Italiens Ministerpräsident in Berlin: Gemeinsam nach Nordafrika gucken
Angela Merkel hat Guiseppe Conte empfangen. Die Kanzlerin sicherte Italiens neuem Ministerpräsidenten Solidarität bei der Verteilung von Flüchtlingen zu.
BERLIN/MÜNCHEN afp |/dpa | Beim Antrittsbesuch des neuen italienischen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte am Montagabend sicherte Merkel Italien zu, das Land bei seinen Problemen mit Flüchtlingen zu unterstützen. Deutschland wolle Solidarität mit Italien üben, sagte Merkel. Dabei gehe es auch darum, inwieweit man das Flüchtlingsproblem bereits in Nordafrika, insbesondere in Libyen, angehen könne. Bei der dortigen Unterbringung etwa müsse man mit Flüchtlingsorganisationen wie dem UNHCR zusammenarbeiten. Möglicherweise könne man schon hier Asylanträge bearbeiten, deutete Merkel an.
Conte warb ebenfalls für mehr Solidarität der EU-Staaten bei der Verteilung von Flüchtlingen in Europa. Die Europäische Union müsse ihre Perspektive ändern, sagte Conte. Er forderte eine Neufassung des Dublin-Verfahrens, wonach ein Flüchtling grundsätzlich dort Asyl beantragen muss, wo er zuerst den Boden der EU betreten hat. Für viele der Ankömmlinge sind das die südlichen Länder mit EU-Außengrenzen, insbesondere Italien und Griechenland. Nötig sei ein solidarischeres System, sagte Conte. Er betonte, Italien schätze die finanzielle Hilfe Deutschlands bei den Versuchen zur Stabilisierung Libyens.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte am Montag beim Treffen mit Conte in Berlin, Italien sei eines der Länder, das „sehr viele Flüchtlinge als Ankunftsland aufnimmt“. Gemeinsam sollten Fragen beantwortet werden, wie eine stabile Regierung in Libyen erreicht oder wie die dortige Küstenwache besser ausgebildet werden könne.
Viele Flüchtlinge, die über das Mittelmeer in die EU gelangen wollen, stranden in dem Bürgerkriegsland Libyen, in dem Italien einst die Kolonialmacht war. Es müsse dafür Sorge getragen werden, wie die Flüchtlinge in Libyen besser untergebracht und ob dort „gegebenenfalls auch schon asylrechtliche Verfahren durchgeführt“ werden könnten, sagte Merkel. In diesen Fragen wollten Deutschland und Italien „sehr eng zusammenarbeiten“. Merkel fügte hinzu: „Wir wollen den Wunsch Italiens nach Solidarität unterstützen.“
Nach ihrem gemeinsamen Auftritt vor der Presse folgte ein gemeinsames Abendessen, bei dem die bilateralen Beziehungen sowie europapolitische und internationale Themen besprochen werden sollten. Der parteilose Conte führt in Rom eine Regierung aus der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung und der fremdenfeindlichen Lega. Zuletzt hatte sich die europäische Flüchtlingskrise erneut zugespitzt, als Italien die Aufnahme von 630 Flüchtlingen auf dem Schiff „Aquarius“ ablehnte.
Leser*innenkommentare
Eulenspiegel
"wie die dortige Küstenwache besser ausgebildet werden könne" : damit die Sklavenmärkte weiter versorgt bleiben, indem die Sklaven keinen Ausgang haben?
Ist "die Küstenwache in Libyen wie so vieles eine undurchsichtige Kreuzung aus offiziellen Ämtern und organisierter Kriminalität" (so: Sternonline https://www.stern.de/politik/ausland/fluechtlinge-in-libyen--die-beute-der-menschenhaendler-7607364.html
aus unreichender Ausbildung ?
Oder geht's darum, noch mehr EU Geld den Grenzwallwächtern zu geben, damit sie weiter und wirksamer gegen Rettungsbote (auch deutsche) eingreifen? https://sea-watch.org/die-menschen-schrien-um-ihr-leben-und-die-libysche-kuestenwache-tat-nichts/ https://www.welt.de/politik/ausland/article164460187/Deutsches-Rettungsboot-geraet-mit-libyscher-Kuestenwache-aneinander.html
oder noch:
"Boote der libyschen Küstenwache hatten am Rande der libyschen Küstengewässer wiederholt auf NGO-Schiffe geschossen. Die Küstenwache hatte die Schüsse damit erklärt, Kontrolle über die Rettungsaktionen behalten zu wollen. „
(https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2017/08/14/libysche-kuestenwache-feuert-schuesse-auf-ngo-schiffe-ab/)
Nicky Arnstein
Das Foto mit den beiden sich angrinsenden PolitikerInnen ist göttlich und verdient einen Preis! :) Es juckt einen förmlich, Sprechblasen drüber zu kritzeln.