Streit in der AfD Nordrhein-Westfalen: Junge Alternative spaltet AfD

Nach Einstufung der Jugendorganisation als „gesichert rechtsextrem“ brechen in der AfD alte Konflikte wieder auf. In Marl kommt es jetzt zum Showdown.

Logo der Jungen Alternative

Nach einem Urteil von Anfang Februar darf der Verfassungsschutz die JA als „gesichert extremistisch“ einstufen und beobachten Foto: dpa

BERLIN taz | Der Burgfrieden in der AfD ist vorbei. Seit nach den Correctiv-Enthüllungen über rechtsex­treme Vertreibungspläne bundesweit Millionen von Menschen auf die Straße gingen, um für Demokratie und Toleranz zu demonstrieren, stürzt die extrem rechte Partei in den Umfragen ab, und der Druck auf sie steigt. Dem AfD-Politiker Ulrich Siegmund, der bei dem Neonazi-Treffen in Potsdam dabei war, haben die übrigen Fraktionen im Landtag von Sachsen-Anhalt etwa den Vorsitz des Sozialausschusses entzogen.

Mit dem steigenden öffentlichen Druck brechen in der AfD auch alte Konflikte wieder auf – zwischen dem völkisch-nationalistischen Flügel um den Thüringer Landeschef Björn Höcke, der inzwischen die Partei dominiert, und den Resten der Meuthen-Fraktion, welche die Radikalisierung der AfD noch immer verharmlost.

In Nordrhein-Westfalen spitzt sich dieser Streit zu. Am Wochenende wählt der AfD-Landesverband eine neue Landesspitze. Umstritten ist der Umgang mit dem Parteinachwuchs der Jungen Alternative (JA). Nach einem Urteil von Anfang Februar gerichtlich bestätigt, darf sie der Verfassungsschutz als „gesichert extremistisch“ einstufen und beobachten. Das kommt nicht von ungefähr: Die JA ist seit ihrer Gründung ein extrem rechter Radikalisierungsmotor und Resonanzraum für völkische Reinheitsfantasien, die letztlich in verfassungswidrigen Vertreibungsplänen wie dem des Rechtsextremisten Martin Sellner münden.

Durch das Urteil erhält die Junge Alternative in NRW nun ordentlich Gegenwind. In einem gemeinsamen Schreiben der Kreisverbände Mettmann und des Bezirksverbandes Düsseldorf rufen deren Vorstände ihre Mitglieder dazu auf, die Junge Alternative zu verlassen: „Eine völkisch-ethnische Sichtweise ist einfach unhaltbar, da im Widerspruch zum Grundgesetz“, heißt es in dem „Mitgliederschreiben“. Seit 2019 hätte man intern festgestellt, dass Mitglieder und Funktionäre der JA diese Sichtweisen verbreiteten – mit einer „mehr und mehr radikalisierenden Sprache, die im Wesentlichen den Wunsch nach einem ‚ethnisch reinen deutschen Volk‘ offenbart.“

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„Diese Mitglieder entfernen“

Von der Jungen Alternative geht laut dem Schreiben aus Mettmann und Düsseldorf deshalb „eine ernste Gefahr für den Fortbestand und die Handlungsfähigkeit der Partei“ aus. Es drohe die Streichung der staatlichen Parteienfinanzierung oder gar ein Parteiverbot. Die Vorstände müssten genau hinschauen, wer sich mit extremistischen Positionen hervortue, und hätten die Pflicht, durch Parteiausschlussverfahren „diese Mitglieder aus der AfD zu entfernen“, so der dringende Appell. Auch wenn AfD-Landeschef Martin Vin­centz das bestreitet, gilt es in der Partei als offenes Geheimnis, dass die Verbände mit seinem Segen agieren.

In Nordrhein-Westfalen schart sich die Junge Alternative um den Bundestagsabgeordneten Matthias Helferich – ein Jurist, der sich selbst einmal als „freundliches Gesicht des NS“ bezeichnete und sich positiv auf den NS-Juristen Roland Freisler bezog. Helferich kündigte prompt seine Kandidatur für den AfD-Landesvorstand an: eine Kampfansage. Die Verfahren des Verfassungsschutzes gegen AfD und JA tut er als „rechtlich konstruiert“ ab. Er wolle kandidieren, „damit ängstliche Distanzierungsorgien der Vergangenheit angehören“. Auch Helferich hat Unterstützer – Ausgang des Konflikts ist offen.

Thüringens AfD-Landeschef Björn Höcke, mit Helferich verbündet, wurde kürzlich bei einem rechtsextremen Netzwerktreffen des Instituts für Staatspolitik noch deutlicher: „Alles, was in Richtung Abspaltung der JA geht, wird von mir den entschlossensten Widerstand erleben“, drohte Höcke. Man dürfe „keinen Jota zurückweichen“.

Auch in Baden-Württemberg brennt es. Dort ficht AfD-Chefin Alice Weidel einen Langzeit-Konflikt mit dem Flügel-nahen Bundestagsabgeordneten Dirk Spaniel aus. Auch hier stehen am Wochenende auf einem außerordentlichen Parteitag in Rottweil dazu Kampfabstimmungen an.

Gegen beide Parteitage ist Protest angekündigt. In Marl erwartet der DGB mehrere tausend Teilnehmer. Und auch in Rottweil ruft das Bündnis „Rottweil bleibt bunt“ zum Gegenprotest sowie zu einem Kultur- und Stadtfest auf.

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