Rechte Montagsdemo in Berlin: Revisionistische Friedensengel

Sie wollen weder rechts noch links sein: Ex-Linke, Verschwörungstheoretiker und NPD-Kader kommen im Namen des Friedens zusammen.

Prominenter Kundgebungsteilnehmer: der NPD-Landesvorsitzende Sebastian Schmidtke. Bild: imago/christian mang

BERLIN taz | Mit Frieden hatte die Kundgebung der „Friedensbewegung 2014“ in Berlin nichts zu tun. Zwar wurden an die gut 1.500 Teilnehmer, die sich am Montagabend auf dem Potsdamer Platz eingefunden hatten, Aufkleber mit der Friedenstaube verteilt. Doch eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Thematik entfiel weitestgehend.

Dafür waren die Redner, die aus einem improvisierten Partyzelt durch ein krächzendes Mikrofon zur Menge sprachen, zu sehr mit sich selbst beschäftigt, zu sehr arbeiteten sie sich an den angeblichen Lügen und Unterstellungen der Mainstream-Medien ab.

Montagsdemo-Initiator Lars Mährholz hatte für die ambitionierte Aufgabe, die rechten Tendenzen seiner Bewegung zu negieren, deren Spitzenpersonal geladen. Neben ihm traten Compact-Herausgeber Jürgen Elsässer und Verschwörungstheoretiker Andreas Popp auf, im Publikum befand sich der ehemalige RBB-Moderator Ken Jebsen.

Mährholz selbst gab die zentralen Botschaften des Abends vor. Die eine war, dass es „Bullshit“ sei, dass seine Bewegung dem rechten Spektrum entspringe und in diesen Gewässern fische. Dass sie bald etwas verändern werde, mit Millionen von Menschen, europaweit, war die andere.

Kleinster gemeinsamer Nenner

Ungeduld im Publikum war angesichts der fehlenden Inhalte und konkreten Forderungen nicht auszumachen. Stattdessen erfreuten sich die überwiegend männlichen Teilnehmer am selbstbeschwörenden Mantra ihrer männlichen Vordenker: Man stehe hier zusammen, weil man durchschaut habe, was schief laufe.

Die Schlagworte dieses Mantras lauten: 3. Weltkrieg, Ukraine, Propaganda-Medien, Milliardäre, FED. Übersetzt: Die US-Notenbank wird von den reichsten Menschen der Welt dazu benutzt, Kriege zu führen – und die nicht-souveräne Bundesrepublik und ihre Medien unterstützen sie dabei. So vielfältig, sich das Publikum zusammensetzte: Auf diese Behauptung dürften sich die meisten der Anwesenden einigen können.

Darüber hinaus versuchten viele der Anwesenden, andere Teilnehmer von ihren jeweiligen kruden Ideen zu überzeugen. So schritt durch die die Reihen eine junge Frau mit einem Flugblatt, dass die Deutschen als „staatenlos“ bezeichnet, weil das NS-Staatsangehörigkeitsrecht angeblich erst 2010 außer Kraft gesetzt wurde – aber nicht durch ein neues Gesetz ersetzt. Andere forderten auf ihren Schildern und Transparenten „USA go home“ oder „Wahrheit statt alliierter Geschichtsschreibung“.

Weder rechts noch links

Als Rechte oder gar Faschisten versteht sich die überwiegende Mehrheit der Montagsdemonstranten trotzdem nicht – das Selbstverständnis ist ein anderes. Viel Zustimmung erhielt etwa der Ex-Linke Elsässer, der den Großteil seiner Redezeit darauf verwendete, den Gegensatz zwischen links und rechts als überholt darzustellen. Beides seien „alte Kategorien“, die heute keinen Wert mehr besäßen. Wie er am Ende darauf kam, sich und die Anwesenden als die „wahren Antifaschisten“ zu bezeichnen, blieb dabei ein Rätsel.

Befremden wird Elsässer mit seiner Behauptung beim Berliner NPD-Vorsitzenden Sebastian Schmidtke ausgelöst haben. Dieser hatte sich zusammen mit „Ring Nationaler Frauen“-Aktivistin Maria Fank und einer Handvoll weiterer rechter Kader ins Publikum gemischt.

Doch die „Friedensaktivisten“ ziehen nicht nur Rechte an. Anwesend und von Andreas Popp als Sympathisantin hervorgehoben war auch Sonja Karas, Mitglied des Landesvorstandes der Grünen in Brandenburg. Dort hat ihr Auftritt bei den Verschwörungstheoretikern am Dienstag zu einiger Aufregung geführt.

Man versuche die Sache aufzuklären, sagte Simon Zunk, zuständig für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in der Landesgeschäftsstelle der Partei gegenüber der taz. Die Bewegung halte man für „gefährlich, geschichtsrevisionistisch und höchst fremdenfeindlich“. „Wir unterstützen das keinesfalls“, so Zunk.

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