Wohlstand in der Klimakrise: Ewige Expansion ist ausgeschlossen

Das Vermögen der Reichen wird immer weiter wachsen, prognostiziert eine Studie. Doch das könnte mit dem Klimawandel schwierig werden.

Startender Privatjet

Symbol des Reichtums und Ursache des Klimawandels: Privatjet am Flughafen Dortmund Foto: Imago/Joeran Steinsiek

Die reichsten Deutschen sind noch reicher geworden. Die beiden BMW-Erben besitzen jetzt gemeinsam 40,5 Milliarden Euro, Lidl-Gründer Dieter Schwarz kommt auf 39,5 Milliarden Euro, und die Pharma-Familie Merck verfügt über 32 Milliarden Euro. Insgesamt gibt es 226 Milliardäre in Deutschland.

Diese Zahlen stammen vom Manager Magazin, das jährlich die 500 reichsten Deutschen veröffentlicht. Es sind Schätzungen, denn niemand weiß genau, wer in Deutschland wie viel besitzt. Beim Thema Reichtum klafft ein schwarzes Loch – während über die Armen alles bekannt ist. Bei Bürgergeld-Empfängern wird im Zweifel sogar erkundet, wie viele Zahnbürsten im Badezimmer stehen.

Theoretisch wäre es einfach, die Vermögen zu erheben – durch eine Vermögensteuer, die den Besitz zu Marktpreisen bewertet. Aber eine derartige Steuer gab es noch nie in Deutschland, und derzeit wird Vermögen sowieso nicht besteuert.

Dieser Datenmangel ist im Interesse der Reichen, die liebend gern so tun, als wären sie gar nicht reich. Selbst Fürstin Gloria von Thurn und Taxis glaubt, dass sie zur Mittelschicht gehört, wie sie einst der Zeit erzählte.

Beim Adel ist es Geschäftsprinzip, das Vermögen zu vermachen. Doch längst gibt es auch bürgerliche Dynastien: Wie beim Manager Magazin klar zu erkennen ist, haben die reichsten Deutschen ihr Vermögen meist geerbt. Das gilt für die BMW-Eigentümer genauso wie für die Besitzer von Aldi Nord und Aldi Süd.

Sie alle genießen leistungsloses Einkommen, denn bekanntlich kann man sich seine Eltern nicht aussuchen. Es ist lustig, sich vorzustellen, wie echte Chancengleichheit in Deutschland aussehen würde: Die Familien Merck oder Henkel könnten sich vor Nachkommen gar nicht retten. Fast jeder würde sich um diesen Status bewerben.

Noch sind die meisten Reichen gelassen

Für die Reichen wirkt die Zukunft rosig. Die Schweizer Großbank UBS hat kürzlich geschätzt, dass das weltweite Finanzvermögen in den nächsten fünf Jahren um 38 Prozent zulegen dürfte. Das ist ein sehr sattes Wachstum, selbst wenn die Inflation herausgerechnet wird.

Diese Prognose dürfte halbwegs stimmen, weil sie nur die kurze Zeit bis 2027 betrachtet. Trotzdem irritiert die Bankstudie, da sie das größte Risiko ausblendet: die Klimakrise. Implizit wird davon ausgegangen, dass sich die Vergangenheit auf ewig in die Zukunft verlängern lässt und die Vermögenden immer vermögender werden.

Das wird nicht funktionieren. Denn nicht nur das Manager Magazin hat neue Rekorde beim Reichtum zu melden – gleichzeitig werden im Oktober Temperaturen wie sonst im Sommer gemessen: In München und Köln waren es vor wenigen Tagen zwischen 23 und 26 Grad, in Stuttgart war es sogar noch wärmer. Auch der häufige Starkregen diesen Sommer hat gezeigt: der Klimawandel passiert vor unserer Haustür.

Noch denken sie künftigt einfach in Klimatechnologien investieren zu können

Noch sind die meisten Reichen gelassen und glauben, sie könnten künftig grüne Renditen erwirtschaften, indem sie in Klimatechnologien investieren. Aber dieses grüne Wachstum ist eine Illusion. Schon jetzt tun die reichen Industrieländer so, als könnten sie drei bis fünf Planeten verbrauchen, obwohl es nur eine Erde gibt. Ewige Expansion ist ausgeschlossen.

Der reichste Mensch der Welt hat das längst verstanden. Elon Musk träumt davon, auf den Mars auszuwandern. Das ist nur konsequent. Auf der überlasteten Erde hat sein Imperium keine große Zukunft mehr.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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