Szene-Streit um Gentechnikaussagen: Demeter lässt fünfe gerade sein
Der Bioverband spricht sich nach langem Zögern gegen die Bestrafung eines gentechnikfreundlichen Ökoforschers aus.
BERLIN taz | Nach anfänglichem Zögern hat der Ökobauernverband Demeter Rücktrittsforderungen gegen den Direktor des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (Fibl), Urs Niggli, zurückgewiesen. „Wir fordern keinen Rücktritt“, sagte Vorstandssprecher Alexander Gerber auf die Frage nach Konsequenzen aus Nigglis gentechnikfreundlichem Interview in der taz. „Wir haben Meinungsfreiheit“, so der Demeter-Chef weiter. Allerdings solle Niggli künftig klarer herausstellen, „dass er nicht für die Verbände, sondern als Wissenschaftler spricht“.
Mit seinen Äußerungen hatte sich Niggli in der Bio-Szene großen Ärger eingehandelt. Niggli hatte in dem Interview gesagt, die neue Gentechnikmethode „CRISPR/Cas hat großes Potenzial“, weil man damit Pflanzen einfacher und genauer verändern könne als mit früheren Gentech-Verfahren. Statt diese Technik generell abzulehnen, solle man „jede Anwendung einzeln bewerten“. Jene CRISPR/Cas-Pflanzen, in die keine artfremden Gene eingeführt wurden, müssten leichter zugelassen werden als Produkte der alten Gentechnik. Mit CRISPR/Cas könne man etwa Gene für Krankheitsanfälligkeit ausschalten. Das sei auch für den Biolandbau interessant.
Dem widerspricht Gerber: „Man kann auch nicht ein bisschen Atomkraft haben. Es gibt Inhalte, wo man sich einfach entscheiden muss.“ Durch CRISPR/Cas werde die Landwirtschaft weiter rationalisiert und intensiviert und „immer mehr als ein technisch manipulierbares System“ behandelt. „Genau das hat aber zu der heutigen Krise der konventionellen Landwirtschaft geführt.“
Statt mit CRISPR/Cas einzelne Krankheitsresistenzen in Pflanzen einzubauen, müsse die genetische Vielfalt der Sorten wieder gesteigert werden. „Sonst doktern wir wieder nur an den Symptomen herum.“ Außerdem sei nicht genau bekannt, welche Folgen CRISPR/Cas im Genom habe. Deshalb bestehe ein Risiko.
Das Fibl ist das wichtigste Forschungsinstitut für den Biolandbau weltweit. Es hat Standorte in der Schweiz, Deutschland und Österreich. Die Institution wird auch von den Bioverbänden finanziert.
Leser*innenkommentare
N Dy
Soso, wenn ein mit der Ökobewegung assoziierter Wissenschaftler eine Diskussion über den Nutzen einer neuen Technologie anstößt, ist es inkonsequent (fünfe gerade sein lassen), wenn die Person darüber nicht ihren Posten verliert?
Das hat Züge einer geschlossenen Ideologie, die nicht mehr nachdenkt, sondern nur blind folgt. Natürlich hat der Mann darüber nicht seinen Job zu verlieren, sein Einsatz für die Bio-Szene ist ja wohl nicht abzusprechen!
Gesunder Menschenverstand
Frechheit. Forscher hat eigenen Kopf, nutzt ihn zum denken und redet darüber ...
Es ist schon schwer mit der Meinungsfreiheit, insbesondere wenn es sich um Meinungen handelt, die im Widerspruch zur eigenen Meinung stehen.
Manni
während die Biolandwirtschaft Niggli kritisiert, müsste sie konsequenter Weise auch die mutagenen Hochertragsorten für die Biolandwirtschaft verbieten.
Da wurde ebenfalls manipuliert.
Manfred Stein
Bitte eine Verständnisfrage: Was sind mutagene Hochertragsorten? Als „mutagen“ werden äußere Einwirkungen (chemisch oder physikalisch) beschrieben, die Genmutationen oder Chromosomenaberrationen auslösen, also das Erbgut eines Organismus verändern.
Glauben Sie wirklich, dass Hochertragssorten Mutationen auslösen?
Lowandorder
Fünfe gerade sein lassen in eigener Sache -
Auch mal hübsch - wenn frauman die
Underline so schmunzelnd liest;)