Amanda Knox erneut schuldig gesprochen: „Ich hatte Besseres erwartet“

Im dritten Anlauf hat ein italienisches Gericht Amanda Knox wegen Mordes an einer britischen Studentin verurteilt. Jetzt geht es um ihre Auslieferung.

Pervers sei die italienische Justiz, erklärte die US-Amerikanerin Amanda Knox zum jetzigen Schuldspruch. Bild: reuters

FLORENZ/SEATTLE ap | Neue Kehrtwende im Fall Amanda Knox: Zum zweiten Mal ist die Amerikanerin im Prozess um den Mord an einer Britin verurteilt worden. Ein Berufungsgericht in Florenz bestätigte am späten Donnerstagabend einen Schuldspruch von 2009, wonach die 26-Jährige und ihr Ex-Freund Raffaele Sollecito 2007 die Studentin Meredith Kercher brutal ermordeten. Knox wurde in Abwesenheit zu 28 Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt, Sollecito zu 25 Jahren. Nun dürfte eine lange juristische Schlacht um Knox' Auslieferung aus den USA folgen.

Fast zwölf Stunden beriet das Gericht über den Fall, bevor es das Urteil verkündete. Die Staatsanwaltschaft hatte 26 Jahre Gefängnis für die beiden gefordert.

Knox ereilte die Nachricht von ihrer erneuten Verurteilung in ihrer Heimatstadt Seattle. Sie reagierte verstört. „Ich hatte Besseres vom italienischen Justizsystem erwartet“, hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme der Ex-Austauschstudentin. Das Ganze sei nun „aus dem Ruder gelaufen“. Der Schuldspruch habe sie verängstigt und traurig gemacht. Die italienische Justiz bezeichnete sie zudem als pervers.

In ihrer Erklärung ging Knox auch auf die Angehörigen der getöteten Kercher ein, mit der sie sich in Italien ein Zimmer geteilt hatte. Es gebe keinen Trost für die Hinterbliebenen. Sie verdienten Respekt und Unterstützung, sagte Knox. Ihr Vater, Curt Knox, sagte, er habe keinen Kommentar.

Sollecitos Anwalt Luca Mori kündigte Berufung an. Es gebe nicht den geringsten Beweis, sagte er. Richter Alessando Nencini ordnete an, Sollecitos Pass einzuziehen, damit er das Land nicht verlassen kann.

Erster Schuldspruch 2009

Ein Gericht hatte Knox und Sollecito 2009 zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Knox saß bereits vier Jahre ab. Im Berufungsprozess wurden Knox und Sollecito dann 2011 unter anderem wegen Zweifeln an den DNS-Beweisen freigesprochen. Der Freispruch wurde im März 2013 vom höchsten Strafgericht Italiens aber wieder kassiert.

Unmittelbar nach dem Freispruch war Knox in die USA zurückgekehrt, erst danach wurde der Mordprozess abermals neu aufgerollt. Das jetzige Urteil muss wahrscheinlich vom Obersten Gericht Italiens bestätigt werden. Ein Antrag auf Auslieferung käme wohl erst danach infrage. Daher dürfte sich das juristische Tauziehen in dem Fall noch einige Zeit hinziehen.

Der Fall sorgt seit Jahren international für Schlagzeilen – wegen der immer neu aufgerollten Prozesse, aber auch wegen der Grausamkeit der Tat. Im November 2007 war die halbnackte Leiche von Knox' britischer Mitbewohnerin Meredith entdeckt worden. Vier Tage später wurde Knox verhaftet. Die junge Amerikanerin wurde teils als „Teufelsweib“ dargestellt, das sexuelle Abenteuer suche. Dann wieder galt sie als naiv, gefangen in einem komplizierten italienischen Justizsystem. Sie bestreitet die Vorwürfe.

Eskalierter Streit?

Im jetzigen Verfahren wich die Anklage von der bisherigen Darstellung ab, wonach ein erotisches Dreiecksspiel zum Mord an Kercher geführt haben soll. Stattdessen argumentierte die Staatsanwaltschaft nun, dass vielmehr ein Streit über die Sauberkeit in der gemeinsamen Wohnung eskaliert sei.

Im jetzigen Verfahren sagte Knox' Anwalt Carlo Dalla Vedova im Schlussplädoyer, er sehe dem Richterspruch gelassen entgegen. Aus den vorliegenden Beweise lasse sich nur „die Unschuld von Amanda Knox“ folgern. „Es ist nicht möglich, eine Person zu verurteilen, weil es wahrscheinlich ist, dass sie schuldig ist. Das Strafrecht sieht keine Wahrscheinlichkeit vor. Es sieht Gewissheit vor.“

Die Anhörung in Florenz verfolgten auch Kerchers Schwester Stephanie und ihr Bruder Lyle. „Es ist gerade schwierig, irgendetwas zu fühlen, weil wir wissen, dass es ein weiteres Berufungsverfahren geben wird“, sagte Lyle. „Ganz egal wie das Urteil ausgefallen wäre, hätte es ohnehin keinen Grund zur Freude gegeben“.

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