Klimaforscher Grimalda reist ohne Flug: Warum fliegst du nicht einfach?

Wer Flugscham ernst nimmt, muss mit Konsequenzen rechnen. Der Forscher Gianluca Grimalda verlor deswegen seinen Job. Hier erzählt er vom Reisen am Boden.

Grimalda und eine lokale Passagierin, im Hintergrund die Fähre

Gianluca Grimalda mit einer lokalen Passagierin bei der Ankunft in Vanimo Foto: privat

Der Wissenschaftler Gianluca Grimalda, 51, will nicht mehr fliegen – fürs Klima. Weil er deshalb nicht rechtzeitig von einer Forschungsreise in Papua-Neuguinea zurückkam, feuerte ihn das Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW). Die taz begleitet ihn auf seiner Reise per Schiff, Bus und Bahn zurück. Der taz berichtet er telefonisch, was ihn unterwegs beschäftigt.

Papua-Neuguinea ist ein Land voller Überraschungen. Als ich nach drei Nächten auf dem Boden einer maroden Fähre endlich in Vanimo an der Grenze zu Indonesien ankomme, heißt es plötzlich: die Grenze ist dicht. Ich komme nicht raus. Lokale Landbesitzer nämlich streiten sich mit der Regierung über die Nutzung des Grenzübergangs. Sie versperren den Zugang. Eine Stunde, eine Woche, eine Ewigkeit könne der Streit noch dauern, sagt man mir.

Ich bin frustriert. Soll ich die Grenze illegal durch den Regenwald überqueren? Oder es im Süden an einem anderen Checkpoint versuchen? Der Beamte im Ausländeramt fragt mich: Warum fliegst du nicht einfach? Das frage ich mich auch manchmal. Waren es die 5,3 Tonnen CO2, die mein Rückflug verursacht hätten, wirklich wert, meinen Traumjob beim IfW zu verlieren?

Hohen Preis gezahlt

Der Preis, den ich gezahlt habe, war hoch. Aber als Wissenschaftler kann ich nicht ignorieren, wie mein Flug den Planeten, auf dem wir leben, weiter zerstört hätte. Allein die Emissionen der Luftfahrtindustrie sind für etwa 4 Prozent des Treibhauseffekts verantwortlich. Durch meine Reise über Land verschmutze ich unsere Atmosphäre um rund 90 Prozent weniger, als ich es in der Luft getan hätte.

Gleichzeitig ist Fliegen das Privileg einer kleinen Elite. Nur ein Prozent der Menschheit verursacht die Hälfte aller Flugemissionen. In der EU subventioniert die Allgemeinheit dieses Eliten-Privileg mit 34 Milliarden Euro an Steuerbefreiungen.

Die Internationale Zivilluftfahrtorganisation prognostiziert, dass sich die Flugemissionen von 2015 bis 2050 verdreifachen könnten. Ein solches Wachstum können wir uns in der Klimakrise nicht leisten. Um es zu verhindern, müssen wir jetzt anfangen, Vielflieger und Flugbenzin zu besteuern und Privatjetflüge zu verbieten.

Nach einem dreistündigen Treffen mit den Landbesitzern meldet sich der Beamte aus dem Ausländeramt. Ich darf passieren. Meine Reise geht weiter.

Protokoll: Mitsuo Iwamoto

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