Die Wahrheit: Hände unter die Achseln

Die Wahrheit-Spartipps für jede Gelegenheit – mit Empfehlungen des deutschen Bundeskanzlers für den eiskalten Volkskörper im Winter.

Mann schwimmt durch das Wasser eines Freibads

Noch ist das Wasser wohlig warm, aber bald schon wird das Schwimmbad nicht mehr geheizt Foto: dpa

Überall erhalten Verbraucher derzeit Anregungen, wie, warum und wo sie am besten Energie sparen können. Da will die Wahrheit nicht nachstehen und präsentiert die besten Spar-Empfehlungen aus der deutschen Politik für echte Centknicker.

Zu den Sparmaßnahmen, die wir längst beherzigen müssen – Zähne putzen nur einmal wöchentlich, das Auto höchstens zweimal, Atmung nachts einstellen, alten Kaffee nicht wieder aufwärmen –, kommen täglich weitere. Da bitte nicht den Überblick verlieren, sonst drohen Sanktionen! Ein Gasembargo für den Gartengrill zum Beispiel. Und das jetzt, mitten im Sommer, zur besten Grillzeit.

Gasbetriebene Kühlschränke hingegen müssen erst im Winter abgemeldet werden. Aber für die Abflusssiebe von Badewannen und Duschen schreibt der Gesetzgeber schon jetzt vor: Die aufgefangenen Haare nicht einfach wegwerfen, sondern sammeln, trocknen und kleine Kissen damit befüllen, die einem dann zur kalten Jahreszeit „etwas wärmende Behaglichkeit untenrum verschaffen“ (Robert Habeck).

Apropos trocknen! „Teebeutel gehören nach dem Aufbrühen gründlich ausgewrungen, bevor sie getrocknet und für einen zweiten Aufguss genutzt werden.“ So verfügte es Ministerpräsident Winfried Kretschmann in seinem unlängst verfassten „Sparbüchle“ für The Länd, wie Baden-Württemberg viel buchstabensparsamer neuerdings heißt. Es gilt die Faustregel, die er unter #blood­sweatandtea auf Twitter veröffentlichte: „Zwei gebrauchte zusammen bringen den Ertrag eines frischen.“

Rasierklinge für Teebeutel

In einem Youtube-Video vervollständigt der seniore Grüne seine Spartipps im typisch näselnden Schwäbisch, das hier lautgetreu niederzuschreiben viel zu viel Energie verbrauchen würde: „Nach dem zweiten Aufguss werden die Teebeutel vorsichtig aufgeschnitten …“ Der Ministerpräsident benutzt dafür eine feine Nagelschere, man könne aber auch eine Rasierklinge nehmen, wie ein Schriftzug verrät. „Sodann den Beutel gründlich ausleeren und losen Tee neu einfüllen“, erklärt er und macht, wie schon das Leeren vorher, auch das akkurat vor: Nicht ein Teeblättchen geht daneben.

„Man kann aber auch Frigeo-Brause oder, wie wir in Stuttgart sagen, Britzelpulver einfüllen. Oder Tütensuppengranulat oder was immer Sie sich gerne portionsweise aufbrühen mögen. Vorher aber den Beutel gut zutackern. Und ganz wichtig: Das Etikett am Beutelfaden neu beschriften, damit Sie wissen, was sich gerade im Beutel befindet.“ Sagenhaft! Kretschmanns Spartipps wurden schon fünfzehn Mal aufgerufen.

Alle seien im Übrigen aufgerufen, sich selbst Gedanken zu machen, so Kretschmann: „Worauf können wir verzichten? Was brauchen wir nicht unbedingt?“ Und kämen so vielleicht viel früher auch auf Naheliegendes: „Dass es ja zum Beispiel meistens die Ehefrau ist, die einkaufen geht und anschließend oft noch zum Friseur und damit das Haushaltsbudget mehr als alle anderen Familienmitglieder belastet. Da ist es nicht nur konsequent, sondern auch extrem kostensparend, wenn man sich von einem solchen Kostenfaktor trennt“, so Kretschmann in einer Liveschalte, die aus Energiespargründen vorher aufgezeichnet wurde.

Aus einer ganz anderen Sparbüchse stammt dieser ge­nia­le Tipp: „Wann immer meine Söhne Sudoko, 17, und Okay, 16, zum Rauchen auf den Balkon wollen, ziehe ich ihnen eine sogenannte Balkongebühr vom monatlichen Taschengeld ab“, sagt Marco Buschmann. „Ist das Salär erschöpft, müssen die Herren Söhne ihre Aktienpakete anknabbern, wenn sie weiterhin mit Blick auf den Vorgarten quarzen wollen“, so formuliert es der ausgefuchste Justizminister, 44.

Tauchgänge in Altkleiderboxen

Der als leidenschaftlicher Sammler gebrauchter Schuhe auch selbst einiges dazu beiträgt, die Lebenshaltungskosten zu senken. Statt sich seine teure Fußware wie bisher „aus Italien“ (Mailand) schicken zu lassen, besucht er nun regelmäßig die Altkleiderboxen der Gegend – spart dadurch nicht nur Transport und Zoll, sondern erschnüffelt auf seinen Tauchgängen ins Boxeninnere „viel wertvolleres Schuhwerk als in jedem Geschäft“.

„Wer selbst im Sommer schnell mal fröstelt so wie ich, aber trotzdem die Heizkosten radikal runterschrauben will, büßt zwangsläufig einiges an Lebensqualität ein“, meldet sich dann noch kein Geringerer als Bundeskanzler Olaf Scholz zu Wort, und zwar in seiner nächsten Fernsehansprache am 13. August.

„Trotzdem bleibe ich dabei. Geheizt wird nicht. Daheim in Potsdam nicht, in der Hamburger Butze nicht, und auch im Kanzleramt bleibt die Glatze kalt. Okay, nachts klappern mir manchmal die Zähne. Dann ist die Versuchung natürlich groß, Erich Ollenhauers ollen russischen Radiator hochzufahren, den mir die Partei zur Verwahrung hingestellt hat. Aber da laufe ich lieber einmal um den Bendlerblock, um warm zu werden. Oder zweimal, je nachdem.

Gelegentlich bitte ich auch meine beiden Lieblingsleibwächter, sich zu mir ins Bett zu legen. Angezogen natürlich und möglichst dicht an mich rangekuschelt. Der eine vorne, der andere a tergo. Dann ersuche ich den hinter mir, mein Ohrläppchen warm zu zuzeln. Und den anderen, seine warmen Hände unter meine Achseln zu legen. Bis mir ganz heiß wird. ‚Herrnwärme‘ nenne ich das. Die wärmt nicht nur besonders gut, sondern ist gewissermaßen auch umsonst, weil die beiden ‚Herrn‘ stehen mir ja als Leibwärmer … äh, -wächter sowieso zur Verfügung, verursachen also dem Steuerzahler keine zusätzlichen Kosten. Und darauf kommt es mir als Deutschlands Bundeskanzler gerade in diesen kostspieligen Zeiten vor allem an.“

Hände unter die Achseln – machen Sie mindestens das bitte zu Hause nach!

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kari

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