Schulz soll SPD-Kandidat werden: Lob von den Jusos
Den Wechsel der Kanzlerkandidaten in der SPD finden die Jusos gut. Die Union hält sich zurück – bis auf Jens Spahn, der diesen als „Sturzgeburt“ bezeichnet.
BERLIN/BADEN-BADEN dpa/afp | Dass der frühere EU-Parlamentschef Martin Schulz SPD-Kanzlerkandidat werden soll, ist auf ein geteiltes Echo gestoßen. Die Nachricht wurde in den eigenen Reihen positiv aufgenommen. „Glückwunsch Martin Schulz! Unsere Unterstützung hast Du“, sagte Hannelore Kraft, NRW-Ministerpräsidentin und stellvertretende SPD-Vorsitzende. Dabei war Kraft, die Mitte Mai eine Landtagswahl zu bestehen hat, lange Zeit für Gabriel gewesen.
Juso-Chefin Johanna Uekermann lobte Schulz in dem Sender SWR-info als „der richtige Kandidat in der jetzigen Zeit“. „Er ist jemand, der immer sehr klar dem Rechtspopulismus in ganz Europa eine Absage erteilt hat, und er ist ein engagierter Wahlkämpfer. Der kann auf jeden Fall Merkel schlagen.“
Sie sei überzeugt davon, dass Schulz im Wahlkampf die Themen der jüngeren Generation aufgreifen werde, sagte Uekermann: „Wir haben ihn erlebt im Europawahlkampf und wir haben dort auch gesehen, dass er die Themen auf dem Schirm hat, die junge Leute umtreiben.“ Das sei in Europa die Jugendarbeitslosigkeit und das sei in Deutschland bessere Bezahlung für Auszubildende, bezahlbarer Wohnraum. „Ich denke, er wird auch auf diese Themen setzen. Wir werden das auf jeden Fall von ihm einfordern.“
Die Union hielt sich zunächst zurück. Kanzlerin Angela Merkel sagte gar nichts, CSU-Chef Horst Seehofer warnte die eigenen Leute, dass es jetzt nicht einfacher geworden sei: „Eigentore dürfen keine passieren, jetzt noch weniger.“ CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn bezeichnete bei SWR-Info den Wechsel in der SPD als „Sturzgeburt“. Ein Anlass zum Strategiewechsel bei der Union gebe es deswegen aber nicht.
Grüne, Linke und die FDP reagierten verhalten, die AfD negativ. Die AfD-Vorsitzende Frauke Petry bezeichnete Schulz auf Twitter als „Symbol für EU-Bürokratie und ein tief gespaltenes Europa“.
Kämpferisch gegen Populisten
Schulz gab sich kämpferisch. „Dieses Land braucht in diesen schwierigen Zeiten eine neue Führung“, sagte er am Dienstagabend bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Gabriel. „Die SPD hat den Führungsanspruch in diesem Land.“ Allerdings liegen die Sozialdemokraten in Umfragen weit abgeschlagen hinter der Union von Kanzlerin Angela Merkel (CDU).
Schulz kündigte eine harte Auseinandersetzung mit Populisten und Extremisten an: „Ich sage in dieser auseinander driftenden Gesellschaft allen Populisten und den extremistischen Feinden unserer Demokratie und unserer pluralen Werteordnung hier entschieden den Kampf an.“ Er fügte hinzu: „Mit mir wird es kein Bashing gegen Europa geben. Mit mir wird es keine Hatz gegen Minderheiten geben.“ Schulz war seit 1994 im Europaparlament und zuletzt dessen Präsident. Bundesfamilienministerin und SPD-Vizechefin Manuela Schwesig sagte der Rheinischen Post: „Mit ihm haben wir die Möglichkeit, einen engagierten, lebendigen Wahlkampf zu führen. Einen Wahlkampf für Gerechtigkeit“.
Die AfD-Vorsitzende Frauke Petry bezeichnete Schulz auf Twitter hingegen als „Symbol für EU-Bürokratie und ein tief gespaltenes Europa„. FDP-Chef Christian Lindner äußerte Kritik am Rückzug Gabriels, der viele unerledigte „Baustellen“ hinterlasse. Die Fraktionsvorsitzende der Linken, Sahra Wagenknecht, betonte, ihre Partei werde Schulz an seinen Taten messen. Die Grünen zeigten sich vorsichtig positiv.
Nachdem Gabriel Schulz in der SPD-Fraktionssitzung vorgeschlagen hatte, nominierte das SPD-Präsidium den 61-Jährigen einstimmig als Herausforderer von Merkel und künftigen Vorsitzenden. „Es kann sein, dass ich die besten Chancen habe, für die SPD die Bundestagswahl zu gewinnen. Und das ist genau der Grund, warum ich diese Aufgabe übernehme“, sagte Schulz.
Gabriel als Außenminister
Auch Gabriel erklärte, er habe Schulz den Vortritt gelassen, „weil er die besseren Chancen hat. Das liegt auf der Hand“. Schulz erhält seit Wochen in den Umfragen wesentlich bessere Werte als Gabriel. „Er ist jemand, der Brücken bauen kann, der Menschen zusammenführt.“ Dass er und Schulz befreundet seien, sei wichtig, aber nicht ausschlaggebend gewesen, sagte Gabriel und bezeichnete Schulz als „großen Sozialdemokraten“.
Der 57-jährige Gabriel will nun Außenminister werden und Vizekanzler bleiben. Die frühere Justizministerin Brigitte Zypries (63) soll seine Nachfolgerin an der Spitze des Wirtschaftsressorts werden. Schulz soll wahrscheinlich im März auf einem vorgezogenen Parteitag zum SPD-Chef gewählt werden und dann Kanzlerin Merkel bei der Bundestagswahl am 24. September herausfordern. Gabriel war dann siebeneinhalb Jahre SPD-Vorsitzender.
Das Kabinett wird voraussichtlich noch in dieser Woche umgebildet. Schon am Freitag könnten Gabriel und Zypries vereidigt werden. Der bisherige Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) tritt am 12. Februar bei der Bundespräsidentenwahl als Kandidat der großen Koalition an – an seiner Wahl gibt es keinen Zweifel.
Leser*innenkommentare
Gion
Endlich mal wieder ein Rheinländer als Kanzler. Diesmal aber nicht so ein verknittert-konservativer Rosen- und Soldatenzüchter aus Rhöndorf. Sondern einer aus Würselen.
Schulz und/versus Trump. Das könnte klappen.
571 (Profil gelöscht)
Gast
Endlich!
Würselen ist seit einem Tag bereits über seine Ortsgrenzen hinaus bekannt!!
571 (Profil gelöscht)
Gast
Erstaunlich, wer da alles nach seiner/ihrer Meinung gefragt wurde.
Seehofer, Spahn!, Petry!!, Lindner!!!, ...
Kanzlerin Merkel schweigt dazu. Sehr gut, der Wahlkampf kann ja warten...
IL WU
@571 (Profil gelöscht) Sie meinen die Wahlshow. Bei einem Wahlkampf könnte man ja meinen, es ginge am Ende um einen Politikwechsel.