Junta in Myanmar verlängert Ausnahmezustand: Vom Protest zur Revolution

Myanmars Generäle zeigen Zeichen der Verzweiflung und greifen auf unglaubwürdige Taktiken zurück. Doch auch die Widerstandsbewegung hat ein Problem.

Buddhastatue aus Marmor

Mit einer gigantischen Buddhastatue versucht sich die Junta bei der Bevölkerung einzuschmeicheln Foto: Aung Shine Oo/ap

Längst ist klar: Myanmars Generäle haben sich verrechnet. Statt das Land mit dem Putsch vom 1. Februar 2021 schnell unter Kontrolle zu bekommen und nur den allenfalls von ethnischen Minderheiten erwarteten Widerstand brechen zu müssen, ist die Kontrolle des Militärs heute geringer und der bewaffnete Widerstand erfolgreicher denn je. Das zeigt auch die am Montag verkündete erneute Verlängerung des Ausnahmezustands. Dabei verstößt dies sogar gegen die vom Militär selbst geschriebene Verfassung.

In Myanmar macht längst das Wort von der Revolution die Runde. Denn es geht gar nicht mehr darum, den Zustand vor dem Putsch wiederherzustellen, sondern um eine möglichst demokratische Revolution.

Dies trifft aber nicht nur das selbstherrliche Militär, sondern auch die bisherige Widerstandsikone Aung San Suu Kyi. Sie ist mit ihrem gewaltlosen Widerstand wie mit ihrer Machtteilung mit dem Militär gescheitert, ganz abgesehen von ihrer Duldung und dann sogar Verteidigung der Vertreibung Hunderttausender Rohingya.

Das bedrängte Militär greift jetzt auf zwei bekannte Taktiken zurück: Auf die Einweihung einer gigantischen Buddhastatue, um sich als wahre Verteidiger des Glaubens der Bevölkerungsmehrheit zu inszenieren. Und auf die Verlegung Aung San Suu Kyis vom Gefängnis in den Hausarrest. Das soll international Humanität zeigen.

Die hilflose Kosmetik der Generäle

Doch diese beiden kosmetischen Maßnahmen dürften nicht verfangen. Der Krieg gegen die Bevölkerung hat mit Buddhismus nichts gemein. Und Aung San Suu Kyi genießt zwar wegen historischer Verdienste noch hohes Ansehen. Doch die Widerstandsbewegung hat sich von ihr längst emanzipiert. Die Zeichen stehen auf gewaltsame Revolution, weil der friedliche Protest sträflich ignoriert wurde.

Ein milderer Umgang mit Aung San Suu Kyi ist deshalb für die Junta kein Trumpf mehr, sondern zeigt neben der Verlängerung des Ausnahmezustands ihre Verzweiflung. Trotzdem hat die Lady, wie sie ehrfurchtsvoll genannt wird, immerhin die Fähigkeit gehabt, als Symbol der Demokratiebewegung deren divergierende Kräfte halbwegs zusammenzuhalten.

So eine Kraft fehlt heute. Solange es gegen das Militär geht, eint die Widerstandsgruppen das gleiche Ziel. Doch sollten sie eines Tages die Generäle zum Rückzug zwingen, könnten interne Machtkämpfe folgen. Das muss nicht zwangsläufig eintreten, aber noch fehlt es der Revolution an einer im Inland wie international anerkannten Führung.

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Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin

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