Staatskonzern in Dauerkrise: Wie die Bahn sich selbst kleinmacht

Der Kurs der Deutschen Bahn stößt bei fast allen Experten auf Unverständnis. Nun übt selbst die Bundesregierung harsche Kritik.

Bahnanzeige mit Verspätungen

Gewohntes Bild: 50 bis 90 Minuten Verspätung Foto: reuters

BERLIN taz | Auch wenn der DB-Vorstand wie gefordert im März ein Strategiepapier für die Neuausrichtung des Konzerns vorlegt, wird es bei den großen Problemen der Bahn bleiben. Davon ist der Bahnexperte Uwe Höft von der Technischen Hochschule Brandenburg überzeugt. „Die Verantwortlichen denken viel zu klein“, sagte er. Nötig sei stattdessen ein „Big Think“, eine große Idee.

Am Wochenende hatte Enak Ferlemann (CDU), Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium und Beauftragter der Bundesregierung für den Schienenverkehr, den Bahn-Vorstand in einem Interview heftig attackiert. „Wir sind besorgt darüber, wie der DB-Vorstand das System Bahn fährt. Mit der Leistung kann man nicht zufrieden sein“, sagte er. Die Bahn brauche eine Neustrukturierung. Bis März werde der Bahn-Vorstand ein entsprechendes Konzept vorlegen.

Bahnexperte Höft findet das einen „merkwürdigen Hilfeschrei“. „Der Bund könnte als Eigentümer der Bahn viel mehr Einfluss nehmen, als er es macht“, sagte er. Höft erwartet von dem geforderten Strategiepapier nicht viel. „Bei der Bahn wird viel zu zaghaft gedacht“, sagte er. Beispiel Oberleitungen: Statt langjährige Kosten-Nutzen-Rechnungen über die Rentabilität auf der jeweiligen Strecke anzustellen, müsse der Bau vorangetrieben werden. Denn die Oberleitung ersetze Dieselloks und sei auf jeden Fall eine wichtige Modernisierung.

„Es muss richtig, richtig Geld in die Hand genommen werden“, sagte Höft. Der Modernisierungsstau sei gewaltig, das Streckennetz müsse optimiert, Ausweichstrecken müssten eingerichtet und innovative Sicherungssysteme wie das European Train Control System (ETCS) breitflächig installiert werden. Doch die Bereitschaft dazu fehlt im Verkehrsministerium. „Man hat noch nicht begriffen, dass man vom Klein-Klein wegmuss“, sagte er. Die großen Themen wie das Klima, bei dem der Verkehrsbereich gewaltig hinterherhinke, gingen unter.

Stattdessen dominiert noch immer die Konzentration auf das Auto. Das kritisiert auch Matthias Kurzeck vom ökologischen Verkehrsclub Deutschland (VCD). Die Ausbauplanung im Haushalt des Bundes für 2019 sehe für die Schiene ein Plus von 4 Prozent vor, die der Straße 56 Prozent. „So gelingt die Verkehrswende nicht“, sagte er. Neben Geldmangel sieht Kurzeck gravierende interne Probleme bei der Bahn. „Das ist ein Riesenkonzern, der übersichtlicher geordnet werden muss“, sagte er. Entscheidungen müssten stärker in die Regionen verlagert werden. Auch dass sich offenbar die erste und zweite Managementebene kräftig beharken, statt zu kooperieren. „Es muss besser zusammenlaufen“, sagte er. In diesem Sinne setze der VCD durchaus Hoffnung in das für März erwartete Strategiepapier des Vorstands.

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