Abgabe auf Kernbrennstäbe: Klatsche für AKW-Betreiber
Der EuGH-Generalanwalt hat keine Bedenken gegen die Brennelementesteuer. Damit sinken die Chancen auf Erstattung – und die Aktienkurse.
HAMBURG taz | Die deutsche Brennelementesteuer verstößt nicht gegen Europarecht. Zu diesem Schluss kam am Dienstag Maciej Szpunar, der als Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH) ein Gutachten zu diesem Fall erstellt hat. Meist folgt der EuGH den Empfehlungen der unabhängigen Generalanwälte.
Die Steuer, die die AKW-Betreiber zahlen müssen, fällt bei jedem Brennstabwechsel an. Pro Gramm Kernbrennstoff – sei es Uran oder Plutonium – werden 145 Euro fällig. Das Aufkommen fließt in den Bundeshaushalt und ist nicht zweckgebunden. 2013 brachte die Steuer dem Bund 1,3 Milliarden Euro Einnahmen.
Ursprünglich war die 2010 eingeführte Brennelementesteuer als Ausgleich für die damals von der schwarz-gelben Koalition geplante AKW-Laufzeitverlängerung gedacht. Sie war rechtlich aber nicht damit verknüpft und wurde deshalb auch nach dem Fukushima-Unglück 2011 und dem danach folgendem Beschluss zum Atomausstieg beibehalten.
Die AKW-Betreiber haben die Steuer von Beginn an juristisch bekämpft. Erfolg hatten sie bisher vor allem beim Finanzgericht Hamburg, das den Fall sowohl dem Bundesverfassungsgericht als auch dem Europäischen Gerichtshof vorlegte. Generalanwalt Szpunar erklärte nun, es sei zulässig, auf beiden Wegen parallel eine rechtliche Klärung zu suchen, da es in Karlsruhe und Luxemburg um unterschiedliche Fragen gehe.
Keine unzulässige Beihilfe
Ansonsten machte Szpunar den Konzernen aber wenig Hoffnung. Die deutsche Steuer verstoße nicht gegen die EU-Richtlinie zur Besteuerung von Energieerzeugnissen, da diese für Kernbrennstoffe gar nicht gelte. Das Finanzgericht Hamburg hatte zwar eine analoge Anwendung der Richtlinie vorgeschlagen, doch der Generalanwalt fand das abwegig: „Ich muss gestehen, dass ich mir schwer vorstellen kann, durch welches Vorgehen dies machbar wäre.“
Die Kernbrennstoffsteuer sei auch keine „indirekte“ Steuer auf elektrischen Strom, so der Generalanwalt. Es sei daher auch keine „unzulässige Beihilfe“, wenn die Erzeuger von Öko- und Kohlestrom keine Kernbrennstoffsteuer zahlen müssen.
Die endgültige Entscheidung des EuGH wird in einigen Monaten erfolgen. Wann das Bundesverfassungsgericht sich mit der Sache befasst, ist noch unklar. Im Dezember 2014 entschied der Bundesfinanzhof bereits, dass die Konzerne die Steuer trotz der anhängigen Prozesse zunächst bezahlen müssen.
Der Aktienkurs von RWE brach nach dem Schlussantrag des Generalanwalts um 5 Prozent ein. RWE ist zu 87,5 Prozent Eigentümer des AKW Emsland, dessen Steuerlast der Aufhänger für das Luxemburger Verfahren ist. (Az.: C-5/14)
Leser*innenkommentare
mdarge
Ein ermutigendes Urteil. Mit allen Nebenkosten gehört Atomstrom zu den teuersten Stromarten. Da Kraftwerksbetreiber mit abgeschriebenen Anlagen, nur einen Bruchteil der Kosten tragen, können sie ihren Strom besonders günstig vermarkten. Dabei belasten sie den Energiemix. Denn der Strombedarf schwankt im Verlauf des Tages, dem Verlauf der Woche und des Jahres. Atommeiler können aber nur mit stets gleicher Last durchlaufen, eine Anpassung an den Markt ist nahezu unmöglich. Gaskraftwerke haben daher enorme Vorhaltungskosten, da sie diese Differenz ausgleichen müssen und ihnen lange Stillstandszeiten aufgebrummt werden. Auch Windkraftanlagen müssen bei Überangebot deaktiviert werden, was die Wirtschaftlichkeit stark beeinträchtigt. Dafür sollten Betreiber von Atomanlagen eine Kompensation zahlen.