Ukrainischer Reporter in Russland: 12 Jahre Haft für Journalisten
Ein russisches Gericht hat den Ukrainer Roman Suschtschenko wegen Spionage verurteilt. Beobachter hoffen auf einen Gefangenenaustausch.
KIEW taz | Der ukrainische Journalist und Auslandskorrespondent Roman Suschtschenko ist von einem russischen Gericht zu einer Haftstrafe von 12 Jahren wegen Spionage verurteilt worden. Der Staatsanwalt hatte 14 Jahre gefordert. Das Moskauer Stadtgericht sah es am Montagnachmittag als erwiesen an, dass Suschtschenko geheime Informationen über die russischen Streitkräfte und die russische Nationalgarde in Erfahrung bringen wollte. Suschtschenko arbeitet als Frankreich-Korrespondent für die ukrainische staatliche Nachrichtenagentur Ukrinform. Am 30. September 2016 war er von Paris nach Moskau gereist.
Suschtschenko, so der russische Inlandsgeheimdienst FSB, sei Oberst der militärischen Spionage des ukrainischen Verteidigungsministeriums. Man habe ihn bei seiner Spionagetätigkeit vor Ort ertappt. Das russische Außenministerium hatte betont, dass sich Suschtschenko in Russland ohne eine für Russland gültige Akkreditierung aufgehalten habe. Der von den russischen Behörden als „streng geheim“ eingestufte Prozess fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
In seinem Schlusswort hatte Suschtschenko seine Unschuld betont und das Gericht gebeten, ihn freizusprechen. Was mit ihm geschehen sei, zitiert der Rechtsanwalt Mark Fejgin seinen Mandanten Suschtschenko, sei eine „geplante Provokation der russischen Geheimdienste“.
Das ukrainische Verteidigungsministerium erklärte, Suschtschenko habe nicht für das Ministerium gearbeitet. Mariana Betsa, Pressesprecherin des ukrainischen Außenministeriums, sagte, das Urteil sei politisch motiviert. Die Ukraine fordere die unverzügliche Freilassung von Suschtschenko.
Menschenrechtler fordern Freilassung
Auch die Kiewer Menschenrechtlerin Maria Tomak von der „Medieninitiative für Menschenrechte“ verurteilte die Haftstrafe. Erschwerend für die Unterstützer sei in dem Fall von Suschtschenko hinzugekommen, dass sämtliche Unterlagen als geheim eingestuft worden waren, so Tomak gegenüber der taz.
Harlem Désir, OSZE-Beauftragter für die Freiheit der Medien, erklärte nach Bekanntwerden des Urteils: „Ich wiederhole meinen Aufruf an die russischen Behörden, den Journalisten freizulassen“. Sergiy Tomilenko, Vorsitzender des ukrainischen Journalistenverbandes, dem auch Suschtschenko angehört, verurteilte das „Tribunal“ gegen einen „professionellen Journalisten, dessen Haft unakzeptabel ist“. Man werde weiter für Roman kämpfen und seine Familie unterstützen.
Beobachter hoffen auf eine baldige Freilassung des Journalisten. Vor dem Hintergrund des 23-tägigen Hungerstreiks des Regisseurs Oleg Senzow bestehe Hoffnung auf eine bilaterale Gefangenenfreilassung, erklärte Maria Tomak gegenüber der taz.
Nach Angaben ukrainischer Menschenrechtler sind 64 Ukrainer derzeit aus politischen Gründen in Russland inhaftiert.
Leser*innenkommentare
Der Mann, der unter einen Stein hervorkroch
Das Dissidenten einfach weggesperrt werden gibt es nicht nur in Ländern wie Russland oder China oder der Türkei sondern neuerdings auch in Europa, genauer England:https://www.independent.co.uk/news/uk/crime/tommy-robinson-arrested-leeds-court-child-grooming-trial-edl-founder-latest-a8368821.html
Robinson wurde verhaftet, prozessiert, zu 13 Monaten Haft verurteilt, alles innerhalb von 2 Stunden. Sein Vergehen:"breaching the peace" (in deutsch schwer zu übersetzen; "Landfriedensbruch" trifft es wohl noch am ehesten). Außerdem verhängte der Richter eine Nachrichtensperre über den Fall.(erinnert doch stark an den Artikel:"Der von den russischen Behörden als „streng geheim“ eingestufte Prozess fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt").
Ich habe wenig Sympathien für Robinson aber es muß gesagt werden: in diesen Fall verhält sich das englische Justizsystem genau wie das türkische (z.B. Yücel), russische (z.B. siehe Artikel) oder chinesische (z.B. ja wo soll ich wohl anfangen?)