Schutz Kritischer Infrastruktur: Bundesministerien richten Stab ein
Die Kritik am vernachlässigten Schutz der Kritischen Infrastruktur ist groß. Ein Koordinierungsstab soll das Zuständigkeitsgerangel ordnen.
BERLIN taz | Gekappte Bahnleitungen, Sabotage an den Nordstream-Pipelines: Wie verletzlich die Kritische Infrastruktur auch in Deutschland ist, wird zunehmend sichtbar. In beiden Fällen sorgten vor allem Gerangel oder Unklarheiten um Zuständigkeiten für Kritik. Welche Behörde reagiert wann? Wer kann schnell und koordiniert alle Akteure im Notfall zusammen bringen?
„Wir nehmen die aktuellen Gefährdungslagen sehr ernst“, teilte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Freitagabend mit. Und: „Wir haben seit Beginn des verbrecherischen russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auch eine veränderte Sicherheitslage in Deutschland und Europa.“ Faeser zufolge wurde daher ein neuer Koordinierungsstab mit allen Fachressorts und dem Bundeskanzleramt auf Ebene der Staatssekretär:innen eingerichtet.
Am Freitag tagte die Runde erstmals unter Leitung des Bundesinnenministeriums. Der Gemeinsame Koordinierungsstab Kritische Infrastruktur (GEKKIS) soll „ jederzeit unmittelbar handlungsfähig“ sein, heißt es weiter. Im Kern soll der Stab aktuelle Lagebilder zur Verfügung stellen, einen „strukturierten Austausch der Ressorts ermöglichen“, und in der Krise schnell reagieren.
Mit der bestehenden Notfall-Infrastruktur des BMI-Lagezentrums werde eine Erreichbarkeit rund um die Uhr von entscheidungsbefugten Vertreter:innen aller relevanten Ressorts gewährleistet. Ziel sei es, damit die Reaktionsfähigkeit der gesamten Bundesregierung zum Schutz kritischer Infrastrukturen deutlich zu erhöhen.
Zu wenig Geld, unklare Zuständigkeiten
Laut Bundesverkehrsministerium wurde bereits vor rund 10 Tagen eine „Stabstelle Infrastruktursicherheit“ eingerichtet. Dort sollen Expert:innen aus allen Abteilungen sowie den nachgeordneten Behörden zusammengeführt werden, um eine Überprüfung und Verbesserung der Verkehrs-, Digital- und IT-Infrastruktur umzusetzen, wie ein Ministeriumssprecher der taz mitteilte. Auch konkrete Schlüsse aus der Sabotage auf die Kabelsysteme der Bahn stehen auf der Agenda oder die IT-Sicherheit der Verkehrs- und Digitalinfrastruktur.
Der russische Angriffskrieg findet nicht nur auf dem Schlachtfeld statt, sondern es finden verstärkt Angriffe auf Energiesysteme oder digitale Strukturen statt. Angesichts der Bedrohungslage hatten Innenpolitiker wie Konstantin von Notz (Grüne) mehrfach scharf kritisiert, dass bisher zu wenig für den Schutz Kritischer Infrastruktur sowie für Cybersicherheit in Deutschland getan wurde. Investitionen wurden gefordert, aber auch ein Ende des Zuständigkeiten-Wirr-Wars. Im akuten Notfall würde dies zu verzögerten Reaktionen führen.
Leser*innenkommentare
Rudi Hamm
Und wenn ich nicht mehr weiter weiß, bild ich einen Arbeitskreis.
Purer Aktionismus, welcher ganz sicher ohne praktischen Nutzen bleiben wird, aber viel Geld verschlingt.
Offene Infraktrukturen (Strom, Gas Wasser, Datenkabel, Schiene) lassen sich nur mit gigantischem Aufwand schützen, oder soll alle 100m jemand an einer Hochspannungsleitung/Datenkabel/Wasserleitung stehen?
Willi Müller alias Jupp Schmitz
Pürierstab?