Tour de France der Frauen: Pedalieren am Anschlag

Die deutschen Radlerinnen Liane Lippert und Ricarda Bauernfeind überzeugen bei der Frankreich-Rundfahrt. Letztere schafft es sogar in die Top 10.

Ausreißversuch auf Etappe fünf: Ricarda Bauernfeind enteilt dem Peloton.

Ausreißversuch auf Etappe fünf: Ricarda Bauernfeind enteilt dem Peloton

Die Tour de France gebar zwei neue Stars: Liane Lippert und Ricarda Bauernfeind gewannen jeweils eine Etappe bei der wichtigsten Rundfahrt im Frauenradsport. Auch strukturell gibt es Anlass zur Hoffnung. Zwei deutsche Rennställe nahmen recht erfolgreich an der Rundfahrt teil. Und in der Heimat gibt es neue Rennen. Ein Aufwärtstrend auf vielen Ebenen.

Der Tourmalet allerdings war noch ein zu harter Kanten für die beiden neuen Vorzeigefrauen. Ricarda Bauernfeind, sensationelle Solosiegerin auf der 5. Etappe der Tour de France, musste schon am vorletzten Gipfel der Königsetappe dieser Rundfahrt die weiße Flagge hissen. Sie konnte dem Tempo der Besten auf dem Col d’Aspin nicht mehr folgen. Die 23-Jährige managte danach aber gut ihre Kräfte und fand schließlich Anschluss an die Verfolgergruppe um Cédrine Kerbaol, die beste junge Fahrerin des Pelotons vom deutschen Rennstall Ceratizit WNT.

Auf dem von Nebelschwaden dramatisch verhängten Pyrenäengipfel Col du Tourmalet verteidigte sie sogar ihre Top-10-Position. Sie war aber derart erschöpft, dass sie nur zu einem schwachen Lächeln in der Lage war, sich von den Betreuern in wärmere Kleidung helfen ließ und mit vor Kälte und Verausgabung steifen Gliedern in die Abfahrt ins Tal zum Teambus fuhr.Trotz des Rückschlags am Tourmalet war diese Rundfahrt der Durchbruch für Bauernfeind. Denn wie sie auf der 5. Etappe die Initiative ergriff und dem gesamten Peloton davonfuhr, war Ausdruck von Extraklasse.

Blumen für die Ideenfindung

Bescheiden erzählte sie später: „Die Idee hatte unser sportlicher Leiter Magnus Backstedt.“ Der Schwede, in seiner aktiven Zeit selbst Etappensieger bei der Tour de France sowie Gewinner des Kopfsteinpflasterklassikers Paris–Roubaix, nahm zwar gerne die Blumen für die Ideenfindung entgegen. „Man sah, dass das Peloton erschöpft war und auch nicht mehr viele Helferinnen für die Nachführarbeit mit vorn dabei waren“, erklärte er den Schachzug für die taz. „Aber was Ricarda dann abgeliefert hat, ist einfach große Klasse. Vor allem ihre mentale Stärke war ausschlaggebend“, sagte er.

Die Athletin vom deutschen WorldTour-Rennstall Canyon SRAM katapultierte sich mit diesem Sieg bereits in ihrem ersten Profijahr in die erste Reihe. Ihre zwischenzeitliche Schwäche am Samstag war pikanterweise eine direkte Folge der Stärke der zweiten deutschen Frontfrau bei dieser Tour. Liane Lippert, Deutsche Meisterin und Siegerin der zweiten Etappe, legte im Bestreben, das Rennen für ihre Kapitänin Annemiek van Vleuten so hart wie möglich zu machen, ein derartiges Tempo vor, dass bereits am Col d’Aspin das Peloton Federn ließ. Lippert stellte bei diesem Parforceritt die eigenen Ambitionen hintan. Sie fiel noch aus den Top 10 der Gesamtwertung heraus.

In Zukunft kann man allerdings noch viel von ihr erwarten. „Liane hat so lange auf einen großen Sieg warten müssen. Sie war oft nahe dran. Manchmal braucht man aber das Gefühl, eine Sache auch beenden zu können, damit die nächsten Siege folgen“, stellte ihr van Vleuten, vierfache Weltmeisterin, Olympiasiegerin und achtfache Grand-Tour-Siegerin ein Extralob aus.

Mit Antonia Niedermaier, sensationelle Bergetappensiegerin beim Giro Donne, verfügt der deutsche Frauenradsport über ein weiteres Top-Talent. Und Deutschlands Elitefrauen sehen es mit Freude, dass in diesem Jahr mit den Eintagesrennen in Stuttgart und Berlin auch wieder Wettkämpfe in der Heimat hinzukamen. „Dort entwickelt sich etwas. Das ist sehr wichtig.“

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