Taipeh von einem Berg aus gesehen, am rechten Bildrand steht Tobie Openshwa und deutet auf die Stadt

Foto: Achim Frank Schmidt

Prepper in Taiwan:Gebrauchsanleitung für einen Krieg

Was passiert, wenn China Taiwan angreift? Tobie Openshaw ist bis ins Detail vorbereitet auf jedes Szenario in einer sehr realen Bedrohungslage.

Ein Artikel von

15.12.2023, 15:53  Uhr

Tobie Openshaw ist ein Harmoniezerstörer. Das wird bereits klar, als er mit seinem Land Rover durch den Yangmingshan-Nationalpark ruckelt, vorbei an Wasserfällen, rosa-weiß blühenden Kirschbäumen und Senioren mit Hüten und Walking-Stöcken, die in der Mittagssonne den Qixing-Berg im Norden Taipehs besteigen. Openshaw, ein 60-jähriger Mann in olivgrüner Hose und khakibraunem Hemd, sitzt am Steuer seines Wagens, der vollgepackt ist mit Seilen, Walkie-Talkies, Erste-Hilfe-Kits und Dosenfutter. „Hierhin würde ich zu Fuß fliehen, wenn mein Auto kaputt wäre“, sagt Openshaw nüchtern und hält in einer Parkbucht an der Serpentinenstraße.

Taiwans Hauptstadt wirkt von hier oben wie eine Ameisenkolonie – selbst der 581 Meter hohe Taipei 101, das einst höchste Gebäude der Welt, ist zur Größe eines Lego-Turms geschrumpft. „Von meinem Haus aus wären das etwa acht Stunden zu Fuß. Mit Gepäck. Ein guter Platz, wenn man sehen will, wo in Taipeh die Raketen einschlagen.“

Openshaw, ein Filmemacher aus Südafrika, lebt seit 25 Jahren in Taiwan. Und er spricht aus, was auf der Insel keiner hören will. „Es macht keinen Spaß darüber nachzudenken, aber: China macht kein Geheimnis daraus, Taiwan in naher Zukunft angreifen zu wollen.“

Viele Taiwaner lassen Pekings Kampfjets in der Taiwanstraße unbeeindruckt, man ist mit militärischen Provokationen aufgewachsen. Tobie Openshaw sagt, er könne zwar nicht in den Kopf von Chinas Staatschef Xi Jinping schauen, „aber ich denke, es ist möglich, dass China bis 2027 angreifen wird“.

Wenn China morgen angreift

Bis 2027 soll die Volksbefreiungsarme für eine Invasion bereit sein, hatte der Xi angeordnet. Dann nämlich feiert die Armee ihren 100. Geburtstag. Auch das Ministerium des deutschen Wirtschaftsministers Robert Habeck rechnet mit dieser Deadline in einem Strategiepapier. Tobie Openshaw ist schon jetzt bereit. Würde Peking morgen angreifen, sein Rucksack ist gepackt.

Ein schwarzer Militärrucksack, mit zig Reißverschlüssen, 15 Kilo schwer: Openshaw breitet den Inhalt auf einer Camouflage-Decke aus. Landkarte, Tütensuppen, Satellitentelefone, Taschenlampe, Solarpanel, Stromgenerator, Gaskocher, Bargeld, Jodtabletten gegen Radioaktivität, nur für den Fall.

Tobie Openshaw sitzt auf der Ladefläche seines Autos

Tobie Openshaw ist Südafrikaner und lebt seit 25 Jahren in Taiwan Foto: Achim Frank Schmidt

In sein Erste-Hilfe-Set hat er spezielle Druckverbände für Schusswunden gepackt. Openshaw ist nicht nur für den Krieg vorbereitet, auch für Erdbeben und Taifune. „Ich will nicht wirken wie einer dieser verrückten Prepper aus den USA“, sagt er. „Ich rechne mit realen Katastrophen, nicht mit Zombie-Apokalypsen.“ Und doch: Wenn Taiwan von Zombies angegriffen würde, sollte man möglicherweise Openshaw und seinem Desaster-Plan folgen.

Ein Plan, an dem der Südafrikaner seit seinem 13. Lebensjahr tüftelt. „Ich habe damals ein Buch gelesen, da ging es um einen weißen Jungen in Südafrika, der seinen Eltern verloren gegangen ist. Er baute sich einen Bogen, ging jagen, machte sich ein Lagerfeuer. Und irgendwie überlebte er“, erinnert sich Openshaw. „So etwas wollte ich auch können. Ich wollte immer auf den Worst Case vorbereitet sein.“

Seine ersten Survival-Kits stellte Openshaw als Teenager zusammen – „als Hobby, Jungs haben in diesem Alter oft ein Faible für Walkie-Talkies und Taschenmesser“, sagt er. Open­shaw erzählt, wie er während der Apartheid-Jahre in Südafrika aufwuchs. Später habe er in Namibia gelebt, „ein Wüstenstaat – natürlich brauche ich da ein Notfallkit, falls mein Auto liegen bleibt“.

Gesellschaft ist das Wichtigste

Openshaw sagt, er plane übrigens nicht, allein im Regenwald von Taiwan in einem Kriegsszenario zu überleben, Feuer zu machen und mit Pfeil und Bogen zu jagen. Im Falle eines chinesischen Angriffs wolle er als Filmemacher und Journalist berichten, sagt er. Und er möchte anderen Menschen mit seinen Überlebenskits und Erste-Hilfe-Fähigkeiten helfen. „Im Notfall ist das Wichtigste, dass eine Gesellschaft zusammenhält, sich gegenseitig hilft.“ Openshaw betreibt bereits eine Facebook-Gruppe, in der er Katastrophen-Tipps mit anderen Nutzern teilt. Sie hat fast 300 Mitglieder.

Openshaw greift in das Handschuhfach seines Landrovers, faltet ein paar zusammengetackerte DIN-A4-Blätter auseinander und setzt seine schwarze Brille auf. „Bug in, bug out – bu**er off“, steht auf der ersten Seite – was so viel bedeutet wie: Deckung suchen, fliehen – sich verpissen.

„Ich bereite mich auf drei Fälle vor“, erklärt Openshaw. „Fall eins: Es kommt zum Krieg in der Taiwanstraße, aber meine Nachbarschaft ist sicher. In meinem Haus gibt es noch immer Elektrizität und Wasser. Dann bleibe ich und versuche, anderen zu helfen, die in größerer Gefahr sind.“ Openshaw rückt seine Kappe zurecht und blättert eine Seite weiter. „Fall zwei: Meine unmittelbare Umgebung ist bedroht, in meinem Haus ist es nicht mehr sicher. Dann fliehe ich in meine Hütte in den Bergen.“ Er zieht die Augenbrauen hoch. „Fall drei halte ich für sehr unwahrscheinlich: Chinesische Bodentruppen betreten Taiwan und die ganze Insel ist nicht mehr sicher.“ Open­shaw räuspert sich kurz. „Dann werde ich versuchen, von der Insel zu kommen, wenn es irgendwie möglich ist.“

Openshaw schläft mit Schuhen neben dem Bett, damit er im Ernstfall nicht über Scherben laufen muss

Es ist eine 30 Seiten lange Schritt-für-Schritt-Anleitung, eine Gebrauchsanweisung für den Krieg. Bleibt für die Evakuierung nur noch eine Minute? Handy, Schuhe, eine Hose, eine Jacke und eventuell die Brille einpacken – und natürlich den Notfallrucksack. Bleibt eine Stunde Zeit? Dann die Familienmitglieder anrufen, den Kühlschrank leeren, Laptop, Kleidung, Dokumente und Lebensmittel einpacken. Hat man mehrere Tage Zeit, um zu fliehen? Dann alle Akkus aufladen, Apps updaten, je zwei Kanister mit Benzin und Wasser füllen, und: „richten Sie schon mal Ihr Quartier ein“.

Openshaw hat auf 30 Seiten jedes erdenkliche Szenario beschrieben. Dazu Listen erstellt: mit Kleidungsanweisungen für kaltes und warmes Wetter, Notfall-Telefonnummern, Koordinaten von U-Bahn-Stationen und Luftschutzkellern, mit Camping-Equipment. „Ich habe nicht vor, mich mit einem Zelt im Wald zu verstecken“, stellt Openshaw klar, „aber ich will drauf vorbereitet sein.“ Es sei wie mit dem Warndreieck im Kofferraum, meint er. „Im besten Fall braucht man es nicht, und trotzdem hat man es immer dabei.“

Das Funkgerät, das auf dem Dach des Land Rovers Kanäle scannt, hat er nicht immer dabei. Auch das scharfe Klappmesser hat er nur zur Demonstration mitgebracht. „Damit kann ich Steak schneiden, mir den Weg im Wald freischlagen, mich rasieren“, sagt er und fährt mit der Klinge über seinen Unterarm. Open­shaw pustet die abgeschnittenen Härchen in den Wind, ein paar Tropfen Blut treten aus einer kleinen Schnittwunde. Macht nichts. „Seien wir ehrlich, das meiste Zeug werde ich nie wirklich brauchen“, sagt er und grinst, „es ist nur cool, es zu haben.“ Dann wird er wieder ernst. “ Aber ein paar einfache Dinge können Leben retten. Ich spreche aus Erfahrung.“

Openshaw spricht vom Jiji-Erdbeben. Als am 21. September 1999 Taiwan bebte, wohnte er im zehnten Stock eines Wohnhauses in Taoyuan, einer Stadt im Nordwesten der Insel. „Das Gebäude schwankte so stark, dass sich unser Bett von der Wand einen Meter bewegte“, erinnert er sich. „Wir zogen den Kindern Jacke und Schuhe an, brachten sie das Treppenhaus hinunter und packten sie ins Auto. Dann fuhren wir ziellos durch die Gegend, weil wir dachten, in unserer Wohnung sei es nicht sicher.“

Openshaw und seine Familie hatten Glück: Das Gebäude blieb stehen, lediglich die Gas- und Wasserversorgung war zwei Wochen lang unterbrochen. Nur wenige Kilometer weiter südlich hingegen waren Menschen unter ihren Häusern begraben. 2.415 Menschen starben bei dem Beben, mehr als 100.000 wurden obdachlos.

„Viele Menschen saßen tagelang in Gebäuden fest. Stellen Sie sich vor, Sie wachen auf und das Haus stürzt ein. Möbel und lose Gegenstände rutschen umher, Sie sind in einem ungünstigen Winkel gefangen und haben nur die Sachen neben Ihrem Bett zur Hand.“ Openshaw hält kurz inne. „Vielleicht sind Sie verletzt. Sie wissen, es kann Stunden oder Tage dauern, bis Rettungskräfte Sie finden. Was sollten Sie griffbereit haben, das Sie am Leben hält?“

Peking schickt fast täglich Kampfjets über die Meerenge von Taiwan, es ist eine militärische Provokation

Es gibt keine Nacht, in der Tobie Openshaw und seine Frau nicht ein paar Schuhe neben ihrem Bett stehen haben – damit sie im Ernstfall nicht über Scherben laufen müssen. Auch im Büro hat er stets einen Notfallrucksack gepackt. Als Journalist filmte er in Japan während der AKW-Katastrophe von Fukushima im Jahr 2011. „Telefone waren ausgefallen, genauso wie die U-Bahn. Ich hatte Kollegen in Tokio, die von ihrem Büro aus fünf Stunden nach Hause gelaufen sind – mit ungeeigneten Schuhen und viel zu dünner Kleidung.“

Manchmal hielten ihn die Menschen in Taiwan für paranoid, wenn er ihnen von seinen Sicherheitsvorkehrungen erzähle, sagt Openshaw. „Aber dann sehe ich in ihren Augen, wie sie sich fragen: Sollte ich mich auch besser vorbereiten?“ Noch nie habe ihn jemand verrückt genannt. „Warum auch? Jeder kann sich an diese Katastrophen erinnern.“ Und dann sind da die chinesischen Kampfjets. Peking schickt sie fast täglich in die Taiwanstraße, eine militärische Provokation.

Nützliche Dinge auf einer Decke mit Tarnfleckmuster

Ein Rucksack für alle Fälle: Openshaws Survival Kit Foto: Achim Frank Schmidt

Am Himmel ist die Bedrohung sichtbar. Nicht nur Openshaw ist alarmiert. An der Kuma Academy, einer Zivilorganisation, üben bereits jetzt zahlreiche Taiwaner den Krieg: In Workshops werden Erste-Hilfe-Kurse angeboten und Evakuierungen simuliert. „Wenn man wirklich erreichen möchte, dass Menschen für den Krieg vorbereitet sind, muss man sie Schritt für Schritt heranführen“, sagt Puma Shen, Gründer der Kuma Academy.

„Das fängt bei der Informationsbeschaffung an – ich denke, die wenigsten Menschen wissen, was China vorhat, welchen Nutzen Xi Jinping von einem Angriff hätte. Die Medien und die Regierung müssen die Öffentlichkeit eindringlicher warnen, dass es zu einem Krieg kommen könnte – und dass man sich darauf vorbereiten sollte.“

Für den Zivilschutz ist in Taiwan offiziell die Nationale Polizeibehörde zuständig – zudem gibt es rund 420.000 Freiwillige, die in Zusammenarbeit mit der Polizei für den Katastrophenfall trainieren. Ihre Übungen haben sich in diesem Jahr immer mehr auf ein mögliches Kriegs-Szenario fokussiert. Nur noch rund 30 Prozent der Trainingseinheiten bereiten die Helfer auf Naturkatastrophen vor. In den vergangenen Jahren lag das Verhältnis noch bei 50:50.

Eine besonders wichtige Rolle spielen Schutzräume. Laut der taiwanischen Regierung verfügt der Inselstaat über 105.000 Bunker, die mehr als 86 Millionen Menschen aufnehmen können – fast viermal mehr, als auf der Insel leben. Im Netz sind die einzelnen Schutzräume auf einer Karte eingezeichnet. Bei vielen handelt es sich allerdings lediglich um Keller von gewöhnlichen Privathäusern, die zwar erdbeben-, aber nicht unbedingt bombensicher sind.

Einem Bericht der Taipei Times zufolge wissen viele Hauseigentümer nicht einmal, dass sie im Katastrophenfall ihren Keller zur Verfügung stellen müssen. Demnach ist der Zivilschutz zwar gesetzlich in der Verteidigungsstrategie Taiwans festgehalten, aber noch nicht in den Köpfen der Bürger angekommen.

Um dem entgegenzuwirken, bietet die Kuma Academy als Non-Profit-Organisation seit Ende 2021 eintägige Workshops an. Morgens geht es in der Theorie um moderne Kriegsführung, am Nachmittag um praktische Basics: Teilnehmer lernen dann, wie man eine Blutung stillt oder wie man anderen Menschen bei der Evakuierung hilft.

Loyalität und Vertrauen

„Wer möchte, kann danach unsere Fortgeschrittenenkurse besuchen“, sagt Shen. „Da geht es dann um Cybersicherheit oder körperliches Training. Unser Ziel ist, dass mindestens eine Million Bürger die Grundlagen des Zivilschutzes im Krieg verstehen. Wenn dann nur 10 bis 20 Prozent ihre Kenntnisse weiter ausbauen, hätten wir genug, fähige Leute, um einen echten Zivilschutz aufzubauen. Dann wären wir für den Krieg gewappnet.“

Für Puma Shen ist es weniger eine Frage, ob es zum Angriff kommt, sondern wann. „Ich sage immer, dass es schon morgen so weit sein könnte“, sagt der Professor für Wirtschaftskriminalität, der an der National Taipei University lehrt. „Xi Jinping ist von Leuten umgeben, die die Wirtschaft, das Militär und die internationale Politik nicht wirklich verstehen. Das macht ihn nur noch gefährlicher.“

Laut Cai Xia, einer früheren Professorin der wichtigsten Parteihochschule Chinas, geht es Xi bei der Vergabe von Spitzenposten hauptsächlich um Loyalität und Vertrauen. Cai war selbst Insider der Kommunistischen Partei und unterrichtete 15 Jahre lang die künftige Führungselite – bis sie Xi einen „Mafiaboss“ nannte und ihm vorwarf, die KP zu einem „politischen Zombie“ gemacht zu haben. Der chinesische Staatschef habe zum Teil ehemaligen Kommilitonen oder Schulfreunden Führungspositionen gegeben, nachdem er seine Rivalen und Kritiker verdrängt hatte, schreibt sie im Magazin Foreign Affairs. Heute lebt Cai in den USA im Exil.

Allein diese mafiaähnlichen Strukturen der KP sind für Puma Shen Grund genug, um bei der Taiwan-Frage nicht auf Xis Vernunft zu setzen. „Xi ist irrational. Noch irrationaler als Putin“, meint er. Umso wichtiger sei es, für einen Angriff gewappnet zu sein – jederzeit. Prepper wie Open­shaw seien in Taiwan aber die Ausnahme, glaubt er.

Die wenigsten Menschen würden sich gedanklich genug mit der Kriegsgefahr auseinandersetzen. „Um sich vorzubereiten, braucht man erst einmal eine Vorstellung davon, gegen wen man im Ernstfall kämpfen müsste, was der Gegner erzielen will, worauf man sich vorbereiten sollte.“ Würden die Taiwaner dieses Wissen erlangen, meint Shen, seien gut 70 bis 80 Prozent der Einwohner bereit, für ihr Land zu kämpfen.

Am Fuße des Yangmingshan, im Stadtteil Tian­mu, reihen sich deutsche Bäckereien an amerikanische Burgerläden – ein beliebtes Viertel unter Ausländern in Taipeh. Tobie Openshaw sitzt in seinem Stammcafé, einer Boulangerie, in der es Croissants und französischen Kaffee gibt. „Natürlich verfolge ich den Ukrainekrieg ganz genau“, sagt er und blickt auf die Straßenszene draußen vor dem Fenster.

Ein Land in Vorkriegsstimmung

Da wirkt Taiwan nicht wie ein Land in Vorkriegsstimmung: Menschen stehen für süße Suppe mit roten Bohnen an, ein Mädchen lässt sich im Friseursalon die Haare grau-blau färben, die Müllabfuhr spielt einen grellen Pfeifton im Vorbeifahren. „Putin hatte die Ukraine bereits wochenlang bedroht, und trotzdem wurden die meisten Menschen unvorbereitet getroffen“, meint Open­shaw.

„Die Straßen waren verstopft, Züge sind ausgefallen, viele haben Schutz in U-Bahn-Stationen gesucht.“ Auch für diesen Fall hat er eine Packliste: Yogamatte, Schlafsack, aufblasbares Kissen, Klappstuhl, Campingkocher, Tassen, Tütensuppen, Kaffeepäckchen, Bücher, Kartenspiele, Dinge zum Tauschen – Windeln und Damenbinden etwa. Taiwan sei nicht die Ukraine und Xi Jinping nicht Putin, das ist Openshaw klar. „Aber möglicherweise ist Xi noch verrückter als Putin. Und möglicherweise hat er sein Volk sogar noch besser unter Kontrolle.“

In seiner Fantasie hat Openshaw den Krieg bereits durchgespielt. Ganz unaufgeregt spricht er über die möglichen Szenarien. Tobie Openshaw wirkt nicht paranoid. „In Panik gerät man, wenn man nicht vorbereitet ist“, erklärt er. „Ich bin vorbereitet, also bleibe ich ruhig.“ Es wirkt beinahe so, als warte er auf den Angriff, als habe er sich bereits in Stellung begeben. Die Insel will er aber nicht verlassen. „Taiwan ist meine Heimat, dieses Land war immer gut zu mir“, sagt er. In Südafrika werde man auf den Straßen ausgeraubt. Taiwan sei schon mehr das Land, in dem man sein Portmonnaie im Bus vergessen und Tage später samt Bargeld wiederfindetn kann. „Ich wollte damals hierher, um meine Kinder in Sicherheit zu wissen“, erklärt Openshaw.

Heute sind sie erwachsen und selbst in der Welt unterwegs – Openshaw kann sich aber nicht mehr vorstellen, woanders zu leben. „Wo ist es schon sicher? Manche Orte wirken harmlos, und zehn Jahre später sind sie es nicht mehr. Man könnte natürlich in ein Land fliehen, das nicht vom Krieg bedroht ist – aber wo es stattdessen mehr Kriminalität gibt.“

Tobie Openshaw will in Taiwan bleiben. Jedenfalls solange das „bu**er off“-Szenario nicht eintritt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.