Erklärung zum SDG-Gipfel: UN-Mitglieder fordern mehr Tempo

Vereinte Nationen wollen Nachhaltigkeitsziele durch eine Reform internationaler Finanzen pushen. Protestierende fordern verbindliche Ziele.

Generalversmmlung der UN in New York.

Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York am 19. September Foto: Susan Walsh/ap

BERLIN taz | Der Kampf gegen Armut und Hunger, für soziale und ökonomische Rechte bleibt nicht von geopolitischen Spannungen verschont. Im Vorfeld der Sitzung des Nachhaltigkeitgipfels der UN in New York hatte eine Gruppe von zehn Staaten um Russland angekündigt, keine Abschlusserklärung zu den Nachhaltigkeitszielen (SDGs) der Agenda 2030 zu unterzeichnen. Der Grund sind die Sanktionen gegen Russland wegen des Ukrainekriegs. Am Montag stimmten sie aber doch einer gemeinsamen Erklärung zu.

Damit bekannten sich alle 193 UN-Mitgliedstaaten erneut zu den umfangreichen Zielen, die sie sich 2015 gesetzt hatten. Sie wollen ihre Anstrengungen zur Verwirklichung „dringend verstärken“ und dazu nationale Aktionspläne vorlegen. Der jüngste UN-Statusbericht stellt den Staaten ein schlechtes Zeugnis bei der Umsetzung der Ziele aus. Bei den meisten Zielen gibt es nur wenig Fortschritt, bei etwa einem Drittel stagniert die Umsetzung oder es gibt sogar Rückschritte.

Die Covidpandemie, Klimakatastrophen und Kriege sowie die wirtschaftlichen Auswirkungen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine haben die Fortschritte seit 2015 zunichte gemacht, so der Bericht. Bereits die ersten beiden Ziele – Beseitigung von extremer Armut und von Hunger – sind weit davon entfernt, bis 2030 erreicht zu werden. Im Gegenteil gibt es sogar mehr Menschen, die davon betroffen sind.

UN-Generalsekretär António Guterres hatte sich im Vorfeld des Gipfels bemüht, die Ziele wieder auf die globale Agenda zu setzen. „Die SDGs sind nicht nur eine Liste von Zielen. Sie verkörpern die Hoffnungen, Träume, Rechte und Erwartungen der Menschen überall“, sagte er am Montag. In einem CNN-Interview beklagte er die volatile politische Situation: „Der Kalte Krieg war berechenbarer.“

UN will globale Finanzarchitektur überarbeiten

Gleichzeitig setzten einige Staaten des Globalen Südens langjährige Forderungen durch, etwa eine Reform der internationalen Finanzstruktur. Die Staatengruppe G20 hat bereits beschlossen, die großen globalen Entwicklungsbanken zu reformieren. Die UN fordern nun ebenfalls, die Kreditvergabe künftig flexibler und günstiger für Entwicklungsländer zu gestalten, außerdem soll mehr Geld zur Verfügung stehen.

Darüber hinaus wollen die UN, dass der von Guterres vorgeschlagene SDG-„Stimulus“ in Höhe von mindestens 500 Milliarden US-Dollar jährlich als weitere Finanzquelle für Entwicklungsländer „rechtzeitig“ kommt.

Die Staaten forderten außerdem „eine dringende freiwillige Umverteilung der Sonderziehungsrechte an die bedürftigsten Länder“. Der IWF hat das aus dem Nichts geschaffene Geld in Höhe von 650 Milliarden US-Dollar zu Bewältigung der Covid-Pandemie an Staaten ausgezahlt. Die Auszahlung bemaß sich an der jeweiligen Wirtschaftsleistung, weswegen allein Deutschland ungefähr soviel wie ganz Afrika erhielt.

Die UN wiederholte in der gemeinsamen Erklärung Forderungen nach Verfahren zur Umstrukturierung und Aussetzung von Zinszahlungen für vulnerable Staaten. Viele hochverschuldete Länder im Global Süden stecken in der Krise. Sie wenden hohe Summen ihres Staatshaushalts für Schuldendienste auf.

Protestierende fordern verbindliche Ziele

Für umfangreiche Schuldenerlasse oder gar Staatsinsolvenzverfahren fehlt in vielen Ländern eine Einigung der Gläubiger, besonders China stellt sich oft quer. Auch private Gläubiger machen meist nicht mit. Gleichzeitig sind Umstrukturierungen von Schulden und weitere Kredite vom Internationalen Währungsfonds (IWF) an strikte Sparmaßnahmen gekoppelt, die den SDG-Zielen etwa im Bereich sozialer Sicherung zuwiderlaufen.

Die bisherigen Verfahren zur Umstrukturierung von Schulden habe bisher nicht gewirkt, kommentierte Kristina Rehbein von der NGO erlassjahr.de. „Es braucht vielmehr rechtstaatliche Verfahren unter dem Dach der UN, die auch die Interessen der Schuldnerstaaten und deren Bevölkerung berücksichtigen“. Der SDG-Gipfel in New York hätte für Koalitionen zur Vereinbarung solcher rechtsstaatlicher Verfahren dienen können.

Während der UN-Sitzung demonstrierten in New York Zehntausende für eine ambitioniertere Klimapolitik und forderten den globalen fossilen Ausstieg sowie verbindliche Nachhaltigkeitssziele.

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