Einschränkung der Klimabewegung: Fridays kritisieren Razzien

Im Umfeld der Ak­ti­vis­t:in­nen gab es Durchsuchungen. Aber noch etwas empört sie: Das neue Klimaschutzprogramm der Bundesregierung.

Zwei Beamte wuchten einen Karton in ein Fahrzeug, einer trägt eine Maske über dem Gesicht

Polizisten laden bei einer Hausdurch­suchung im Mai in Berlin-Kreuzberg einen Karton in ein Fahrzeug Foto: Christoph Soeder/dpa

BERLIN/FREIBURG taz | Die Klimabewegung Fridays for Future wirft staatlichen Stellen Repressionen gegen Protest vor. „Einen derartigen Umgang mit unliebsamen Protestformen kennen wir aus autoritären Staaten“, kritisierte die Aktivistin Lui­sa Neubauer.

Anlass waren zwei Durchsuchungen bei Firmen, mit denen Fridays for Future seit Jahren zusammenarbeitet. Dabei wurden auch die Adressen von Tausenden Fridays-Unterstützer:innen beschlagnahmt. Zum einen ging es um die Medien- und Grafik-Agentur Zitrusblau in Berlin, zum anderen um die Privatwohnung eines Bühnentechnikers.

Die Durchsuchungen fanden bereits im Mai statt, eigentlich im Zuge der Ermittlungen gegen Ak­ti­vis­t:in­nen der Letzten Generation. Diese hatte das Amtsgericht München angeordnet, die Münchener Staatsanwaltschaft stuft die Gruppe als „kriminelle Vereinigung“ ein – eine umstrittene Einschätzung, die etwa die Berliner Staatsanwaltschaft nicht teilt.

Beim Versuch, die Zahlungsströme rund um die Letzte Generation aufzuschlüsseln, stieß die Staatsanwaltschaft auch auf den alternativen Finanzdienstleister Elinor Treuhand. Bei diesen unterhaltenen Initiativen wie die Letzte Generation und Fridays for Future, aber etwa auch Schulklassen Gruppenkonten.

Daten von Tausenden Personen beschlagnahmt

An einem Tag wurden dort Tausende Transaktionen vom gleichen Konto getätigt, ohne dass nach außen sichtbar war, wer eine Zahlung veranlasste. Da bei einer Transaktion ein Vermerk „2503 Klimastreik München“ zu finden war, schöpften die Ermittler Verdacht und nahmen gleich noch zwei ähnlich große Überweisungen unter die Lupe, die am selben Tag vom selben Unterkonto ausgegangen waren. Zwei Zahlungen gingen an die Kreativagentur, eine an den Bühnentechniker.

Bei den Durchsuchungen stellte sich schnell heraus, dass die Zahlungen von Fridays for Future stammten – und nicht von der Letzten Generation. Dennoch wurden noch über 5.000 Daten von Personen beschlagnahmt, die bei der Krea­tivagentur Flyer und Sticker von Fridays for Future bestellt hatten.

Die Firma und der Techniker haben inzwischen Beschwerde gegen die Maßnahmen eingelegt. Die Durchsuchung sei schon deshalb unzulässig, weil bereits ein einfaches Googeln ergeben hätte, dass am 25. März 2022 ein globaler Klimastreik von Fridays for Future stattfand – und es offensichtlich nicht um Straßenblockaden der Letzten Generation ging. Und nachdem das Missverständnis endlich aufgeklärt war, habe erst recht keinerlei Grund bestanden, die Adressen der Ma­te­ri­al­be­stel­le­r:in­nen zu beschlagnahmen.

Philipp Schönberger von Green Legal Impact, die Fridays vor Future juristisch berät, hält die Aktion der Er­mitt­le­r:in­nen für „offensichtlich“ rechtswidrig. „Ich kann nur hoffen, dass die Ermittler unfähig waren, und es nicht um eine gezielte Einschüchterung der Klimabewegung ging“. Über die Beschwerden muss nun das Amtsgericht München entscheiden. Fridays for Future ruft in Bayern am Freitag erneut zum Klimastreik auf.

Die Bewegung kritisiert aber auch die Bundesregierung. „Die Regierung schafft es nicht, angemessenen Klimaschutz zu machen, geht dann aber gegen die Zivilgesellschaft vor, die sich für Klimaschutz einsetzt“, sagte Lui­sa Neubauer.

Am Mittwochmittag hat das Bundeskabinett sein Klimaschutzprogramm beschlossen. Das soll Maßnahmen liefern, die die CO₂-Emissionen bis 2030 so sehr mindern, wie es das deutsche Klimaschutzgesetz vorschreibt: nämlich um 65 Prozent, wenn man mit dem Niveau von 1990 vergleicht. Dass das neue Programm dafür ausreicht, behauptet allerdings nicht einmal die Bundesregierung selbst.

„Durch die Maßnahmen, die wir ergriffen haben, ist die Lücke nun nicht null geworden“, hatte Bundesklimaminister Robert Habeck (Grüne) schon im Juni eingestanden. Man habe sie aber um vier Fünftel reduziert. Das Zuviel sei „wesentlich im Verkehrssektor zu verorten“, so Habeck. Re­gie­rungs­be­ra­te­r:in­nen gehen allerdings davon aus, dass die Regierung die Wirkung ihres Programms noch überschätze.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.