat.

Sie selbst habe vor einem Jahr über einen Kontakt Einblick in die Gruppe bekommen und Belege für die Bombendrohungen sammeln können, sagte Al-Lami der taz. Die Sache habe sich „immer weiter hochgeschaukelt“. Laut Al-Lami gibt es auch Verbindungen der Gruppe zu anderen Onlinebedrohungen wie die gegen Tino Pfaff, Mitgründer von Extinction Rebellion. Das LKA Baden-Württemberg wollte sich nicht zu einer Kooperation mit Al-Lami äußern.

Weitere Personen im Visier

Die E-Mails der Drohserie waren seit dem 19. Oktober verschickt worden – anderthalb Wochen nach dem Hamas-Massaker in Israel. Immer wieder wurde dort mit Anschlägen auf die Empfänger gedroht. In gut 30 Fällen kam es tatsächlich zu Polizeieinsätzen und dabei zumeist auch zu Evakuierungen, etwa des Hamburger Flughafens. Ein Schwerpunkt der Fälle kristallisierte sich in Baden-Württemberg heraus, wo allein 30 der Drohschreiben eingingen.

Polizei und Staatsanwaltschaft werfen den beiden Männern vor, versucht zu haben, aufwändige Polizeieinsätze herbeizuführen und das öffentliche Sicherheitsempfinden „zu erschüttern“. Auch sei es ihnen um eine möglichst große mediale Aufmerksamkeit gegangen.

An den Ermittlungen war auch das Bundeskriminalamt beteiligt. Beschlagnahmt wurden Computer, Festplatten und Handys, die nun ausgewertet werden. Das könnte dazu führen, dass noch weitere Drohschreiben den Beschuldigten zugeordnet werden. Auch wird gegen weitere Personen der Onlinegruppe ermittelt, die ebenfalls Drohschreiben verschickt haben sollen.

Vorgetäuschte Bombendrohungen können als Störung des öffentlichen Friedens mit Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren Haft geahndet werden. Auch die ausgelösten Polizeieinsätze können den Verursachen in Rechnung gestellt werden.

Zuletzt war etwa ein 54-jähriger Berliner für die jahrelange „NSU 2.0“-Drohserie zu einer Haftstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt worden. Schon 2020 war in Berlin ein 32-Jähriger zu vier Jahren Haft für eine ähnliche Drohserie, die selbsternannte „Nationalsozialistische Offensive“, verurteilt worden. Zu beiden Serien gehörten auch Bombendrohungen.

Aktualisiert und ergänzt am 22.11.2023 um 13:45 Uhr. d. R.

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