Debatte über Schuldenbremse: Geld ausgeben! Für die Jugend!

Wenn der Bund kaum Schulden aufnimmt, investiert er nicht genug in Klimaschutz, Arbeitsplätze und Soziales. Darunter leiden die Generationen von morgen.

Junge Klimaaktivistin mit Demonstrationsschild "Wir sind junge und brauchen die Welt"

Protest für einen radikalen Klimawechsel Foto: Stefan Boness

CDU/CSU und FDP gerieren sich in der Debatte über die Schuldenbremse als Anwalt der Jugend. Sie suggerieren, dass wir ohne die rigide Begrenzung neuer Staatskredite unseren Kindern einen Schuldenberg hinterlassen würden, an dem sie zugrunde gingen. In Wirklichkeit ist es anders: Die Schuldenbremse schadet den Jungen. Deshalb muss sie entschärft oder abgeschafft werden.

Denn wenn Deutschland jetzt zu wenig in Klimaschutz investiert und international nicht mit gutem Beispiel vorangeht, wird die Erderwärmung noch stärker und der Schaden noch größer. Das werden nicht vor allem die heutigen, sondern die zukünftigen Generationen spüren. Und bezahlen müssen.

Unsere Kinder werden auch darunter leiden, dass Deutschland an Wettbewerbsfähigkeit verliert, etwa weil wir nicht genügend in unser Schienennetz investieren. Oder weil wir zu wenig dafür zahlen, Kinder aus der Armut zu holen, die sonst als Erwachsene von Sozialleistungen leben.

Natürlich sollte der Bund umweltschädliche Subventionen wie die Steuervergünstigungen für Dieselkraftstoff streichen. Aber das lässt sich nicht von heute auf morgen durchsetzen. Um nicht unnötig Arbeitsplätze zu verlieren, wären mitunter lange Übergangsfristen nötig. 60 Milliarden Euro oder mehr, die dem Bund infolge des Verfassungsgerichtsurteils zur Schuldenbremse fehlen, lassen sich nicht mal eben einsparen.

Nicht im Sinne der Generationen von morgen ist es auch, das verbliebene Tafelsilber des Bundes en masse zu verscherbeln und zu privatisieren. Die Beteiligung an der Deutschen Telekom zum Beispiel bringt dem Bund jedes Jahr rund eine Milliarde Euro Dividende und Einfluss auf einen wichtigen Teil der Infrastruktur.

Staatsschulden sind nichts Schlechtes

An neuen Krediten in erheblicher Höhe führt also kein Weg vorbei. Sie haben auch weniger Nachteile, als die Verfechter der Schuldenbremse glauben. Deutschland hat im internationalen Vergleich eine geringe Staatsschuldenquote: 2022 machten die staatlichen Kredite laut Bundes­finanzministerium rund 66 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. In Frankreich waren es 112, in den USA 123 und in Japan sogar 259 Prozent.

Keiner dieser Staaten wird diese Billionen jemals zurückzahlen können. Das ist kein Problem, solange die Länder den Schuldendienst leisten. Deutschland kann das. Selbst in diesem Jahr wird der Bund dem Finanzministerium zufolge nur rund 8 Prozent seiner gesamten Ausgaben für Zinsen aufwenden, obwohl die Sätze stark gestiegen sind. Um die Jahrtausendwende war es doppelt so viel – kollabiert ist der Staat dennoch nicht.

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Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.

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