+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Diplomatenroulette

Laut Moskauer Angaben will Deutschland eine hohe Anzahl von russischen Botschaftsangehörigen ausweisen. Spanien liefert sechs Leopard-Panzer an die Ukraine.

Die russische Botschaft an der Straße Unter den Linden

In der russischen Botschaft an der Straße Unter den Linden könnten Büros frei geworden sein Foto: Paul Zinken/dpa

Evakuierte Belgograder kehren in Wohnblöcke zurück

Im russischen Belgorod kehren die mehr als 3.000 evakuierten Bewohner nach Behördenangaben in ihre Wohnblöcke zurück. Sie hatten diese vorläufig verlassen müssen, nachdem ein explosiver Gegenstand gefunden worden war. Dieser wurde entfernt und soll nun auf einem Übungsplatz „neutralisiert“ werden, wie Regionalgouverneur Wjatscheslaw Gladkow mitteilt. Die Wohnblöcke liegen im selben Gebiet, in dem am Donnerstag ein russischer Kampfjet nach Angaben russischer Behördenvertreter versehentlich eine Bombe abgeworfen hatte. (rtr)

Auswärtiges Amt dementiert Ausweisung nicht

Deutschland hat nach Angaben des Außenministeriums in Moskau über eine „massenhafte“ Ausweisung russischer Diplomaten entschieden. Es handele sich um neue „feindliche Handlungen“ Deutschlands gegen Russland, teilte Ministeriumssprecherin Maria Sacharowa am Samstag in Moskau mit. Sie kündigte Gegenmaßnahmen an. Demnach sollen auch aus Russland deutsche Diplomaten ausgewiesen werden. Es war unklar, ob die russischen Vertreter noch ausgewiesen werden oder schon das Land verlassen haben. Konkrete Zahlen wurden nicht genannt.

Das Auswärtige Amt in Berlin dementierte die Ausweisung nicht, bestätigte sie aber auch nicht. „Wir haben die Aussagen der Sprecherin des russischen Außenministeriums zur Kenntnis genommen“, hieß es. Die Bundesregierung und die russische Seite standen demnach in den vergangenen Wochen zu Fragen der personellen Besetzung der jeweiligen Auslandsvertretungen in Kontakt. Details wurden nicht genannt.

Allerdings wurde bestätigt, dass ein russischer Sonderflug im Zusammenhang stehe mit diesen Gesprächen. Am Morgen war eine russische Regierungsmaschine mit Sondergenehmigung von Moskau nach Berlin geflogen. Das Flugzeug vom Typ Iljuschin Il 96-300 landete am Nachmittag wieder in der russischen Hauptstadt auf dem Flughafen Wnukowo. Es war aber zunächst unklar, ob die russischen Diplomaten womöglich an Bord dieser Maschine waren. (dpa)

Russland will weitere Teile Bachmuts eingenommen haben

Russland hat eigenen Angaben zufolge drei weitere Bezirke im Westen der ukrainischen Stadt Bachmut eingenommen. Dies teilt das russische Verteidigungsministerium mit. (rtr)

Leopard-Panzer verlassen Hafen von Santander

Spanien hat mit der Lieferung von sechs Leopard-Panzer an die Ukraine begonnen. Die versprochene Panzer-Lieferung, ebenso wie knapp zwanzig Transportfahrzeuge, hätten den Hafen im nordspanischen Santander am Freitagabend in Richtung Ukraine verlassen und würden in „fünf bis sechs Tagen“ ankommen, kündigte die spanische Verteidigungsministerin Margarita Robles am Samstag an. Weitere vier Leopard-Panzer würden später geliefert, sobald sie repariert seien, sagte Robles weiter.

55 ukrainische Soldaten hatten im März in Spanien ein vierwöchiges Training zur Bedienung der Kampfpanzer abgeschlossen. Neben Madrid haben auch andere westliche Verbündete die Lieferung von Leopard-Panzern an die Ukraine angekündigt. Einige davon sind bereits dort eingetroffen. Nachdem die ukrainische Armee den Winter über die russischen Angriffe im Osten des Landes abwehren konnte, bereitet sie nun eine Gegenoffensive für den Frühling oder Sommer vor.

Spanien hatte die geplante Lieferung der sechs Leopard-Panzer vom älteren Typ 2A4 im Februar verkündet. Zuvor hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Lieferung deutscher Leopard-Panzer an die Ukraine bekannt gegeben. Deutschland kündigte auch an, dass es Partnerländern, die Leopard-2-Panzer aus ihren Beständen an die Ukraine liefern wollen, die Genehmigung dazu erteilen werde. (afp)

London: Russlands „Nazi“-Erzählung wird herausgefordert

Russland hat nach Angaben aus Großbritannien Probleme dabei, eine seiner wesentlichen Rechtfertigungen für den Angriffskrieg gegen die Ukraine aufrechtzuerhalten. Der russische Staat ringe um Einheitlichkeit bei seiner Kernerzählung, dass der Einmarsch in die Ukraine den sowjetischen Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg entspreche, teilte das britische Verteidigungsministerium am Samstag auf Twitter mit. Entgegen der Kreml-Darstellung, Russland wolle die Ukraine „entnazifizieren“, habe der Chef der Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, jüngst öffentlich in Frage gestellt, ob es tatsächlich „Nazis“ in der Ukraine gebe.

Die russischen Behörden versuchten derweil weiter, die Öffentlichkeit in ihrem Land um polarisierende Mythen über die 1940er Jahre zu einen, schrieben die Briten. Mitte April habe die staatliche Nachrichtenagentur Ria Nowosti von „einzigartigen“ Dokumenten aus dem Archiv des Inlandsgeheimdienstes FSB berichtet, wonach die Nazis im Jahr 1940 in die Ermordung von 22.000 Polen beim Massaker von Katyn verwickelt gewesen seien. In Wirklichkeit sei dafür die Geheimdienstvorgängerbehörde NKWD verantwortlich gewesen. Die russische Staatsduma habe Sowjetdiktator Josef Stalin 2010 offiziell dafür ihre Verurteilung ausgesprochen, die Morde angeordnet zu haben.

Die angebliche Befreiung der Ukraine von „Faschisten“ und „Nazis“ ist eine der wichtigsten Erklärungen Russlands für den Krieg. Moskau behauptet, die Regierung in Kiew werde von „Nazis“ gelenkt.

Seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine veröffentlicht das britische Verteidigungsministerium täglich Updates zum Kriegsverlauf. Unter Berufung auf Geheimdienstinformationen will die britische Regierung damit sowohl der russischen Darstellung entgegentreten als auch Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor. (dpa)

Beschlagnahmter Dünger wird nach Kenia geliefert

Das UN-Welternährungsprogramm (WFP) hat der lettischen Regierung zufolge eine Lieferung mit blockierten russischen Düngemitteln aus Riga auf den Weg nach Kenia gebracht. Nach Angaben des Außenministeriums des baltischen EU- und Nato-Landes handelt es um die erste Ladung von etwa 200.000 Tonnen Düngemitteln russischen Ursprungs, die sich im Besitz von mit EU-Sanktionen belegten Firmen befinden und in Lettland lagern. Nähere Angaben zum Umfang und dem Transportweg wurden zunächst keine gemacht. Weitere Lieferungen durch das WFP seien geplant, hieß es in der Mitteilung vom Samstag.

Lettlands Regierung hatte im Dezember 2022 beschlossen, die Weitergabe von blockierten Düngemittel mit Unterstützung des WFP zu erleichtern. Damit sollen die negativen Folgen von Russlands Krieg gegen die Ukraine verringert und ein Beitrag zur Bewältigung der Nahrungsmittelkrise in Afrika und Lateinamerika geleistet werden, hieß es in der Mitteilung des Außenamts weiter. (dpa)

Demo in Lissabon gegen Lula

In Lissabon demonstrieren am Freitagabend Ukrainer und Ukrainerinnen anlässlich des Besuchs von Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva vor der brasilianischen Botschaft. Lula war am Freitag zu einem fünftägigen Besuch in Portugal eingetroffen. Seine jüngsten Äußerungen zum Ukraine-Krieg hatten für Kritik gesorgt, weil er andeutete, dass sowohl die Ukraine als auch Russland die Schuld an dem Konflikt tragen würden. In den vergangenen Tagen verurteilte Lula jedoch die Verletzung der territorialen Integrität der Ukraine durch Russland und rief erneut zur Beendigung des Krieges auf. (rtr)

Polen für längeren Verbleib von deutschen Flugabwehrsystemen

Der polnische Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak hat sich für einen längeren Verbleib deutscher Patriot-Flugabwehrsysteme in Polen ausgesprochen. Nach Berichten der Nachrichtenagentur PAP begründete er dies am Freitagabend in Ramstein mit der aktuellen Entwicklung im Krieg Russlands gegen die Ukraine.

Zwei Hauptargumente sprächen dafür, erläuterte er: „Der Krieg in der Ukraine dauert noch an, die Bedrohung bleibt also noch real. Zweitens: Polen ist die wichtigste Drehscheibe, wenn es um die Unterstützung der Ukraine geht“. Westliche Rüstungsgüter dorthin würden in erster Linie über Polen geliefert. Die deutschen Patriots seien Teil des als Schutz dafür notwendigen Luftabwehrsystems.

Blaszczak bezog sich mit seiner Erklärung auch auf deutsche Medienberichte, wonach deutsche Patriot-Systeme in Polen nur bis Juni und in der Slowakei nur bis Jahresende stationiert bleiben sollten.

Das deutsche Verteidigungsministerium hatte diese Berichte am Freitag allerdings relativiert. Ein Sprecher habe sich auf ursprüngliche Planungen bezogen. Die aktuellen Pläne werde man mit den Nato-Partnern abstimmen. (dpa)

Potsdam schließt Städtepartnerschaft mit Iwano-Frankiwsk

Potsdam hat eine Städtepartnerschaft mit der westukrainischen Stadt Iwano-Frankiwsk geschlossen. Dazu reiste Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) mit einer Delegation in das Kriegsland. Der Potsdamer Rathauschef und sein ukrainischer Amtskollege Ruslan Marcinkiw unterzeichneten am Samstag den Vertrag für die Städtepartnerschaft. „Seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine sind Städtepartnerschaften wichtiger denn je. Sie dienen der Völkerverständigung und unterstützen ganz konkret mit Rat und Tat“, sagte Schubert laut einer Mitteilung.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir alle wollen angesichts dessen, was mit der Ukraine derzeit geschieht, nicht tatenlos zusehen. Doch wie soll mensch von Deutschland aus helfen? Unsere Ukraine-Soli-Liste bietet Ihnen einige Ansätze fürs eigene Aktivwerden.

▶ Die Liste finden Sie unter taz.de/ukrainesoli

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.