Performance mit 100 Metronomen: „Dieser besondere poetische Moment“

Tickende Metronome und kein einziges Musikinstrument: In Hamburg kommt György Ligetis „Poème Symphonique“ zur Aufführung.

Ein tickendes Metronom

Immer wieder im Takt hin und her: tickendes Metronom Foto: Paco/Wikimedia Commons

taz: Herr Lamparter, fahren Sie gerade mit einem Koffer voller Metronome durch die Republik?

Wolfram Lamparter: Ganz genau so! Das hat zu tun mit der ARD-„Woche der Musik“: Deren Thema ist dieses Jahr der Komponist György Ligeti …

der Ende März 100 Jahre alt würde.

Und es hat zu tun mit der Idee, dass wir alle, Sender und Anstalten, zusammen die ARD sind. Deshalb habe ich gesagt: Ich mache ein Projekt, das für ganz Deutschland funktionieren könnte.

Inwiefern bietet sich dafür nun Ligetis „Poème Symphonique“ an – ein Stück für bis zu 100 gleichzeitig tickende, eben, Metronome, aber keine weiteren Instrumente?

In der bundesweiten Projektwoche gibt es ganz viele ganz unterschiedliche Sachen: Konzerte, Workshops, Schulkonzerte und so weiter, mit den unterschiedlichsten Programmen. Davon ist „Poème …“ nur eine Facette. Aber was ich darin gesehen habe, ganz pragmatisch: Es ist eines der wenigen Stücke Ligetis, die selbst Laien aufführen können. Und das haben wir versucht, an Schulen zu initiieren: Dass die selbst eine Aufführung mit diesen 100 Metronomen machen, das in ein Schulkonzert integrieren – und es ist natürlich fast ein Schlüsselwerk des 20. Jahrhunderts.

60, ist zuständig für die Musikvermittlung beim Südwestrundfunk (SWR).

Gibt es nicht aber immer noch Leute, die sagen: Das ist doch keine Musik, sondern eher eine Art gespielter Witz?

Ligeti selbst hat betont, dass es so eine Vielschichtigkeit und Doppeldeutigkeit in seinem Werk gibt. Für ihn selbst war das Stück durchaus ambivalent: ein Stück weit Ironie, aber eben auch ernst gemeinte Musik. Das ist auch, was mich daran fasziniert: die ganz unterschiedlichen Zugänge, die dazu möglich sind. Man muss es ja nicht gut finden – aber die Auseinandersetzung damit ist ein Teil der Kulturgeschichte. „Poème Symphonique“ wird ja sehr oft aufgeführt – vielleicht weil es so es kurz ist, aber auch, weil es so eine provokante Idee hat. Es ist Ligetis meistgespieltes Stück.

Wissen Sie noch, wann Sie selbst es zum ersten Mal im Konzertsaal erlebt haben?

Seit ich im vergangenen Jahr angefangen habe, mich damit auseinanderzusetzen, habe es mehrmals aufgeführt und Aufführungen miterlebt. Da sind immer Teile dabei, wo man denkt, hoffentlich geht es gut, hoffentlich schreckt man die Leute nicht ab. Und doch entsteht am Schluss immer dieser ganz besondere poetische Moment, der aus einem vermeintlich gespielten Witz ein Kunstwerk macht.

Wenn man das Stück nicht kennt, würde man vielleicht denken, es sei alles willkürlich, was da passiert. Es gibt aber eine Partitur, es gibt Anweisungen.

Es gibt eine präzise Spielanleitung, aber darin ist ein gewisser Zufallsfaktor miteinkalkuliert. Das Stück hat im Grunde einen ganz einfachen Aufbau: Aus einem Klangteppich wird eine ganz klare rhythmische Struktur, ein einzelnes tickendes Metronom. Es sind Parameter festgelegt – aber Zufälligkeit bleibt im Spiel.

Das Stück mag ein Schlüsselwerk des vorigen Jahrhunderts sein – das Metronom ist sogar noch älter.

Ligeti, „Poème Symphonique“, „Sechs Bagatellen“ und „Concert Românesc“; Bartók, Konzert für Orchester: So, 26. 3., 20 Uhr, Hamburg, Elbphilharmonie

Ja, das ist über 200 Jahre alt, aus Beethovens Zeit. Ich hätte gewettet, noch in der Vorbereitungsphase, dass die Dinge eine aussterbende Spezies sind. Dann habe ich aber Kontakt mit der Herstellerfirma aufgenommen, und die hat mehrfach bestätigt, dass die Umsätze nach wie vor da sind. Diese Geräte werden gekauft. Dabei kann, was so ein Metronom tut, heute jedes Handy.

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