Bargeldlose Busse in Hamburg: Ein Hindernis fürs Busfahren

Seit Jahresbeginn kann man in Hamburg im Bus nicht mehr mit Bargeld bezahlen. Das stellt nicht nur für marginalisierte Menschen eine Hürde dar.

Eine Hand hält eine HVV-Prepaid-Karte in die Kamera, dahinter ist ein Bus zu sehen

Praktisch nur für die, die sie haben: HVV-Prepaid-Karte Foto: Marcus Brandt/dpa

Es ist eine rhetorische Frage, die der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) derzeit im Rahmen einer Werbekampagne stellt: „Und was bewegt dich?“, will er wissen – und zielt damit natürlich auf sich und seine Verkehrsmittel, die die Menschen in Hamburg Tag für Tag durch die Stadt bewegen. Nur lässt sich nach den vergangenen zwei Monaten, seit der die Bargeldzahlung in den Bussen des HVV nicht mehr möglich ist, festhalten: Vor allem deren Abschaffung bewegt sehr viele – und das berechtigterweise ziemlich negativ.

Seit Jahresbeginn ersetzt eine Prepaid-Karte die Barzahlung in Bussen. Vor der Fahrt ist eine solche Karte nun zu erwerben, um dann mit dieser im Bus an dem Terminal vorne an der Fahrerkabine ein Ticket zu kaufen, ohne lange im Portemonnaie nach Münzen suchen zu müssen. Auch den BusfahrerInnen soll das Entlastung bringen, müssen sie nun nicht mehr Geld wechseln und das Ticket ausgeben. Eine schöne Idee – auf den ersten Blick. Allein: Die Praxis zeigt, dass die Beschaffung, Aufladung und Nutzung der Karte nicht gut durchdacht ist.

Dass bei derlei Neuerungen marginalisierte Gruppen, wie Wohnungslose, ältere Menschen oder Personen mit Handicap, nicht bedacht werden, ist nichts Neues: Schon vor der Einführung gab es Kritik, weil die Prepaid-Karten nur in Fünf-Euro-Schritten aufgeladen werden können – eine Hürde für Menschen, die um Cent-Beträge auf der Straße bitten.

Und weiter stehen nicht an allen Bushaltestellen Automaten; noch immer sind die Verkaufsstellen, Tankstellen etwa oder Supermärkte, übersichtlich; nachts oder an den Wochenenden haben diese ohnehin nicht durchgehend geöffnet. Wer also ohne Smartphone oder Prepaid-Karte an der Bushaltestelle steht, ist aufgeschmissen.

Auch Touris haben ein Problem

Es hat auch niemand beim HVV an TouristInnen gedacht: Einige von ihnen stehen nun auch vor dem praktischen Problem, einen Bus nutzen zu wollen, aber darin oder an der Bushaltestelle kein Ticket zu bekommen. Es ist schon erstaunlich, dass an TouristInnen in einer Stadt wie Hamburg, die enorm abhängig vom Tourismus ist, offenbar zu wenig gedacht wird.

Als problematisch hat sich auch schon gezeigt, dass das verbleibende Guthaben nur kurz nach dem erfolgreichen Abbuchen auf dem Display im Bus zu sehen ist. Wer das nicht so schnell erkennen kann, kann bei der nächsten Fahrt nur hoffen, dass noch genügend Guthaben auf der Karte ist.

Im Bus die Karte aufzuladen, ist schließlich nicht möglich. Auch das verwundert: In vielen anderen Städten und Ländern ist die Abschaffung von Bargeld zugunsten digitalisierter Kartenkäufe schließlich gut umgesetzt: Dort befinden sich Fahrkartenautomaten in den Verkehrsmitteln, an denen mit der EC-Karte bezahlt werden kann.

Und so ist sogar nachzuvollziehen, dass, wer zu den Aufgeschmissenen gehört, aktuell eben auch mal ohne zu bezahlen Bus fährt. Vielleicht motiviert diese Einnahmeneinbuße ja den HVV schnell, seine unpraktische Reform doch nochmal abzuwandeln.

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