Verdacht auf rechtsradikale Täter: Brand in Flüchtlingsunterkünften
In Bayern sind drei Gebäude, die Asylsuchenden als Wohnungen dienen sollten, in Brand geraten. An einer Wand wurde ein Hakenkreuz entdeckt.
HERSBRUCK/VORRA afp/dpa | In drei geplanten Flüchtlingsunterkünften in Bayern hat es in der Nacht zum Freitag gebrannt. Wie die Polizei in Hersbruck bei Nürnberg mitteilte, hatte eine Nachbarin am späten Donnerstagabend ein Feuer in einer leerstehenden Gaststätte in der mittelfränkischen Ortschaft Vorra bemerkt. Sie alarmierte die Feuerwehr, die die Flammen schnell löschen konnte.
In der Zwischenzeit wurden jedoch noch zwei weitere Feuer in einer Scheune mit Anbau und in einem leerstehenden Wohnhaus in unmittelbarer Nachbarschaft entdeckt. 150 Kräfte der Feuerwehr waren im Einsatz. Ein Feuerwehrmann wurde bei den Löscharbeiten verletzt.
Die drei Gebäude waren den Angaben zufolge umgebaut worden, um sie als Wohnheime für Asylbewerber zu nutzen. An einem der Gebäude wurden demnach Hakenkreuze und „fremdenfeindliche Schmierereien“ entdeckt. Der Staatsschutz ermittelt. „Es spricht einiges dafür, dass es sich um Brandstiftung handelt“, sagte am Freitag Polizeisprecher Robert Sandmann. Die Ermittler suchen nun nach Spuren und Zeugen. Bisher gebe es keine Hinweise auf den oder die Täter, sagte Sandmann.
Die Gebäude sind nach Angaben der Polizei vorerst nicht bewohnbar. Sie schätzt den Sachschaden auf bis zu 700.000 Euro.
Innenminister will Unterkünfte besser schützen
Anwohner und Politiker reagierten entrüstet. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) will die Sicherheitsmaßnahmen in anderen Flüchtlingseinrichtungen verschärfen. Er ergänzte: „Es ist ganz offensichtlich Brandstiftung und diese Hakenkreuzschmierereien lassen den Verdacht zu, dass es sich hier um rechtsradikale Täter handeln könnte.“
Auch Anwohner zeigten sich entsetzt. „Wir und andere Nachbarn haben uns auf die Ankunft der Asylbewerber gefreut“, sagte eine Frau. „Wir haben uns schon drauf vorbereitet, sie willkommen zu heißen.“ In den vergangenen Wochen habe sich im Dorf extra ein Unterstützerkreis gegründet. Die Bewohner seien froh gewesen, dass die seit Jahren leerstehenden Gebäude saniert und für die Flüchtlinge hergerichtet worden seien.
Europaministerin Beate Merk (CSU) unterstrich: „Wir dulden keine Ausländerfeindlichkeit oder Gewalt gegen Flüchtlinge. Deutschland steht für Flüchtlinge offen und bietet ihnen Schutz.“ Die Ministerin wies auf die negative Wirkung solcher Taten für das Bild Deutschlands in der Welt hin. „Deswegen müssen wir durch alle politischen und gesellschaftlichen Gruppen hindurch jetzt unmissverständlich deutlich machen: Deutschland ist ein weltoffenes, gastfreundliches Land, in dem für ausländerfeindliche Wirrköpfe kein Raum sein darf.“
Leser*innenkommentare
Rainer B.
Immerhin sind "rechtsradikale Täter" nach dem NSU auch offiziell schon im Bereich der denkbaren Möglichkeiten angekommen.
Nur gehen heute schon "ausländerfeindliche Wirrköpfe" zu Tausenden durch die Straßen und rekrutieren sich aus der bürgerlichen Mitte eines selbstreferenziellen "gesunden Menschenverstands". Mittlerweile muss man die Brandstifter und Hakenkreuzschmierer wohl auch da suchen. wenn man denn überhaupt jemals fündig werden will.
Dudel Karl
@Rainer B. In der Tat. Auch sollte man nicht den historischen Fakt außer Acht lassen, daß letztenendes solches Bevölkerungsspektrum das Fundament des Erfolgs der NSDAP bildete.
nzuli sana
Ich denke es ist jetzt dringend notwendig, auch Deutschkurse für Deutsche anzubieten.
Dudel Karl
@nzuli sana Allerdings. "Kein Asylat in Vorra" ist wohl Pegidisch.
Celsus
Aus der CSU kommen also Behauptungen, dass dort keine Ausländerfeindlichkeit geduldet werde? Gibt es denn bald Parteiausschlüsse für einige prominente CSU-Mitglieder, die sich wiederholt so geäußert haben, dass sie auf jeder Pegida-Demo bejubelt würden?
Nein. Die CSU sucht derzeit keinen Dialog mit verschiedenen Ausländergruppen. Die scuhe den Dialog mit dem Pegida-Umfeld. Mit ein wenig geistiger Brandstiftung lassen sich halt in Zukunft schwarz-braune Mehrheiten bilden. Denn machen wir uns nichts vor: Auch Stimmen aus dem linken Umfeld wird die AfD nach erfolgreicher geistiger Brandstiftung zum Teil holen.
Dudel Karl
@Celsus Linke schwenken nicht nach Rechts. Es trennt sich höchstens die Spreu vom Weizen.
Kaboom
Es ist seit Monaten klar, dass der toische Herrenmensch mal wieder beginnt, sich zu regen.
Die Zahl der Anschläge auf Asylbewerber-Unterkünfte ist dieses Jahr höher als letztes und vorletztes Jahr zuammen, es ist nur eine Frage der Zeit bis das wieder Menschenleben kostet.
lichtgestalt
@Age Krüger u.a.:
"Unterstelle (Politikern) nicht Böswilligkeit (Vorsatz), wenn Dummheit als Erklärung ausreicht."
http://de.wikipedia.org/wiki/Hanlon%E2%80%99s_Razor
Age Krüger
Das schließt sich doch nicht aus.
Auch bei Vorsatz muss man ziemlich dumm sein, um vorsätzlich so zu handeln. Evtl. noch dümmer als dumm.
mjh
Das bedingungslose Grundeinkommen muss einfach kommen! Leider scheinen die Menschen hierzulande nicht offen genug dafür zu sein.
An der immer stärker zunehmenden Angst vor "Überfremdung", vor allem auch in der bürgerlichen Mitte, ganz besonders aber an der stark ausgeprägten Islamophobie (die sich nicht zuletzt auch in zahlreichen Kommentaren von ach-so-toleranten "linken" TAZ-Lesern widerspiegelt), sind vor allem auch die Medien schuld. Dazu gibt es hier einen sehr guten Artikel:
http://lynxx-blog.blogspot.de/2011/08/verantwortung-der-medien.html
10236 (Profil gelöscht)
Gast
@mjh Der Zug fährt in eine andere Richtung. Nach der Durchschnaufpause mit Wohltaten aus dem sozialen Füllhorn formieren sich jetzt schon die Reihen derjenigen, die dann noch mehr Leistung, Privatvorsorge und weniger (Sozial-/Lohn)Kosten haben wollen. Jens Spahn im CDU-Präsidium, immer häfiger entsprechende Artikel, "Gutachten" und "Expertenmeinungen". Was man jetzt noch bräuchte, wäre eine kleine Wirtschaftskrise + eine Propagandatante wie damals die Christiansen und alle rufen: Jawoll, Agenda 2020! Oder 2025.
Incontinentia Popata
@mjh Die stärkste Angst vor Überfremdung (mit Moslems) und Islam, die ich in Deutschland je erlebt habe, geht von linken Exil-Iranern aus. Die haben gewisse Erfahrungen halt schon gemacht, die uns noch bevorstehen.
Dhimitry
@Incontinentia Popata Das ist mal ne sehr kreative Darstellung der Islam"kritik"...
Smaragd
Ich wiederhole es noch einmal: Vor zehn Jahren, bei den Hartz IV-Reformen, wurde davor gewarnt, dass die damit verbundene Unsicherheit und Angst vor Armut die Mittelschicht nationalistischer werden lässt. Wir sehen jetzt, wie das geschieht. Mangelhafte soziale Sicherungssysteme unterminieren den Zusammenhalt in der Gesellschaft und lassen Extremisten stärker werden. Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass die einfachen Arbeiter, auch die ungelernten, von ihrer Arbeit leben können, und dass die Arbeitslosen und langfristig Kranken mehr bekommen als Hartz IV.
Sonst werden hier wieder bewohnte Flüchtlingsheime brennen. Und irgendwann haben wir vielleicht sogar wieder einen Krieg. Wollen wir das wirklich? Wenn nicht, sollten wir jetzt gegensteuern. Und eben nicht Pegida nach dem Mund reden.
Dudel Karl
@Smaragd Hartz IV ist keine Entschuldigung für rassistische Gewalt.
Age Krüger
Was heißt denn: Es wurde davor gewarnt?
Es war imo eher das Ziel von rotgrün samt des Kapitals, durch Verarmung der Gesellschaft zu hoffen, dass sich diese nach rechts entwicklen wird und dann nicht mehr bemerkt wird, dass das Geld von unten nach oben verteilt wurde und nicht etwa, wie die heutigen Idioten das meinen von einem Arbeitslosen zu einem Asylbewerber.
Wenn man nicht gleichzeitig Bildung anbietet, wird sich irgendein Mob immer finden, der sich die Schuldigen nach rassistischen Gründen aussucht. Und das war mit Sicherheit mehr intendiert als dass sich die Menschen revolutionär gegen das Kapital und dessen Brückenköpfe, also die Politiker, richten würde.
970 (Profil gelöscht)
Gast
Wahre Worte, doch sie bleiben ungehört - mich erinnert das alles so verdammt an "Scheinasylanten"...
Empfehlenswert, wenn man wissen möchte, wie Politik in Deutschland funktioniert: http://de.wikipedia.org/wiki/Asyldebatte#Das_Asylrecht_in_der_Bundesrepublik_bis_1992