+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Neue Welle von Drohnenangriffen

In Ukraines Hauptstadt Kyjiw ertönten am Samstag Morgen die Alarmsirenen. In Russland entgleisten Waggons eines Güterzugs – möglicherweise durch Sabotage.

Ein Mann steht auf einem Trümmergrundstück mit zerstörten Gebäudestrukturen

Bauer steht zwischen den Ruinen seines Hofes nach einem russischen Raketenangriff auf Kiseliovka Foto: Efrem Lukatsky/dpa

Zughavarie südlich von Moskau

In Russland sind in der Region Rjasan südlich von Moskau womöglich durch Sabotage nach Behördenangaben 19 Waggons eines Güterzuges entgleist. Der Lokomotivführer und sein Assistent seien leicht verletzt worden, teilten die Ermittler am Samstag mit. Kriminalbeamte seien an der Stelle, um die Ursache zu klären. Der Pressedienst der russischen Eisenbahn teilte in Moskau mit, die Güterwaggons seien durch Fremdeinwirkung entgleist. Eine „Einwirkung nicht autorisierter Personen“ von außen auf den Schienentransport sei Grund für den Vorfall; Details wurden nicht genannt. Auswirkungen auf Personenzüge oder die Umwelt gab es demnach nicht.

Vor dem Entgleisen der Waggons soll ein Explosionsgeräusch zu hören gewesen sein, wie in sozialen Netzwerken zu lesen war. Die Ermittler sprachen anders als die Bahn von lediglich 15 entgleisten Waggons. Der Zug soll unter anderem Düngemittel als Fracht gehabt haben.

Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine vor mehr als 20 Monaten kam es wiederholt zu Sabotage an Bahngleisen. So versuchten Schienenpartisanen in mehreren Teilen des Landes, Bahntransporte mit militärischem Nachschub für die Moskauer Truppen in der Ukraine zu stoppen. Dabei kam es zu Zwischenfällen durch Explosionen und Manipulation an Gleisanlagen. Der Inlandsgeheimdienst FSB hatte in der Vergangenheit wiederholt über die Festnahmen von Verdächtigen berichtet. (dpa)

Neue Welle russischer Drohnenangriffe

Erstmals seit mehreren Wochen hat Russland wieder die ukrainische Hauptstadt Kyjiw angegriffen. Eine Rakete sei am frühen Morgen abgeschossen und abgefangen worden, teilte der Chef der städtischen Militärverwaltung, Serhij Popko, am Samstag auf Telegram mit. „Nach einer langen Pause von 52 Tagen hat der Feind wieder mit Raketenangriffen auf Kyjiw angefangen.“ Verletzte oder größere Schäden habe es nicht gegeben. In der Hauptstadtregion seien fünf Privathäuser und mehrere Geschäftsgebäude beschädigt worden, teilte der Gouverneur der Oblast Kyjiw, Ruslan Krawtschenko, mit. Zwei Raketen seien auf einem Feld zwischen zwei Ortschaften eingeschlagen. Drohnenangriffe wurden auch aus anderen Landesteilen gemeldet – etwa aus Charkiw im Osten und aus Cherson im Süden. (dpa/rtr)

Region Odessa mit Raketen beschossen

Die Schwarzmeerregion Odessa wurden unterdessen am Freitagabend nach offiziellen ukrainischen Angaben mit Raketen beschossen. Dabei seien mindestens drei Menschen verletzt worden. Unter den Opfern sei eine 96 Jahre alte Frau, die aus den Trümmern ihres Hauses gerettet werden konnte, schrieb Militärgouverneur Oleh Kiper. Die Angaben der Kriegsparteien lassen sich unabhängig kaum überprüfen. (dpa)

Russische Landungsboote nahe der Krim vesenkt

Ukrainische Marinedrohnen haben nach Angaben des ukrainischen Militärgeheimdienstes zwei kleine russische Landungsboote in der Nähe der Halbinsel Krim versenkt. Nach Angaben des ukrainischen Militärs waren die Schiffe bemannt und mit gepanzerten Fahrzeugen beladen. Reuters konnte den Bericht über den Angriff auf die Bucht von Vuzka im Westen der Krim nicht unabhängig überprüfen. Russland, das die Krim 2014 von der Ukraine erobert und annektiert hatte und dessen Schwarzmeerflotte ihr Hauptquartier in der Krimstadt Sewastopol hat, gab keinen unmittelbaren Kommentar ab. (rtr)

Ukraine einigt sich mit IWF

Der Internationale Währungsfonds (IWF) einigt sich mit der Ukraine auf Stabsebene über eine aktualisierte Wirtschafts- und Finanzpolitik und macht damit den Weg für die Auszahlung von 900 Millionen Dollar aus seinem 15,6 Milliarden Dollar schweren Kreditprogramm frei. Der Exekutivrat des globalen Kreditgebers wird die Vereinbarung voraussichtlich in den kommenden Wochen prüfen. Wie der IWF erklärt, hat die Ukraine alle Leistungskriterien sowie die indikativen Ziele und die meisten strukturellen Benchmarks im Rahmen des IWF-Programms der erweiterten Fondsfazilität erfüllt. Die ukrainische Wirtschaft habe trotz des Krieges weiterhin „bemerkenswerte Widerstandsfähigkeit“, bemerkte der IWF und fügte hinzu, dass die jüngsten wirtschaftlichen Entwicklungen auf eine stärker als erwartete wirtschaftliche Erholung im Jahr 2023 und ein anhaltendes Wachstum im Jahr 2024 hinwiesen. (rtr)

Litauen leistet weitere Militärhilfe für die Ukraine

Litauen leistet der Ukraine unterdessen weitere Militärhilfe für den Abwehrkampf gegen Russland. Das baltische EU- und Nato-Land habe Abschussgeräte und weitere Ausrüstung für das Luftabwehrsystem vom Typ Nasams an Kyjiw übergeben, teilte das Verteidigungsministerium in Vilnius mit. Zudem seien Anti-Drohnen-Systeme und Generatoren geliefert worden. „Wir hören die Bedürfnisse der Ukraine und rufen unsere Verbündeten dazu auf, sie auch zu hören“, wurde Verteidigungsminister Arvydas Anusauskas in einer Mitteilung zitiert.

In seiner abendlichen Videoansprache am Freitag zeigte sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dankbar für die anhaltende Unterstützung der Litauer für das ukrainische Volk. „Unsere Allianz ist wirklich spürbar“, sagte er. (dpa)

Kanada stationiert 15 Leopard-2-Panzer in Lettland

Lettlands Nato-Partner Kanada hat unterdessen 15 Panzer vom Typ Leopard 2 in dem Baltenstaat stationiert. „Dies ist ein wichtiger Schritt zur Stärkung der Abschreckungs- und Kampffähigkeiten der Nato in der Region“, schrieb der lettische Verteidigungsminister Andris Spruds auf der Online-Plattform X, vormals Twitter. Damit rücke der Ausbau der bisherigen Truppenpräsenz auf Brigade-Niveau näher. (dpa)

Kreml verteidigt Begnadigung von Straftätern für den Kriegsdienst

In Russland verteidigte der Kreml seine viel kritisierte Praxis, verurteilte Straftäter für den Kriegsdienst aus der Haft zu entlassen. Neben dem klassischen Begnadigungsverfahren, bei dem der Antrag eines Häftlings von mehreren Instanzen gebilligt werden muss, gebe es noch eine weitere Möglichkeit, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow: „Der zweite Weg ist, dass sie ihre Schuld mit Blut begleichen. Die Verurteilten, unter ihnen auch Schwerverbrecher, büßen für ihr Verbrechen mit Blut auf dem Schlachtfeld.“

Hintergrund ist die kürzlich bekanntgewordene Begnadigung eines verurteilten Mörders durch Präsident Wladimir Putin. Der Mann aus der sibirischen Stadt Kemerowo, der für die Tötung seiner Ex-Freundin im Jahr 2020 eigentlich zu 17 Jahren Straflager verurteilt worden war, wurde Berichten zufolge frühzeitig aus der Haft entlassen, weil er sich zum Kämpfen in der Ukraine bereit erklärt hatte. Der Fall sorgte in russischen Medien und sozialen Netzwerken für heftige Diskussionen und Empörung. (dpa)

Verschleppter Waise darf in Ukraine zurückkehren

Ein ukrainischer Jugendlicher, der von der russischen Armee verschleppt worden war, darf in sein Heimatland zurückkehren. Der 17-jährige Bohdan Jermochin, dessen Eltern vor Jahren verstorben sind, werde an seinem 18. Geburtstag in der kommenden Woche mit einer Cousine „in einem Drittland“ zusammengeführt und anschließend in die Ukraine reisen, wie die russische Kinderbeauftragte Maria Lwowa-Belowa in einer Online-Erklärung am Freitag bekannt gab. Der ukrainische Ombudsmann für Menschenrechte Dmitro Lubinets bestätigte ebenfalls am Freitag, dass Jermochin „bald in der Ukraine sein wird“.

Jermochin war aus der Hafenstadt Mariupol, die zu Beginn der russischen Invasion von Soldaten eingenommen wurde, nach Russland gebracht worden. Er wurde in einer Pflegefamilie in der Region Moskau untergebracht und erhielt die russische Staatsbürgerschaft. Jermochin äußerte aber wiederholt den Wunsch, in die Ukraine zurückzukehren, sagte die ukrainische Anwältin Katerina Bobrowska, die den 17-Jährigen und seine 26-jährige Cousine Valeria Jermochina, Bohdans gesetzliche Betreuerin in der Ukraine, vertritt. Der junge Mann sei glücklich und träume täglich davon, „in die Ukraine zu seinen Verwandten zu kommen“, so Bobrowska telefonisch zur Nachrichtenagentur AP.

Würde Jermochin Russland nicht verlassen, bestünde ihr zufolge die „reale Gefahr“, dass er nach seinem 18. Geburtstag am 19. November in die russische Armee eingezogen würde. Er habe bereits zwei Vorladungen von einem Einberufungsbüro erhalten, wo er im Dezember vorstellig werden solle.

Wie Jermochin wurden seit dem russischen Einmarsch am 24. Februar 2022 Tausende ukrainische Kinder und Jugendliche aus den besetzten Gebieten nach Russland verschleppt. Lwowa-Belowa hat behauptet, sie seien zu ihrer Sicherheit nach Russland gebracht und nicht entführt worden. Diese Darstellung wird von der internationalen Gemeinschaft weitgehend zurückgewiesen.

Lubinets zufolge wurden bislang insgesamt 386 Kinder aus Russland heimgeholt. „Die Ukraine wird so lange arbeiten, bis sie alle in ihre Heimat zurückgebracht hat“, betonte er. (ap)

Ukrainische Drohnen abgeschossen

Das russische Verteidigungsministerium meldet den Abschuss zwei ukrainischer Drohnen über der Region Moskau und der Region Smolensk im Westen nahe der Grenze zu Belarus. „Flugabwehreinheiten haben tödliche Drohnen über dem Gebiet von Smolensk und Moskau abgefangen“, teilt das Ministerium auf Telegram mit. Inoffizielle russische Telegram-Kanäle berichten von mindestens zwei Explosionen. (rtr)

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