EuGH-Urteil über Fußball in Europa: Uefa gegen Super League: 1:1

Der EuGH wirft den Fußballverbänden den Missbrauch ihrer marktbeherrschenden Stellung vor. Die Chancen für eine konkurrierende Super League steigen.

Aleksander Ceferin fasst sich an den Kopf

Hat zu grübeln: Uefa-Präsident Aleksander Ceferin bei einer Pressekonferenz nach dem Gerichtsurteil Foto: UEFA/reuters

Das Monopl der Fußballverbände Fifa und Uefa wackelt gewaltig. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat im Streit um eine konkurrierende Super League entschieden, dass die Fußballverbände derzeit ihre marktbeherrschende Stellung missbrauchen und ihre Verbandsregeln daher gegen EU-Recht verstoßen.

Der Fußball-Weltverband Fifa und der europäische Verband Uefa sind private Gesellschaften nach Schweizer Recht. Sie organisieren nicht nur Fußball-Welt- und -Europameisterschaften, sondern auch die europäischen Clubwettbewerbe Champions League, Europa League und Conference League.

2021 wurde bekannt, dass zwölf europäische Spitzenclubs aus Spanien, Italien und Großbritannien eine Super League planen, an der sie immer teilnehmen dürfen, ohne sich sportlich qualifizieren zu müssen. Veranstalter sollte eine spanische Gesellschaft namens European Super League Company (ESLC) sein. Uefa und Fifa drohten Clubs, die sich an einem derartigen Projekt beteiligen, dass sie nicht mehr an den Uefa-Wettbewerben teilnehmen können. Spieler, die in einer Konkurrenzliga spielen, sollten von Welt- und Europameisterschaften ausgeschlossen werden.

Im konkreten Rechtsstreit klagte die ESLC vor dem Handelsgericht Madrid gegen diese Drohungen der Uefa. Da es hier um EU-Wettbewerbsrecht geht, legte das spanische Gericht dem EuGH grundsätzliche Fragen zur Vorab­entscheidung vor. Der EU-Gerichtshof stellte zunächst fest, dass die Veranstaltung von Fußballwettbewerben zwischen Vereinen und die Verwertung der entsprechenden Medienrechte „ganz offensichtlich wirtschaftliche Tätigkeiten sind“. Sie müssen daher die Regeln des wirtschaftlichen Wettbewerbs einhalten.

Auch Spieler dürfen nicht ausgeschlossen werden

Es gebe hier auch keine Sonderregeln für den Sport, stellte der EuGH fest und wich hier von den Schlussanträgen des unabhängigen Generalanwalts Athanasios Rantos aus dem Dezember 2022 ab. Rantos hatte auf Artikel 165 EU-Arbeitsvertrags verwiesen, der eine Förderung der „europäischen Dimension des Sports“ erlaubt. Damit werde ein „europäisches Sportmodell“ anerkannt, so Rantos, zu dem zwingend die Möglichkeit von Auf- und Abstieg gehört. Dem folgte der EuGH nicht, Artikel 165 sei keine Querschnittsnorm und schränke das EU-Wettbewerbsrecht nicht ein.

Deshalb kam der EuGH nun zum Schluss, dass die aktuellen Fifa- und Uefa-Verbandsregeln rechtswidrig sind. Die Verbände dürfen derzeit die Gründung konkurriernder Liga­projekte wie der Super League grundsätzlich nicht von ihrer Genehmigung abhängig machen. Sie dürfen auch nicht Clubs und Spielern, die sich an einer Super League beteiligen, mit dem Ausschluss aus Fifa- und Uefa-Wettbewerben bedrohen.

Grund ist der Interessenkonflikt, der darin besteht, dass die Verbände selbst Wettbewerbe veranstalten und darüber entscheiden wollen, wer außer ihnen ebenfalls Wettbewerbe veranstalten darf. Hierfür wäre ein Rahmen erforderlich, der Transparenz, Objektivität, Nichtdiskriminierung und Verhältnismäßigkeit der Entscheidung gewährleistet. Ein solcher Rahmen bestehe aber nicht, so der EuGH. Die Verbände missbrauchten derzeit ihre markt­beherrschende Stellung.

Auch die zentrale und exklusive Verwertung der Medienrechte an Wett­bewerben mit europäischen Fußballvereinen durch die Uefa verstößt laut EuGH gegen EU-Recht. Sie verhindere, dass die Zuschauer „neue und poten­ziell innovative oder interessante Wettbewerbe genießen“ können. Dies schade den Clubs, den Medien und dem Publikum.

Der EuGH betont zugleich, dass er damit nicht über die Zulassung der Super League entschieden habe, da diese Frage vom Handelsgericht Madrid nicht vorgelegt wurde. Darüber müsse nun das Madrider Gericht entscheiden. Dort könne aber immerhin noch geprüft werden, ob die Nachteile des Uefa-Monopols dadurch zu rechtfertigen sind, dass die Monopolgewinne durch eine „solidarische Umverteilung“ der gesamten Fußballwelt zu­gutekommen. Auch die Entscheidung des Handelsgerichts Madrid könnte also noch spannend werden.

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