Krankheit und Streik: Geld, Geld, Geld

Der hohe Krankenstand kostet die deutsche Wirtschaft Geld, die Lokführer wollen mehr davon und die Partei „Die Heimat“ bekommt keins mehr vom Staat.

Mann hinter Flagge

Claus Weselsky, Vorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), fordert in Dresden höhere Löhne von der Bahn Foto: Robert Michael/dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: Neue Parteien mit alten Inhalten.

Und was wird besser in dieser?

Umgekehrt wär schön.

Donald Trump hat die nächsten Vorwahlen der Republikaner gewonnen. Was würde seine erneute Präsidentschaft bedeuten?

Robert Habecks Wendung von der „dienenden Führungsrolle“ ist mit bloßem Auge schon jetzt von der „führenden Dienerrolle“ nicht zu unterscheiden. Ab Trump wird das richtig gefährlich.

Die rechtsextreme Partei „Die Heimat“ wird von der staatlichen Förderung ausgeschlossen. Kommt die AfD als Nächstes dran?

Die NPD wurde im zweiten Verbotsverfahren als erwiesen verfassungsfeindlich trotzdem begnadigt. Weil: bedeutungslos. Dieses Testat: Der Staat nährt die Natter an seiner Brust – fehlt bei der AfD, weil sie bisher nur „unter Beobachtung“ steht. Und da geht’s ihr mal wieder prima, denn so kann sie sich gegen den bösen Staat wehleidig vermärtyrern – und zugleich den Rekordanteil von 48 Prozent Staatskohle einstreichen. Originell für eine Partei, die Bürgergeldempfänger zu Zwangsarbeiten verpflichten will. Bevor nun Frau Weidel durch den Stadtpark feudelt – wovor der Stadtpark unbedingt zu schützen wäre –, bräuchte es also den Nachweis der Verfassungsfeindlichkeit, und dann könnte die Partei auch gleich verboten werden. Sicherheitshinweis: Parteienfinanzierung ist zwar tückisch, doch ohne sie kann Politik eine Milliardärstombola werden wie etwa in den USA.

Ganze sechs Tage dauert der neueste Streik der GDL-Lokführer. Haben Sie Verständnis dafür?

Ich habe ja auch kein Verständnis für das, was die Bahn liefert, wenn sie nicht bestreikt wird: Auch gar nicht mal so viel. Lokführerführer Claus Weselsky zerfällt in zwei Hälften – den letzten Helden der Arbeiterklasse, und einen populistischen Honk, der von „Lügenpresse“ und „Nieten in Nadelstreifen“ schallert. Wenn die Bahn nicht in der Lage ist, marktgerechte Tarifverträge abzuschließen, liegt es an der maroden Performance des Unternehmens. So gesehen haben wir Bahnkunden nix von Lohnerhöhung und Arbeitszeitverkürzung. Aber auch nix dagegen.

Laut einer neuen Studie hat es in der evangelischen Kirche in Deutschland mehr sexualisierte Gewalt gegeben als bisher angenommen. Ist es an der Zeit, das progressive Bild der evangelischen Kirche abzulegen?

Gelebte Ökumene. Wo bisher die Evangelen oft für die Katholen mit abgestraft wurden – Vertrauensverlust, Kirchenaustritte –, schwang die Idee mit, die seien ja eigentlich nicht so schlimm. Daran glaubte vor allem die Evangelische Kirche selbst. Nun werden gerade ihre föderale Struktur und das demokratische Selbstbewusstsein der Protestanten als Gründe benannt, warum sie nichts merkten und taten. Betroffene fordern, die Kirchen – und ihre Opfer – nicht mehr sich selbst zu überlassen. Also den Staat. Mal schön das Dorf in die Kirche lassen.

Der hohe Krankenstand im vergangenen Jahr hat die deutsche Wirtschaft einer Studie zufolge in die Rezession gedrückt. Brauchen wir doch mehr KI am Arbeitsplatz?

Na klar, und ohne Lieferkettenprobleme, hohe Energiepreise, verschnarchte Innovationen und überzogene Dividendenausschüttungen ginge es der deutschen Wirtschaft gleich nochmal so gut. Wie hier ein hochkompliziertes Phänomen sicherheitshalber einfach der Belegschaft in die Pantoffel geschoben wird, ist schon eher künstliche Dummheit. Nach Corona nehmen die Leute Atemwegserkrankungen und Grippe ernster, und auf Platz zwei der Krankschreibungen kommen psychische Probleme. Logisch, wenn man immer an allem schuld ist.

Und was machen die Borussen?

Laufen zum Holocaust-Gedenktag mit einer „we remember“-Beflockung der Trikots auf. Kann man anschließend kaufen für einen guten Zweck.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.