Mögliche Absprachen der Autokonzerne: Ermittler prüfen Kartellvorwürfe
Selbstanzeige bei Daimler, Krisensitzung bei VW, Druck auf Dobrindt: Die Folgen der mutmaßlichen Absprachen der Autokonzerne sind noch längst nicht abzusehen.
HAMBURG/WOLFSBURG rtr/dpa | Nach dem Vorwurf eines möglichen Autokartells ruft Europas größter Autobauer Volkswagen außerplanmäßig seine Aufsichtsräte zusammen. Wie ein Sprecher von Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch am Montag auf Anfrage erklärte, hat Pötsch vor dem Hintergrund der aktuellen Lage kurzfristig zu einer außerordentlichen Sitzung des Kontrollgremiums eingeladen. Diese sei für Mittwoch angesetzt. Dem Vernehmen nach soll es am Mittwochnachmittag um die Kartellvorwürfe gehen, über die der Spiegel berichtet hatte.
Demnach sollen sich Vertreter von VW, Audi, Porsche, BMW und Daimler jahrelang in geheimen Zirkeln über ihre Fahrzeuge, Kosten, Zulieferer und auch den Umgang mit dem Thema Diesel-Abgase abgesprochen haben. Angeblich soll es Selbstanzeigen von Daimler und Volkswagen bei den Wettbewerbsbehörden geben.
Nach den Vorwürfen gegen deutsche Autokonzerne wegen rechtswidriger Absprachen denkt die Staatsanwaltschaft Braunschweig über eigene Untersuchungen nach. „Auch vor dem Hintergrund der aktuellen Berichterstattung werden wir prüfen, ob ein neues Ermittlungsverfahren einzuleiten ist oder ein bereits laufendes Verfahren rechtlich erweitert wird“, teilte eine Sprecherin der Ermittlungsbehörde am Montag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters mit. Die Prüfung werde einige Tage dauern.
Das Magazin Der Spiegel hatte berichtet, dass sich die fünf führenden Automarken – VW, Audi, Porsche, BMW und Mercedes-Benz – seit den 90er-Jahren in geheimen Arbeitskreisen über die Technik ihrer Fahrzeuge sowie Kosten, Zulieferer, Märkte und Strategien abgestimmt hätten. Die Braunschweiger Behörde ermittelt bereits seit fast zwei Jahren wegen des Abgasskandals bei Volkswagen. Wegen unterschiedlichere Delikte sind fünf Verfahren mit insgesamt 47 Beschuldigten anhängig.
Linkspartei nimmt Dobrindt ins Visier
Gegen die VW-Tochter Audi ermittelt im Dieselskandal die Münchner Staatsanwaltschaft. Anfang Juli war erstmals in Deutschland ein Ex-Manager festgenommen worden – wegen des Verdachts des Betrugs und der unlauteren Werbung. Zu den möglichen Folgen des Kartellverdachts gegen die fünf Autohersteller für die Ermittler in München äußerte sich die Behörde nicht.
Die Linkspartei nimmt nach den Vorwürfen Verkehrsminister Alexander Dobrindt ins Visier. Dobrindt und die Politik insgesamt müssten ihre Möglichkeiten zur Aufklärung nutzen, sagte Linken-Wirtschaftspolitiker Klaus Ernst am Montag im Deutschlandfunk. „Der Minister ist ja nun zuständig für das Wohlergehen der Bürger und nicht der Autokonzerne.“ Der CSU-Politiker habe schon beim Diesel-Skandal versagt. „Da ist es auch an der Zeit, dass Herr Dobrindt darüber nachdenkt, ob er da der richtige ist.“
Ernst beklagt, die deutsche Autoindustrie sei offenbar mit ihren vielfältigen Skandalen dabei, ihr eigenes Grab zu schaufeln. Wenn sich die erhobenen Vorwürfe rechtswidriger Absprachen bewahrheiteten, müsse das in Vorständen und Aufsichtsräten der beteiligten Firmen Konsequenzen haben. Wenn es Rechtsverletzungen von Managern gegeben habe, „dann sind Vorstände dran“. Auch müsse geprüft werden, ob die Aufsichtsräte ihren Aufgaben nachgekommen seien.
Leser*innenkommentare
Bodo Klimmek
Es fallen immer wieder die gleichen Namen ... Erst nur VW , dann VW und Audi, dann auch Porsche und und und... Im diesem neuen Skandal ist plötzlich Mercedes den Wolfsburgern zuvor gekommen ! Hmmmmm ... welch redliches , ehrliches und bespielhaftes Verhalten von jemandem der mit auf dem Flos sitzt das sich nur noch ein paar Meter entfernt vom Wasserfall befindet. Wenn es nach dem Gesetz geht, steht Dobrind am Ufer und wirft ein Seil rüber mit der Aufschrift : '' Nur Mercedes sonst lass ich los!'' ? Wünschenswert wäre wenn Dobrind endlich ausrutscht ! Schlimmer als das was die Autoindustrie derzeit anrichtet geht es nicht mehr .... Jählich ca. 10.000 Tote wegen Abgasen und nun auch noch Absprachen untereinander damit auch auf jedenfall die Gewinne erhöht werden können und Nieschenhersteller keine Chance am Markt haben ! Anders kann ich mir Marktkonzentrazion zu gunsten der drei Deutschen Herstellern in den letzten 30 Jahren nicht erklären! Nur drei Hersteller weil VW , Audi , Porsche , Seat und Scoda zusammen unter dem V.A.G. Dach sitzen und eh mit verwickelt sind.
4932 (Profil gelöscht)
Gast
Ich bin dafür, daß Mißbrauchsfälle in der Kirche von der Kirche bearbeitet werden, Beschwerden über die Polizei von der Polizei selbst bearbeitet werden und Vorfälle in der Kfz-Industrie direkt im Verkehrsministerium landen. Das hat den Vorteil, daß immer alles schön in der Familie bleibt und möglichst wenig nach außen dringt und die normale Justiz sehr stark entlastet wird.
33710 (Profil gelöscht)
Gast
https://www.zdf.de/comedy/die-anstalt/die-anstalt-vom-7-maerz-2017-100.html
Claus von Wagner (Die Anstalt) über Dobrindt und Autobranche
„Dobrindt organisiert die Kriminalität?“ schien manchem im März noch überspitzt…
zur ganzen Auto-Sendung in der ZDF Mediathek.