Erdbeben in Japan: Abruptes Ende für Neujahrsfeiern

Eine Bebenserie und Tsunamiwellen an Japans Westküste rufen Erinnerungen an die Atomkatastrophe von Fukushima im Jahr 2011 wach.

Ein zur Häfte eingestürztes Haus, davor ein Getränkeautomat

Ein teilweise zerstörtes Haus in Wajima in der west­japanischen Küstenprovinz Ishikawa Foto: Kyodo/reuters

TOKIO taz | Ein langes und heftiges Erdbeben hat die festliche Stimmung des Neujahrstages in Japan beendet. Erschütterungen der Stärke 7,6 auf der Richterskala verursachten schwere Schäden in der westjapanischen Küstenprovinz Ishikawa und lösten Tsunamiwellen aus, die beim Auftreffen auf die Küste bis zu 1,40 Meter hoch waren.

Eine Sprecherin im öffentlich-rechtlichen TV-Sender NHK rief mit sich überschlagender Stimme alle Anwohner auf, sofort höher gelegene Gebiete aufzusuchen. Auch Nordkorea und Russland warnten vor den Flutwellen aus Japan. Es war der erste große Alarm dieser Art seit der Beben- und Tsunamikatastrophe vom März 2011, die im AKW Fukushima einen Super-GAU auslöste.

In den sechs Atomkraftwerken mit 22 Reaktoren an der Westküste kam es nach offiziellen Angaben zu keinen Unregelmäßigkeiten. Die nächstgelegenen zwei Reaktoren im AKW Shika, rund 100 Kilometer vom Epizentrum entfernt, sind seit der Atomkatastrophe vor fast 13 Jahren abgeschaltet. Die Superschnellzüge auf der nächstgelegenen Shinkansen-­Strecke wurden vorübergehend gestoppt. Die Regierung richtete einen Krisenstab ein.

Das heftigste Beben ereignete sich um 16.10 Uhr Ortszeit in geringer Tiefe nahe der Noto-Halbinsel und erreichte die höchste Stufe 7 auf der japanischen Bebenskala, die die zerstörerischen Auswirkungen auf Boden, Häuser und Menschen beschreibt.

Lebendig begraben

Laut der Zentralregierung wurden sechs Menschen in Wajima lebendig begraben. Fotos und Videos auf Twitter zeigten eingeklemmte Menschen zwischen den Trümmern ihrer Häuser. Außerdem brach in der Stadt nach dem Beben ein Großbrand aus.

Es wurden mehrere Verletzte gemeldet, darunter zwei Frauen, die in Krankenhäuser gebracht wurden, nachdem sie gestürzt oder von herabfallenden Gegenständen getroffen worden waren. Etwa 1.000 Anwohner wurden auf einen Stützpunkt der Selbstverteidigungskräfte der Luftwaffe in Wajima evakuiert und erhielten dort Decken, Wasser und Lebensmittel. Nach Angaben der Behörde für Brand- und Katastrophenschutz wurden insgesamt mehr als 51.000 Menschen in fünf Präfekturen dazu aufgefordert, sich evakuieren zu lassen.

Die Behörden konnten sich bis spät in den Abend hinein nur schwer einen Überblick verschaffen. Kurz nach dem Beben brach die Dunkelheit herein, in mindestens 33.500 Haushalten fiel der Strom aus, der Mobilfunk funktionierte teils nicht, Wasserleitungen zerbrachen. Zahlreiche Gemeinden meldeten eingestürzte Wohn- und Bürohäuser.

Neujahr ist der höchste Feiertag in Japan, daher waren die Krankenhäuser mit Personal dünn besetzt. Viele Ärzte konnten ihre Arbeitsplätze zudem nicht erreichen. Der Asphalt vieler Straßen ist aufgebrochen, Bodenspalten und umgekippte Strommasten blockierten jede Durchfahrt.

Behörde warnt

Ständige Nachbeben zwangen die Anwohner dazu, sich trotz nächtlicher Minustemperaturen im Freien aufzuhalten. Die Meteorologische Behörde warnte vor möglicherweise noch stärkeren Erdstößen in den kommenden zwei bis drei Tagen.

Es war das schwerste Erdbeben in der Region seit Beginn der Messungen 1885. Die Situation auf der Noto-Halbinsel ist insofern ungewöhnlich, als dass die Erschütterungen dort nicht direkt durch die Entladung von tektonischen Spannungen zwischen Platten, sondern durch im Untergrund aufsteigendes Wasser verursacht werden.

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