Vorwürfe gegen Franz Kardinal Hengsbach: Sie hatten ihm ein Denkmal gebaut

Wieder kursiert beim Thema Missbrauch ein hochrangiger Name durch die katholische Kirche. Der Umgang mit den Vorwürfen wird von Katholiken kritisiert.

Die Skulptur des Essener Kardinals Franz Hengsbach wird nach der Demontage vor dem Essener Dom auf einen Lastwagen verladen.

Demontage der Skulptur des Kardinals Franz Hengsbach Foto: Christoph Reichwein/picture alliance

BERLIN taz | Es scheint, dass sich auch Jahre nach dem Bekanntwerden der weitreichenden Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche die Verantwortlichen immer noch schwertun, in aller Deutlichkeit Verurteilungen von Tätern eigeninitiativ anzusprechen.

Der Name von Franz Kardinal Hengsbach fällt in der Predigt des Limburger Bischofs Georg Bätzing im Eröffnungsgottesdienst zur Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Wiesbaden nicht. Immerhin erwähnt Bätzing, wie wichtig die Missbrauchsaufarbeitung sei: „Wir können nicht nach außen fordern und fördern, was innerhalb der Kirche selbst so wenig konkret gelebt wird; das macht uns unglaubwürdig“, so Bätzing.

Wenig überraschend blieb das Thema in der Predigt von Kardinal Rainer Maria Woelki gänzlich unerwähnt. Der Kölner Bischof ist einer der Kritiker der Reformbewegungen in der Kirche und steht seit Jahren aufgrund von Vorwürfen der Vertuschung im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch in der Kritik.

Vergangene Woche machte der Essener Bischof Franz Overbeck öffentlich, dass es mehrere Vorwürfe von sexueller Gewalt gegen den hochangesehenen Kardinal Hengsbach gibt. Diese betreffen den Zeitraum 1950er bis 1970er Jahre. Nach der Veröffentlichung und der Aufforderung, dass sich Betroffene melden sollen, kamen weitere Vorwürfe hinzu.

Hengsbach ist 1991 in Essen gestorben. Bei der Eröffnungspressekonferenz zur Vollversammlung fand Bätzing immerhin deutlichere Worte und warf Hengsbach „verbrecherisches Verhalten“ vor. „Die Verunsicherung für Gläubige in diesem Bistum, wenn man sieht, auf welch hohem Sockel dieser Mann stand als Gründerbischof und dann stürzt – die ist mit nichts zu vergleichen“, sagte Bätzing.

Kritik vom Zentralkomitee der Deutschen Katholiken

Von einem konkreten Sockel wurde Hengsbach schnell geholt: Vor dem Essener Dom wurde am Montag eine Statue des als Gründerbischof des Ruhrbistums geltenden Kardinals abgebaut. „Die Wahrheit muss auf den Tisch. Nur so werden die Betroffenen zu ihrem Recht kommen“, so Bätzing.

Dass Hengsbach nicht nur Vertuscher, sondern auch Täter gewesen sei, habe für ihn „eine Qualität, die wir bisher nicht hatten“. Das Zentralkomitee der Deutschen Katholiken kritisierte den Umgang mit den Vorwürfen: „Wieder entsteht der Eindruck, dass nicht die Betroffenen, sondern die Täter geschützt wurden“, sagte die Präsidentin Irme Stetter-Karp.

Vor der Kirche in der Wiesbadener Innenstadt, in der am Montag der Eröffnungsgottesdienst der Bischofskonferenz gefeiert wurde, hielten katholische Reformgruppen eine Mahnwache ab und forderten eine konsequentere Missbrauchsaufarbeitung. Auch Ver­tre­te­r*in­nen der Initiative OutinChurch waren vor Ort und erinnerten an die Diskriminierung, die die LGBTQI+ Community in der katholischen Kirche immer noch häufig erfährt.

Die Bischofskonferenz tagt noch bis Donnerstag. Neben dem Thema Prävention und Aufklärung sexuellen Missbrauchs soll es um die Fortführung der Beschlüsse des Reformprozesses Synodaler Weg und die Vorbereitung der Weltsynode im Oktober in Rom gehen.

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